Kommunalkonferenz

Kommunaler Klimaschutz: Städte sind Motor der Transformation

Karin Billanitsch26. Mai 2021
Kommunalkonferenz der SPD-Bundestagsfraktion per Livestream – Bundesumweltministerin Svenja Schulze betont die Rolle der Kommunen als wichtige Akteure beim Klimaschutz.
Die städtischen Räume sind weltweit für 75 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Der „kommunale Anteil“ klimaschädlicher CO2-Emissionen liegt ebenfalls bei rund 75 Prozent. Was Kommunen für den Klimaschutz und eine nachhaltige Stadtnatur tun können, darum ging es bei einer Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion.

Kommunale Klimapolitik sei ihr ein „Herzensanliegen”, machte Bundesumweltministerin Svenja Schulze am Mittwoch deutlich. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte das Thema in einer kommunalpolitischen Konferenz zu Klimaschutz und Stadtnatur auf die Agenda gesetzt. „Nicht nur, weil es so viele wunderbare Beispiele gibt von Kommunen, die vorangehen und zeigen, was alles möglich ist, um vor Ort das Klima zu schützen. Sondern auch, weil sie Lebensqualität damit erhöhen und weil die Kommunen Schlüsselakteure sind für die Umsetzung der Klimaziele.”

Der Bund könne den Rahmen setzen, aber ohne dass vor Ort etwas passiere, könnten die Ziele nicht erreicht werden, so Schulze. Auf der anderen Seite seien die Folgen des Klimawandels vor Ort besonders deutlich zu spüren, weil sie ganz konkret den Alltag der Menschen veränderten, so die Ministerin.

Weiter Gestaltungsspielraum

Auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 gibt es noch viel zu tun. Die Ministerin zählte auf, wo Probleme liegen: Die Mehrzahl der Bestandsgebäude sind zu sanieren, nachhaltige Mobilität muss ausgebaut werden, Städte sind mit Lärm belastet und verschmutzter Luft. Der überwiegende Teil der CO2-Emissionen wird in Städten emittiert. „Städte sind Verursacher von Umweltproblemen, sie haben aber auch großes Potenzial, Lösungen nach vorne zu bringen“, sagte Schulze.

Wie wichtig das Thema kommunaler Klimaschutz ist, verdeutlichte der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernhard Daldrup anhand einer Zahl: „Die städtischen Räume sind weltweit für 75 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich und der ‚kommunale Anteil‘ klimaschädlicher CO2-Emissionen liegt ebenfalls bei rund 75 Prozent“, betonte Daldrup, der die Veranstaltung moderierte. Ob es um die Energiewende, saubere Luft und Wasser oder den Boden geht: In allen Bereichen könne die kommunale Ebene einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Städte haben auch schon heute einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, um die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit voranzubringen, stellte die Bundesumweltministerin klar. Die Entwicklung von Klimaschutz- und Anpassungsstrategien brauche ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen, stellte die Ministerin fest. Das Bundesumweltministerium fördert Anstrengungen im kommunalen Klimaschutz mit verschiedenen Programmen und Vorhaben.

Biologische Vielfalt als wichtiges Thema

Schulze: „In der Pandemie ist uns vor Augen geführt worden, wie wichtig Naturerlebnisse in der Stadt im direkten Wohnumfeld sind.“ Sie verwies auf den „Masterplan Stadtnatur“ mit 26 Maßnahmen, die Kommunen stärken, um die Biotopvielfalt in den Städten zu erhöhen. 59 Millionen Euro wurden bereits seit dem Jahr 2011 bewilligt. Der neue Schwerpunkt Stadtnatur im Bundesprogramm biologische Vielfalt „ist noch genauer auf die Bedürfnisse vor Ort zugeschnitten.“

Im Rahmen des Bündnisses „Kommunen für biologische Vielfalt” hat das BMU im vergangenen Jahr einen Wettbewerb ausgerufen, an dem sich laut Schulze trotz der Corona-Krise sehr viele Kommunen mit „tollen Projekten“ beteiligt hatten. Im Internet findet man zahlreiche Projektbeispiele, die verdeutlichen, wie beispielsweise die naturnahe Gestaltung öffentlicher Grünflächen oder die Renaturierung verbauter Gewässer im Sinne des Naturschutzes gelingen kann. Robert Spreter, Geschäftsführung Kommunen für biologische Vielfalt e.V., stellte das Bündnis mit über 280 Mitgliedern vor. „Immer mehr Kommunen wollen ihr Engagement verstärken.“ Ohne Natur seien Städte lebensfeindlich, postulierte Spreter.

Um dem Klimawandel zu begegnen, ist die Natur ein wichtiger Faktor: Bäume und entsprechende Vegetation können helfen, Städte kühl zu halten und mit Starkregenereignissen umzugehen. Mit diesen Fragen müssen sich Kommunen auseinandersetzen – „das war schon früher so, aber durch den Klimawandel erhalten diese Fragen eine ganz neue Bedeutung“, erklärte Spreter. Dabei gehe es nicht nur um Großstädte, sondern auch Landkreise, um landwirtschaftliche Gebiete und den Wald.

Förderungen für Klimaschutz- und Klimaanpassung

Schulze verwies auch auf das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, das auch die politischen Rahmenbedingungen schafft, um die Wärmewende voranzutreiben. Es gebe ein neues Förderprogramm „mit dem wir die nachhaltige grüne Wärmewende unterstützen“, kündigte die Ministerin an.

Auch bei der Klimaanpassung gebe es viel zu tun, weil extreme Wetterereignisse zunähmen, wie heiße Sommer, heftiger Starkregen und Wasserknappheit. Zum Beispiel litten gerade ältere Menschen besonders unter der Hitze. Hier hat die Bundesregierung ein Förderprogramm für die Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen aufgelegt.

Forderung nach mehr Personal

Auf die Kommunen kommen viele Aufgaben zu – doch was können sie letztlich leisten? Detlef Raphael, Leiter des Dezernats Umwelt und Wirtschaft, Brand- und Katastrophenschutz des Deutschen Städtetags, machte deutlich, dass die Kommunen „nicht nur investive, sondern auch konsumptive“ Mittel brauchen.

„Wenn die Kommunen nicht finanziell besser gestellt werden, um Fachpersonal einzustellen, dann werden wir die Aufgaben nicht umsetzen können.” Es gebe Städte, die bestimmte Mittel nicht in Anspruch nähmen, weil sie gar nicht das Personal dafür hätten. Als gutes Beispiel lobte Raphael die Mittel für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmanager-Stellen.

Landkreis Gießen – Masterplankommune des Bundes

Einblicke in die Praxis aus Landkreissicht gab Landrätin Anita Schneider: „Klimaschutz und Erneuerbare Energien müssen als Sachgebiete in den Verwaltungen organisiert werden, als Querschnittsgebiete”, zeigte sie sich überzeugt. „Wenn wir kein Personal dafür freistellen, funktioniert es oft nicht gut“, so Schneider. In ihrem Landkreis Gießen gibt es das seit dem Jahr 2001. Dass der Landkreis Masterplankommune des Bundes geworden sei, sei dem Personal zu verdanken.

Der Landkreis hat auch praktische Kurz-Konzepte erarbeitet, wie Kommunen mit Klimamanagern umgehen können, beschrieb Schneider. „Damit haben wir Ansprechpartner in den Kommunen geschaffen und es ist ein gutes Netzwerk entstanden“ – und  interkommunale Zusammenarbeit, wenn es um Klimaschutz und erneuerbare Energien geht.

SPD als Anwältin der Kommunen

Wie wichtig die Anliegen der Kommunen für die SPD-Fraktion sind, betonte auch Fraktionschef Rolf Mützenich: „Wir wollen den Kommunen bei der Entschuldung helfen, das schreiben wir uns auch für die nächsten Jahre mit Olaf Scholz auf die Fahnen”, sagte Mützenich mit Blick auf den anstehenden Bundestagswahlkampf.

Die SPD sehe sich als Anwalt der Städte, Gemeinden und Kreise, bekräftigte Bernhard Daldrup. „Für die SPD bedeutet die Verknüpfung mit den Kommunen nicht nur die Überweisung von Geld, sondern es geht insgesamt um die Frage von Lebensqualität und gute Lebensbedingungen – und was der Bund dafür tun muss.“

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