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Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Das sind die Erwartungen der Städte und Gemeinden

Die deutschen Städte und Gemeinden haben viele Erwartungen an die Deutsche EU-Ratspräsidentschaft formuliert. Ein Überblick über die wichtigsten Forderungen:
von Karin Billanitsch · 2. Juli 2020
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„Gemeinsam. Europa wieder stark machen.“ – das ist das Motto, unter dem die deutsche Ratspräsidentschaft steht. Viele Erwartungen knüpfen sich daran, und die Corona-Krise bringt einige neue Herausforderungen mit sich. Der Deutsche Städtetag hält es für richtig, vorrangig die Folgen der Corona-Pandemie anzugehen und abzumildern. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund teilt mit: „Die Städte und Gemeinden erwarten, dass die Konjunktur im Europäischen Binnenmarkt gemeinsam wieder angekurbelt wird. Die Vorschläge der EU-Kommissionspräsidentin für einen EU-Wiederaufbauplan weisen dafür in die richtige Richtung. Die öffentlichen Infrastrukturen müssen durch gezielte Investitionen gestärkt und nicht zuletzt pandemiefest werden.“

Zusammenhalt und Klimaschutz

Aber auch die Herausforderungen, die bereits vor Corona existierten, werden die Europäische Union und die Städte in Europa weiter angehen, besonders beim Klimaschutz, glaubt der Präsident des Deutschen Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung laut einer Mitteilung: Jung: „Dauerhaft erfolgreich wird Europa dann sein, wenn es uns gelingt, den Zusammenhalt in der Gesellschaft und in der Europäischen Union zu stärken.“ Gleichzeitig müssten, merkte Jung an, die ambitionierten Ziele des Green Deal und des Europas im digitalen Zeitalter umgesetzt werden, um Europa zukunftsfähig zu machen.

In Leipzig, der Stadt in der Jung als Oberbürgermeister im Amt ist, wurde am 1. Juli wie in vielen anderen Städten, der Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft gewürdigt: Leipzig sei ein „Nutznießer der europäischen Idee“, sagte Jung in seiner Rede laut der Leipziger Internet Zeitung.  Die Stadt habe stark von EU-Fördermitteln, neuen Arten der Bürgerbeteiligung und Austauschprogrammen für Jugendliche profitiert. Der OBM erwähnte laut dem Bericht auch das europäische Städtenetzwerk „Eurocities“, in dessen Exekutivkomitee sich Leipzig befindet. Im November soll hier die Jahreshauptversammlung des Netzwerkes stattfinden.

Zentrales Thema EU-Haushalt

Ein zentraler Punkt der deutschen Ratspräsidentschaft wird es sein, die seit zwei Jahren währenden Verhandlungen über den EU-Haushalt abzuschließen. Darauf weist auch der Präsident hin: „Nur mit einer Einigung über den EU-Haushalt (…) kann die Europäische Union arbeiten und kraftvoll agieren.“ Der Städtetag plädiert in einem Papier, in dem zehn Erwartungen an die EU-Ratspräsidentschaft formuliert sind, auch dafür, die Strukturpolitik nachhaltig und langfristig zu gestalten: „Wir plädieren als Städtetag für eine nachhaltige, langfristige sowie finanziell ausreichend dotierte Strukturpolitik als Pfeiler für die Zukunft der EU. Wir brauchen Planungssicherheit für die laufenden EU-Programme und die neue Förderperiode, die im Januar beginnt.“  Die Städte drängen auf mehr Tempo und fordern, den mehrjährigen Finanzrahmen für die kommende Förderperiode von 2021 bis 2027 „zügig“ zu beschließen.“ Auch Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund stellt fest, dass eine starke EU ohne ausreichende Finanzmittel nicht denkbar sei.  „Die Debatte um den zukünftigen EU-Haushaltsrahmen muss die Fragen beantworten, was europäisch finanziert wird. Wir fordern mehr europäische Förderung bei nachhaltigen Zukunftsthemen.“

Digitale Souveränität

Weitere Erwartungen aus dem zehn-Punkte-Papier des Städtetags sind: Die EU digital unabhängig aufzustellen, und zwar mit einer „konsistenten europäischen Datenstrategie, die die mit der nationalen Datenstrategie der Bundesrepublik eng zu verzahnen ist“. Die Ziele des Green Deal müssten umgesetzt werden, wobei die Städte auch fordern, dass zusätzliche Mittel aus dem EU-Haushalt fließen und das kommunale Engagement zum Klimaschutz unterstützen. Der Städtetag fordert darüber hinaus auch eine grundlegende Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Es müsse ein Ersatz für die Dublin-Verordnung muss gefunden werden. Weitere Punkte sind eine Fortschreibung der Leipzig-Charta zur nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik. Der Städtetag ist dafür, den Gedanken des Gemeinwohls als Leitgedanken zu verankern. Das vollständige Papier kann auf der Website des Deutschen Städtetags hier abgerufen werden.

Der DStGB fordert: Wir brauchen eine Umsetzung der angestrebten EU-Asyl- und Migrationspolitik, die Stärkung des EU-weiten Grenzschutzes und eine klare Lastenteilung und Hilfen für die Mitgliedsstaaten bei der Integration und Ausbildung von anerkannten Flüchtlingen. Mehr zu den detaillierten Forderungen hier.

Am ersten Juli machte Jung übrigens auch auf einen Bezug der deutschen Ratspräsidentschaft zu Leipzig aufmerksam: Im Logo ist nämlich ein so genanntes Möbiusband zu sehen. Der Leipziger Mathematiker August Ferdinand Möbius gehörte 1858 zu den beiden „Entdeckern“ dieser Fläche, die nur aus einer Kante und einer Seite besteht.

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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