Politik-Nachwuchs gewinnen

Mehr Frauen in die Kommunalpolitik!

Petra Kappe14. April 2023
Ein Ennepetaler Fuchs, bemalt in den Stadtfarben, vor dem Rathaus. Eine ähnliche Skulptur wünschte sich Silke Grüner auch für den neuen Kreisel.
In Stadträten und Kreistagen sind Frauen unterrepräsentiert. Wie Tandem-Partnerschaften helfen können, das zu ändern – zum Beispiel im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Auf der Bundesebene sorgt die „feministische Außenpolitik“ für einige Aufmerksamkeit. Mit dem gleichen Anspruch lässt sich für eine „feministische Kommunalpolitik“ plädieren. In den Stadträten und Kreistagen sind Frauen mit Anteilen von einem Drittel und einem Viertel noch deutlich unterrepräsentiert. Das Modellprojekt „Frauen in die Politik“ will das ändern.

Der Ennepe-Ruhr-Kreis hat als eine von bundesweit zehn Modellregionen teilgenommen. In acht der neun Städte des Landkreises haben sich Frauen und Männer zur Mitwirkung entschlossen. Gespräche, Informationsaustausch, Diskussionsrunden und die persönliche Vernetzung gehörten zu den Modulen. Das Herzstück bildeten die insgesamt 16 Tandems von Frauen, die sich ein kommunalpolitisches Engagement in ihrer Stadt vorstellen können, mit erfahrenen Kommunalpolitikerinnen und -politikern.

Eine Erfahrene und eine Zugezogene

Eins der Tandems bestritten Anita ­Schöneberg als Mentorin und Silke ­Grüner als Mentee. Sie begegneten sich erstmals beim Kennenlerntreffen des Aktionsprogramms und machten sich gemeinsam auf den Weg. „Wir waren uns sofort sympathisch“, betonen beide im Gespräch – die Ratsfrau mit fast drei Jahrzehnten Ratserfahrung in Ennepetal und die vor fünf Jahren zugezogene Neubürgerin der Stadt. Ehrenamtliches Engagement ist auch für sie kein ­Neuland.

Silke Grüner macht sich bereits als Vorsitzende der „Business and Professional Women“ (BPW) Essen für ­Frauen stark. Sie kennt die Bedeutung von Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Motivation, sich auch in der Politik für ihre Stadt einzusetzen, hat ihr kleiner Sohn noch befördert. Ihre Mentorin kann das gut nachvollziehen. „Die Liebe zur Stadt“ nennt Anita Schöneberg als ihren Beweggrund und ihren „Anspruch, mich aktiv an der positiven Entwicklung und Gestaltung zu beteiligen“.

Katrin Brüninghold, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Hattingen, hat das aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte Programm über die Laufzeit von einem Jahr im Ennepe-Ruhr-Kreis koordiniert. „Die originäre Arbeit in den Tandems ist naturgemäß unterschiedlich gelaufen“, sagt sie, und „eine Evaluation der Tandemarbeit erfolgt erst nach Beendigung des Programms im Mai 2023“. Dennoch kann sie aus dem vielfältigen Erfahrungsaustausch erste Hinweise auf Hürden geben, die Frauen einen Einstieg in die Kommunalpolitik erschweren.

Der Rahmen muss stimmen

„Sitzungskultur, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Besetzung von Direktmandaten“ nennt sie als Stichworte, bei denen es hapert. „Soll eine paritätische Verteilung der politischen Mandate auf kommunaler Ebene gelingen“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte, müssten diese Rahmenbedingungen, die ­Frauen benachteiligten, verbessert werden. Und: „Frauen müssen gezielt ermutigt und gefördert werden.“

Das von der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft sowie dem Deutschen Landfrauenverband initiierte Aktionsprogramm zielt genau darauf ab. Im Ennepe-Ruhr-Kreis nahmen Frauen im Alter von 18 Jahren bis ins Rentenalter, von der Schülerin bis zur Bürgermeisterin, von Selbstständigen bis zu Frauen in der Familienphase teil.

Online-Veranstaltungen, Supervisionen und Workshops zum „Empowerment“ der Frauen dienten der Stärkung und Unterstützung. Eine kreisweite Steuerungsgruppe organisierte den Ablauf. In den einzelnen Städten trieben die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten das Aktionsprogramm voran. Die Bürgermeisterinnen vernetzten sich, die Koordinatoren der Jugendparlamente wurden eingebunden, alle Ratsfrauen zu einem Kamingespräch eingeladen.

Diese Vernetzung soll auf jeden Fall weiterentwickelt und ausgebaut werden, sagt Katrin Brüninghold. Die konkreten Anregungen, Vorschläge und Ergebnisse aus der Demokratiewerkstatt müssten zunächst auf lokaler Ebene diskutiert werden; eine kreisweite Umsetzung sei aufgrund der Unterschiedlichkeiten der einzelnen Stadträte nicht möglich.

Es begann mit einem Fuchs

Die Bedingungen in ihrer Stadt hat Silke Grüner intensiv erkundet. Sie hat unterschiedliche Formen von Beteiligung kennengelernt, Ausschuss- und Ratssitzungen besucht, an regionalen Politikerinnen-Treffen und Videokonferenzen mit Frauen aus ganz Deutschland teilgenommen und einen ersten Schritt mit einem eigenen Antrag unternommen. „Als Nachbarn mich fragten, ob ich wüsste, was mit dem neuen Kreisel ganz in der Nähe passieren soll, kam mir die Idee, ­einen Antrag zu stellen und die Mittel­insel mit dem Wappentier der Stadt schmücken zu lassen“, berichtet Silke Grüner.

Mit der Idee einer Fuchs-Skulptur fand sie einen ersten Ansatz, sich einzubringen und einen Anstoß zur Neuerung zu geben. „Wir sind guter Dinge, dass das Projekt gelingt“, meinen Anita ­Schöneberg und Silke Grüner übereinstimmend. Beide sind entschlossen: „Wir arbeiten auf jeden Fall weiter für das Wohl unserer Stadt zusammen.“

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