Baustoff-Fachhandel stellt Studie zum Wohnen im Alter vor

2,2 Millionen Senioren-Wohnungen fehlen – Tendenz steigend

Uwe Roth17. April 2023
Barrierefreies Wohnen im Alter bleibt Wunschdenken, weil den Senioren das Geld zum Umbau fehlt. Das stellte der Baustoff-Fachhandel in seiner jährlichen Pressekonferenz am Montag fest. Er fordert von der Regierung Förderprogramme.

Der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) könnte viel zur Barrierefreiheit im Bestandswohnungsbau beitragen. Das versicherte der Vorstand am Montag bei der Präsentation der Studie „Wohnen im Alter“, die das Pestel-Institut in seinem Auftrag erstellt hat. Nur fehle es in Deutschland an finanzkräftigen Senior*innen, die sich den Umbau ihrer Wohnung leisten könnten, lautete die Analyse des Institutsleiters Matthias Günther. Mehr als die Hälfte der Seniorenhaushalte hätte weniger als 2.000 Euro netto im Monat. Das sei zu wenig, um eine solche Modernisierung stemmen zu können. Von Kreditinstituten hätten Menschen im Rentenalter nichts zu erwarten. Das „alte Wohnen“ müsse von der Bundesregierung in einem gleichen Maß gefördert werden wie „junges Wohnen“. Ohne Förderung seien neue seniorengerechte Wohnungen für die Mehrheit der Senioren weder im Eigentum noch zur Miete finanzierbar.

Die Pestel-Studie beziffert das Minus an Senioren-Wohnungen auf 2,2 Millionen. Der Mangel werde zunehmen, weil die Nachfrage an barrierefreien Wohnraum insgesamt hoch sei. Auch junge Familien schätzten Wohnungen mit breiten Türen, Fluren und Böden ohne Schwellen. Weil diese finanzstärker seien, hätten Senioren bei Kaufinteresse oftmals das Nachsehen, obwohl sie die Barrierefreiheit nötiger hätten. Damit bestehe die Gefahr, dass verstärkt Haushalte mit niedrigen Einkommen in die vollstationäre Pflege wechseln müssten, weil die Voraussetzungen für die ambulante Pflege in ihren Wohnungen nicht gegeben seien. Der Staat müsse allein aus demografischen Gründen regulierend eingreifen, verlangte Günther. Die Ruhestandsbevölkerung werde weiter zunehmen und stelle „die einzige Altersgruppe dar, deren Zahl sicher ansteigen wird“.

Nur jede siebte Wohnung ist altersgerecht

Über 21 Millionen Menschen werden laut der Studie in 20 Jahren zur Altersgruppe „67plus“ gehören – rund 3,6 Millionen mehr als heute. „Deutschland wird sich dann grob in ‚junge Städte‘ und ‚altes Land‘ aufteilen. Es wird Regionen geben, in denen 2050 über 40 Prozent der Bevölkerung Senioren sein werden“, so Günther. Auf die kommende Rentnergeneration der geburtenstarken Jahrgänge sei der Wohnungsmarkt „ganz und gar nicht vorbereitet“: Nur rund jede siebte Wohnung sei heute altersgerecht. Nach Angaben des Pestel-Instituts benötigen heute rund 2,8 Millionen Haushalte, in denen Senioren leben, altersgerechte Wohnungen.

„Aber nur etwa 600.000 dieser Haushalte haben überhaupt so eine Wohnung, in der Menschen mit einem Rollator und Rollstuhl klarkommen“, sagte Günther. Rund 2,2 Millionen altersgerechte Wohnungen fehlten aktuell. Das werde sich „noch enorm verschlimmern.“ Im Jahr 2040 werden rund 3,3 Millionen altersgerechte Wohnungen gebraucht. Es sei zu befürchten, dass künftig zwei Drittel der Seniorenhaushalte, die in einer Mietwohnung lebten, sich bei steigenden Wohnkosten immer mehr einschränken müssten, weil die Rente für den bisherigen Lebensstandard nicht mehr reiche.

Barrierefreie Wohnungen ersparen Umzug ins Pflegeheim

Von der Bundesregierung kämen die falschen Hilfen, so der Vorwurf des Baustoff-Handelsverbands. Der Bund bremse den altersgerechten Umbau von Wohnungen aus, behauptete er. So biete die staatliche KfW-Bank – anders als früher – dafür heute keine Zuschüsse mehr. Stattdessen gebe es ein Kreditprogramm mit Zinsen ab drei Prozent und Laufzeiten von bis zu 30 Jahren. Für Menschen in den 70ern sei das keine Option. Der Bund solle stattdessen seine KfW-Förderung durchforsten und ein Programm für das altersgerechte Wohnen mit finanziellen Zuschüssen fürs selbstgenutzte Wohneigentum initiieren.

Darüber hinaus müsse es Förderprogramme für die Aufteilung von Ein- und Zweifamilienhäusern geben. Aus einem klassischen Einfamilienhaus könnten zwei Wohnungen werden, mindestens eine davon seniorengerecht. Auch der Bund profitiere von einer solchen Förderung, ist der Verband überzeugt. Seniorengerechte Wohnungen ersparten älteren Menschen den Umzug in ein sehr viel teureres Pflegeheim, den sie sich nur mit finanzieller Unterstützung des Staats leisten könnten.

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