Klima und Natur

Was Kommunen für den Schutz des Bodens tun können

Susanne Dohrn 07. Dezember 2022
Schottergärten sind pflegeleicht, versiegeln jedoch den Boden – das ist ein Problem für den Artenschutz.
Wie viel Fläche wird versiegelt? Was lässt sich entsiegeln? Wie lassen sich Böden natur- und klimafreundlich nutzen? Darüber beschließt in vielen Fällen die Kommunalpolitik. Eine Entscheidungshilfe am Beispiel einer Stadt in Hessen.

Das Wort ist verräterisch: „Flächennutzungsplan“. Oberflächlich geht um Quadratmeter und Hektar. In Wirklichkeit geht es um Böden – von Äckern und Gärten, von Wiesen und Weiden, Weinbergen, Auen und Wäldern. Werden Häuser gebaut, Straßen, Parkplätze oder Gewerbegebiete, werden Auffahrten gepflastert oder Schottergärten angelegt, wird Boden versiegelt. Seine Leistungen für Natur und Artenvielfalt, für den Schutz des Klimas oder die Regeneration des Grundwassers gehen verloren.

Deshalb hat das Bodenbündnis Hildesheim zusammen mit der gemeinnützigen Klimaschutzagentur Landkreis Hildesheim zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung eingeladen mit dem Thema „Boden und Klimaschutz – was Kommunen Konkretes machen können“. Vorgestellt wurde das Bodenschutzkonzept der Stadt Wetzlar in Mittelhessen, ein Pilotprojet des Hessischen Umweltministeriums. Anlass war der Weltbodentag am 5. Dezember

Eine Hilfe für Verwaltung und Politik

Das Bodenschutzkonzept erleichtert allen Beteiligten – von der Stadtplanung, über Bau- und Umweltamt bis zur Kommunalpolitik – die Entscheidung, wo in Zukunft gebaut werden kann, und welche Flächen aufgrund ihrer Leistungen für den Wasserhaushalt, die Frischluftzufuhr in der Stadt, die Ernährung und den Erhalt der Artenvielfalt unangetastet bleiben sollten. Das Konzept entstand in intensiver Zusammenarbeit des Ingenieurbüros Schnittstelle Boden mit den Ämtern der Stadt und wurde von der Kommunalpolitik beschlossen. „Dabei geht es nicht darum, Wohnungsbau und Gewerbeansiedlungen zu verhindern, sondern die dafür geeigneten Flächen auf einen Blick zu identifizieren und teure Ausgleichmaßnahmen zu vermeiden“, so die Referentin Ricarda Miller. Die Agraringenieurin ist Vorsitzende der Regionalgruppe Süd des Bundesverbands Boden und Mitarbeiterin im Ingenieurbüro Schnittstelle Boden.

„Klimaschutz geht nicht ohne Bodenschutz“, sagt Wulf Grube vom Bodenbündnis Hildesheim, das zu der Konferenz eingeladen hatte. Böden stecken voller Leben. In einem Kubikmeter Boden gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde. Damit sind sie – außer den Meeren – die größten Kohlenstoffspeicher der Welt. In Deutschland sollen nicht mehr als 30 Hektar pro Tag versiegelt werden. Das war das Ziel für das Jahr 2020. Weil nach wie vor 54 Hektar täglich an Siedlungs- und Verkehrsfläche verloren gehen, wurde das Ziel auf 2030 verschoben. Versiegelte Flächen schaden dem Klima, denn sie können kein Wasser speichern und keinen Kohlenstoff. Auf ihnen wachsen keine Pflanzen und im Sommer heizen sie das Stadtklima auf. Auch aus Sicht des Klimaschutzes müssen Böden in den Kommunen deshalb stärker in den Fokus gerückt werden, so Wulf Grube.

Eine Ampel für die Nutzung

„Ein Bodenschutzkonzept ist vor allem ein Planungs- und Nutzungskonzept“, so Ricarda Miller. Für das Bodenschutzkonzept in Wetzlar wurde unter anderem

  • die Siedlungs- und Verkehrsflächen im Stadtgebiet erfast, sowie die Art der Versiegelung, z.B. ob die Flächen gar keine oder eine teilweise Versickerung von Regenwasser zulassen.
  • Ein Baulückenkataster erstellt, das helfen soll, den Flächenverbrauch im Außenbereich zu verhindern oder zu verringern.  
  • Das Schutzgut Boden nach Kriterien bewertet wie Lebensraum für Pflanzen und Tiere, Ertrag für die Landwirtschaft, die Fähigkeit, Wasser zu speichern und die Stadt zu kühlen.

Auf einer „Ampelkarte“ mit grünen, gelben und roten Flächen können Verwaltung und Politik mit einem Mausklick erfassen, welche Flächen eine sehr geringe (dunkelgrün) Schutzkategorie haben, eine geringe (grün), eine mittlere (gelb), eine hohe (rot) und eine sehr hohe (dunkelrot).

Boden des Jahres 2023

Anlass für die Konferenz war der Weltbodentag – der World Soil Day. Er findet seit 2002 jedes Jahr am 5. Dezember statt. Der internationale Aktionstag soll die Bedeutung von Böden hervorheben und für ihren Schutz werben. „Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit. Er ermöglicht es Pflanzen, Tieren und Menschen, auf der Erde zu leben“, so der Agrarwissenschaftler Prof. Thomas Weyer auf der Konferenz. Seit 2004 wird am 5. Dezember auch der Boden des Jahres ausgerufen. 2004 war es die Schwarzerde. Sie ist einer der fruchtbarsten Böden, die es gibt. 2023 wird es der Ackerboden sein. Mit 70 Prozent besitzt er den größten Anteil an der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland.

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