Wirtschaftsförderung

Gewerbegebiete nachhaltig weiterentwickeln

Julian Krischan24. Mai 2019
Industriestandort Billbrook in Hamburg: Wie geht es weiter?
Vergessene Stadträume, die bislang nicht Bestandteil aktiver Stadtentwicklungspolitik waren, rücken in den Fokus. Das war das Thema einer Konferenz in Berlin.

Die Großstädte in Deutschland wachsen und verfügbare Flächen werden zum knappen Gut. In den Fokus rücken damit auch Wirtschaftsstandorte, die bislang nicht Bestandteil aktiver Stadtentwicklungspolitik waren. Unter dem Titel „Vergessene Stadträume“ fand zu diesem Thema Anfang der Woche eine Konferenz in Berlin statt. Circa 250 Vertreterinnen und Vertretern aus der kommunalen Praxis diskutierten darüber, wie solche Standorte nachhaltig weiterentwickelt werden können. Zugleich bildete die Konferenz den Abschluss für neun Modellvorhaben des Bundes, die über drei Jahre in verschiedenen Städten umgesetzt wurden.

Teilnehmer auf dem Podium zum Thema „Vergessene Stadträume“ in Berlin. Foto: Julian Krischan

Kein Endstand, sondern ein erfolgreicher Zwischenstand wird nach Projektabschluss aus Karlsruhe gemeldet: In Karlsruhe gilt der Beschluss, in absehbarer Zeit keine neuen Gewerbegebiete auszuweisen. Dabei gibt es ortsansässige Unternehmen, die gerne expandieren würden. Das Gewerbegebiet Grünwinkel sei bislang nicht optimal mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen gewesen. Ebenso sei die Wirkung nach außen verbesserbar, wurde eingeräumt. Dabei sind solche Punkte entscheidend – besonders auch, wenn Jugendliche als Auszubildende gewonnen werden sollen.

Eine klare Vision haben

Die Auseinandersetzung mit diesen Themen führte dazu, dass das eingesetzte Quartiersmanagement Zuspruch erfuhr. Während der Laufzeit des Modellvorhabens gastierte das Büro bei verschiedenen Unternehmen. Mittlerweile ist das Ziel klar: Am Bahnhof Karlsruhe-West soll ein neues Dienstleistungszentrum als attraktives Eingangstor zum Gewerbegebiet entstehen. Umgebaut und aufgestockt sollen die angrenzenden Gewerbegebäude werden. Geplant ist unter anderem ein Handwerkerhof. „Der letzte Woche vom Gemeinderat beschlossene Weg zur Ausweisung als städtebauliches Sanierungsgebiet ist genau das richtige Instrument“, ist Heike Dederer, stellvertretende Leiterin des Stadtplanungsamts Karlsruhe, überzeugt.

„Man braucht eine klare Vision“, meint auch Dr. Alexandra Schubert, Abteilungsleiterin Wirtschaftsförderung bei der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Mit einer Fläche von 770 Hektar und über 1.000 Unternehmen ist der Wirtschaftsstandort Billbrock/Rothenburgsort ziemlich groß. Die Eigentumsverhältnisse sind oft fragmentiert, mitunter gestaltet sich der Kontakt zu Eigentümern im Ausland schwierig. „Es ist ein Industriegebiet, kein Gewerbegebiet. Darauf legen die Unternehmen großen Wert“, fährt Dr. Alexandra Schubert fort. Ein Unternehmen, das auf großer Fläche Im- und Export betreibt, ist in der Hansestadt an anderer Stelle besser aufgehoben. Mangelnde Flächenverfügbarkeit bei steigenden Bodenpreisen, Aufwertungsmaßnahmen, Verkehrsbelastung und bessere verkehrliche Erschließung – das sind auch in HamburgThemen, um mit Unternehmen in Dialog zu treten.

Kassel: Modellgebiet Waldau-West

„Insbesondere längst etablierte Gewerbegebiete verfügen über nachhaltige Potenziale, die es zu entdecken und zu entwickeln gilt“, berichtet Christian Geselle (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Kassel. Für das Modellgebiet Waldau-West wird nun erstmals ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Im Dialog- und Partizipationsverfahren haben sich sämtliche Akteure nicht nur darüber verständigt, wie Gewerbegrundstücke künftig besser genutzt und dadurch zusätzliche Flächen gewonnen werden können. Von Anfang an wurde im Prozess darüber hinaus die ökologische Komponente mitberücksichtigt. „Auf dem Weg zu einem grünen IndustriePARK“ lautet das Motto für die grünordnerischenZielsetzungen, denen im Bebauungsplan gefolgt wird. Im Konsens eine ökologische und aktive Entwicklung von Wirtschaftsstandorten voranzutreiben, muss demnach kein Widerspruch bleiben.