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Energetische Sanierung: Wie der Staat arme Mieter unterstützen könnte

Häuser klimafreundlich zu sanieren ist teuer. Staatliche Förderung komme bisher kaum bei einkommensschwachen Mieter*innen an, kritisieren der Deutsche Mieterbund und das Öko-Institut. Sie haben Vorschläge präsentiert, wie das geändert werden könnte.

von Carl-Friedrich Höck · 31. Juli 2024
Hauswände, teils saniert, teils unsaniert

Häuser in Berlin: Die Klimaschutzziele im Gebäudesektor werden seit Jahren verfehlt.

Eine Wärmepumpe installieren, das Dach dämmen oder moderne Fenster einbauen: Solche Maßnahmen kosten viel Geld. Dass sie sinnvoll sind, wird vom Deutschen Mieterbund nicht bestritten. „Der Gebäudesektor hinkt beim Klimaschutz deutlich hinterher, die Klimaschutzziele werden seit mehreren Jahren nicht erreicht“, sagte Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz am Mittwoch in einem Pressegespräch.

Doch wenn ein Vermieter das Thema anpackt, führe das bei den Mieter*innen oft zu neuen Sorgen, erklärte Weber-Moritz: In der Praxis sei es so, dass nach einer energetischen Sanierung die Warmmiete nicht sinke, sondern eher steige. Der Mieterbund sieht darin auch ein soziales Problem. Mehr als die Hälfte der 21 Millionen Mieterhaushalte gehörten zum unteren Einkommensdrittel. Und während der Staat etwa beim Heizungstausch Eigentümer*innen mit niedrigen Einkommen gezielt unterstütze, gebe es keine vergleichbare Unterstützung für einkommensschwache Mieter*innen.

Studie untersucht Möglichkeiten

„Eine sozial ausgerichtete Förderpolitik sollte energetische Sanierungen verstärkt dort unterstützen, wo Haushalte mit geringem Einkommen leben und gezielt gemeinwohlorientierte Vermietende stärken“, meint Melanie-Moritz. Wie das rechtlich funktionieren könnte, hat eine Studie des Mieterbundes und des Öko-Instituts untersucht. Die Vorschläge wurden am Mittwoch vorgestellt.

Aktueller Anlass ist unter anderem die geänderte Gebäuderichtlinie der Europäischen Union. Diese muss bis Ende Mai 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie verlangt, dass die Mitgliedsländer bei der Modernisierung des Gebäudesektors einen besonderen Fokus auf sogenannte vulnerable Haushalte legen – also zum Beispiel auf Menschen, die in Sozialwohnungen leben.

Förderbonus und Extra-Topf für Sozialwohnungen

Die Studie schlägt unter anderem vor, im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) einen zusätzlichen Förderbonus einzuführen. Voraussetzung dafür ist, dass Vermietende sich verpflichten, die Miete langfristig unterhalb einer festgelegten Obergrenze zu halten. Das kann zum Beispiel ein bestimmter Prozentsatz der ortsüblichen Vergleichsmiete sein.
    
Ein zweiter Vorschlag: Bund und Länder könnten zusätzliche Fördermittel für die Sanierung von Sozialwohnungen bereitstellen. Die Idee dahinter: Wenn eine Wohnung über dieses Programm saniert wird, verlängert sich die Belegungsbindung – sie bleibt also länger eine Sozialwohnung mit gedeckelter Miete. Es könnten sogar Wohnungen, die bisher nicht preisgebunden waren, mithilfe des Förderprogramms in Sozialwohnungen umgewandelt werden.

Was das den Staat kostet

Finanziell hält der Mieterbund diese Ideen für machbar. Ein zusätzlicher Sozialbonus, der 15 Prozent der Investitionskosten abdeckt, würde den Staat pro Jahr etwa fünf Milliarden Euro kosten. Und bei den Fördermitteln könnten bestehende Programme umgeschichtet werden, teils könnten sie auch aus dem EU-Klimasozialfonds finanziert werden, argumentiert der Mieterbund. Bisher komme das Geld nämlich zu einem großen Teil bei den oberen Einkommensgruppen an. 45 Prozent der Fördermittel für Komplettsanierungen flössen an Eigentümerhaushalte mit Nettoeinkommen über 5.000 Euro im Monat.

„Die Bundesregierung muss die Förderung im Mietwohnbereich sozialer ausgestalten – das ist für die Akzeptanz der Klimaschutzmaßnahmen von zentraler Bedeutung“, forderte Mieterbund-Bundesdirektorin Weber-Moritz. Sibylle Braungardt vom Öko-Institut ergänzte: „Unser Studie zeigt, wie einkommensschwache Mieterinnen und Mieter besonders gefördert werden können, um eine gerechte Transformation im Gebäudesektor zu erreichen.“

 

Weiterführender Link:
Die Studie steht auf mieterbund.de zum Download (als PDF) zur Verfügung.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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