Öffentlicher Personen-Nahverkehr

49-Euro-Ticket: Was bis zur Einführung noch zu tun ist

Carl-Friedrich HöckKai Doering30. Januar 2023
Ab Mai gilt im Nahverkehr das neue Deutschlandticket.
Das 49-Euro-Ticket soll zum 1. Mai in Kraft treten. Die Landkreise erwarten einen holprigen Start. Was man über das Ticket wissen muss und welche Hürden noch genommen werden müssen – Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Am vergangenen Freitag haben sich die Verkehrsminister*innen von Bund und Ländern auf weitere Eckpunkte zum 49-Euro-Ticket geeinigt, auch Deutschlandticket genannt. Danach wird es auch eine Jobticket-Variante geben. Dieses ist fünf Prozent günstiger, unter der Bedingung, dass sich der Arbeitgeber mit mindestens 25 Prozent am Ticketpreis beteiligt. Der Starttermin 1. Mai 2023 wurde auf der Verkehrsminister*innenkonferenz (VMK) noch einmal bekräftigt. Die Verkaufsphase soll einheitlich am 3. April beginnen.

Der Deutsche Landkreistag rechnet jedoch nicht mit einem reibungslosen Start. „Es wird erst einmal in ganz Deutschland an allen Ecken und Enden holpern“, sagte Präsident Reinhard Sager der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) betont auf seiner Website, dass „noch zahlreiche Vorarbeiten und politische Beschlüsse nötig“ seien, bevor das Deutschland-Ticket tatsächlich verkauft werden könne.

Welche Aufgaben müssen nun bewältigt werden?

Das Tarifsystem muss vollkommen neu aufgestellt werden. Bisher sind die Tarifbestimmungen von regionalen Strukturen geprägt. Mit dem Deutschland-Ticket werden diese durch einen Einheitspreis von 49 Euro ersetzt. Politik und Betriebe müssen sich deshalb genau anschauen, wie sich das auf die bisherigen Produkte auswirkt. Das führt zur nächsten großen Hausaufgabe: Bis zur Einführung muss geklärt sein, wie die Einnahmen aus dem Ticket sachgerecht auf die Verkehrsunternehmen verteilt werden.

Die Branche muss sich auch damit befassen, welchen Anforderungen das Ticket genügen muss, damit es bundesweit kontrolliert werden kann – egal, in welchem Verkehrsverbund man sich gerade befindet oder wo man es gekauft hat.

Eine weitere Baustelle ist der Vertrieb. Das Ticket soll vollständig digital verkauft und ausgegeben werden. Dazu müssen technische Prozesse angepasst werden. Manche Unternehmen brauchen auch gänzlich neue Hard- und Software. Um den Betrieben mehr Zeit zu verschaffen, hat die VMK am Freitag beschlossen, dass einzelne Verkehrsverbünde übergangsweise auch ein digital kontrollierbares Papierticket mit QR-Code anbieten dürfen – jedoch nur bis Ende 2023.

Welche rechtlichen Fragen müssen noch geklärt werden?

Es muss geprüft werden, ob das Deutschlandticket gegen das europäische Beihilfenrecht verstößt. Dieses verbietet, vereinfacht gesagt, staatliche Subventionen, die den Wettbewerb verzerren könnten. Eine Rückmeldung der EU-Kommission dazu steht bisher noch aus.

Zweitens können die verschiedenen Verkehrsunternehmen ihre Tarife nicht nach Belieben festlegen, sondern müssen sich diese von den jeweils zuständigen Behörden genehmigen lassen. Damit das 49-Euro-Ticket in Kraft treten kann, muss es also bundesweit genehmigt werden. Der Bund muss außerdem noch das Regionalisierungsgesetz anpassen. Es regelt, in welchem Umfang der Bund den Nahverkehr in den Ländern bezuschusst.

Mit wie vielen Neukund*innen rechnen die Verkehrsunternehmen?

Der Branchenverband VDV schätzt, dass es rund 5,6 Millionen Neueinsteiger*innen geben wird, die im Rahmen des Deutschlandtickets erstmals ein ÖPNV-Abo abschließen könnten. Zudem geht der Verband von etwa 11,3 Millionen „Umsteiger*innen“ aus, also Fahrgästen, die aus einem anderen Abo in das neue Angebot wechseln werden.

Wer trägt die Kosten für das 49-Euro-Ticket?

Seit der Ministerpräsident*innenkonferenz im Dezember klar: Egal, wie hoch die Kosten für das Deutschlandticket am Ende sind, getragen werden sie jeweils zur Hälfte vom Bund und den Ländern. Geplant ist zunächst, dass beide Seiten jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr bereitstellen.

Wo wird das 49-Euro-Ticket gültig sein?

Genauso wie sein Vorgänger das 9-Euro-Ticket wird das 49-Euro-Ticket bundesweit in allen Bussen und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs (also bis einschließlich dem Regionalexpress) gültig sein. Wer in Bayern wohnt, kommt mit etwas Geduld also auch bis nach Sylt.

Wo wird das 49-Euro-Ticket erhältlich sein?

Anders als das 9-Euro-Ticket soll es nur in einem Abo-Modell angeboten werden. Dieses Abo kann entweder per App oder im Internet sowie an Schaltern und – wenn das technisch möglich ist – Automaten abgeschlossen werden. Eine Kündigung ist monatlich möglich. Wer bereits ein Abo in einem Verkehrsverbund hat, wird automatisch „umgestellt“. Verkaufsstart soll der 3. April sein.

Wird der Preis konstant bei 49 Euro bleiben?

Vermutlich nicht. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat bereits angekündigt, dass der Preis des Tickets „dynamisch“ sein soll. So soll er automatisch an die Inflation angepasst werden. Im kommenden Jahr soll das Ticket aber durchgängig 49 Euro kosten.

Und was, wenn gar kein Bus oder gar keine Bahn fährt?

Dem Vorwurf, dem schon das 9-Euro-Ticket ausgesetzt war, muss sich auch sein Nachfolger stellen: dass nur Menschen in Städten und Ballungszentren davon profitieren würden. Ein Grund für die langsame Einigung bei der Finanzierung war jedoch, dass diese nicht zu Lasten des Streckennetzes gehen sollte. Im Haushalt für das kommende Jahr ist zudem eine Milliarde Euro mehr für den Ausbau des Schienenverkehrs vorgesehen. Nach dem Willen der Bundesregierung soll bis 2030 die Anzahl der Passagier*innen im Personenverkehr verdoppelt werden.

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