Kommunen bauen Investitionsstau ab
„Der größte öffentliche Investor sind die Kommunen“, sagt Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Vor allem in die kommunalen Immobilien fließt viel Geld – oder eben auch nicht, wenn die Kommunen sparen müssen. Dann verfallen in den Kommunen die Schulgebäude, Schwimmbäder oder Straßen. Während in den Nachwendejahren noch besonders rege investiert wurde, hat sich die Entwicklung seit etwa 2002 umgekehrt: Seitdem liegt das Niveau der Abschreibungen in den Kommunen über den Investitionen.
Rückstand sinkt um zehn Milliarden Euro
Doch nach Jahren des Sparzwangs scheint eine Kehrtwende eingeleitet zu sein. Das legen die Zahlen des KfW-Kommunalpanels nahe. Hierfür befragt das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) jährlich die Kämmerer der Städte, Landkreise und Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern. 472 Kommunen haben sich in diesem Jahr beteiligt.
Ein Ergebnis: Der kommunale Investitionsstau war auch im Jahr 2016 noch beträchtlich, er wird von den Kämmerern auf 126 Milliarden Euro geschätzt. Gegenüber dem Vorjahr ist er jedoch um zehn Milliarden Euro gesunken. Und im laufenden Jahr wollen die Kommunen noch einmal eine Milliarde mehr investieren als 2016, nämlich 31,7 Milliarden Euro.
Gründe für steigende Investitionen
Diese Entwicklung sei auf die verbesserte Finanz- und Haushaltslage der Kommunen zurückzuführen, meinen die Autoren der Studie. Hier wirke sich die gute Konjunktur aus, aber auch die bessere Unterstützung durch Bund und Länder. Zudem kommen die Städte, Gemeinden und Kreise weiterhin günstig an Kommunalkredite.
Doch Jörg Zeuner merkt an: „Es ist definitiv zu früh, Entwarnung zu geben.“ Insbesondere bei den Straßen mit 34 Milliarden und den Schulen mit 33 Milliarden Euro sei der Nachholbedarf weiterhin hoch. Zudem gebe es weiterhin große regionale Unterschiede, auch wenn erstmals seit Langem sogar die finanzschwachen Kommunen mehr investieren.
Personal wird zum Nadelöhr
Das Hauptproblem sei aber gar nicht immer das Geld, stellen die Autoren des KfW-Kommunalpanels fest. Teils fehle schlicht das Personal in der Verwaltung oder in der Bauwirtschaft, um die geplanten Projekte auch umzusetzen. Sie appellieren deshalb an Bund und Länder, nicht nur kurzfristige Fördermaßnahmen zu beschließen, sondern die kommunalen Finanzen langfristig zu stärken. „Personal ist eine dauerhafte Mehrausgabe“, unterstreicht Stephan Brand, einer der Autoren. Daher sei es nicht zu empfehlen, das Personal wegen einer augenblicklich guten Konjunktur gleich wieder aufzustocken.
Ohnehin könnten offene Personalstellen nicht immer zeitnah besetzt werden, ergänzte Jörg Zeuner während eines Pressegesprächs am Dienstag in Berlin. Er betonte in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung effizienter Verwaltungsstrukturen. So könnten computergestützte Planungsinstrumente die Mitarbeiter unterstützen, mehr Investitionen umzusetzen. Für manche Kommunen seien interkommunale Kooperationen ein gangbarer Weg. Jede Kommune müsse selbst die für sie beste Lösung finden.
Städtetag fordert weitere Impulse
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, wertet die Ergebnisse des KfW-Kommunalpanels als „erstes Zeichen der Entspannung“. Die Investitionsfähigkeit der Städte müsse dauerhaft abgesichert und der Verzehr der Infrastruktur gestoppt werden. „Dazu erwarten wir in den kommenden Jahren neue Impulse von Bund und Ländern, um die Investitionskraft der Kommunen insgesamt zu stärken und die Unterschiede zwischen finanzschwachen und finanzstärkeren Städten zu reduzieren“, so Dedy. Er ergänzte, die klassischen Kommunalkredite seien weiterhin ein wichtiges Refinanzierungsinstrument der Kommunen. „Dieses etablierte Instrument darf nicht durch unangemessene Regularien auf europäischer Ebene für die kreditvergebenden Banken gefährdet werden“, warnt Dedy.
Mehr Informationen
Das KfW-Kommunalpanel 2017 können Sie hier als PDF lesen.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.