Statistisches Bundesamt

Neue Wohnungsbau-Zahlen: leichtes Plus trotz widriger Umstände

Uwe Roth23. Mai 2023
Preissteigerungen im Bausektor und steigende Zinsen bremsen den Wohnungsbau. Dennoch verzeichnet die am Dienstag vorgestellte Statistik für das Jahr 2022 mit über 295.000 fertiggestellten Wohnungen ein leichtes Plus gegenüber 2021.

Im vergangenen Jahr sind knapp 2.000 Wohnungen mehr gebaut worden als im Jahr davor. Das entspricht einem Zuwachs von 0,6 Prozent. Bei den Zweifamilienhäusern gab es ein Plus von rund 14 Prozent und im mehrgeschossigen Wohnungsbau eins von 1,5 Prozent. Damit stieg die Zahl fertiggestellter Wohnungen nach einem Rückgang im Jahr 2021 (293.400 Wohnungen) wieder leicht, nachdem die Zahl neuer Wohnungen in den Jahren 2011 bis 2020 stetig gestiegen war. Allerdings wurde das Niveau des Jahres 2020 (306.400 Wohnungen) im Jahr 2022 nicht erreicht. Mit 295.300 bezugsfähigen Wohnungen liegt die Bundesregierung 25 Prozent unter dem angepeilten Ziel von 400.000 Neubauwohnungen jährlich.

Geywitz spricht von Stabilität

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) zeigte sich angesichts des leichten Plus dennoch zuversichtlich. Es sei nicht das Schreckensszenario eingetreten, das über die letzten Monate gerne an die Wand gemalt worden sei, sagte sie am Dienstag. „Ich erinnere an die Zahlen einiger Verbände, die von einem Rückgang von bis zu 200.000 fertiggestellten Wohneinheiten sprachen“. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz bezeichnete es als „eine beachtliche Leistung“, dass dieses kleine Wachstum trotz Material-Engpässen und Fachkräfte-Mangel zustande gekommen sei.

Für das laufende Jahr sieht Hubertz allerdings das Risiko, „dass die gestiegenen Zinsen die Anzahl von Bauprojekten ausbremsen könnten“. Die Gefahr sieht auch Geywitz. Familien, deren Traum vom Eigenheim wegen der angehobenen Zinsen zu platzen droht, will der Bund laut ihrer Ankündigung mit einem neuen Förderprogramm helfen. Ab Mitte des Jahres sollen Haushalte mit einem Einkommen von höchstens 60.000 Euro von der Förderbank KfW zinsvergünstigte Kredite erhalten. Die Kreditsumme soll zwischen 140.000 und 240.000 Euro liegen.

Bundesländer mit unterschiedlichen Bilanzen

Der wohnungsbaupolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Bernhard Daldrup sagte: „Die Zahlen zeigen, dass wir der Krise der Bauwirtschaft wirkungsvoll begegnen – auch wenn weiterhin viel zu tun bleibt.“ Daldrup beobachtet „große regionale Unterschiede, wo der Wohnungsbau besser funktioniert und wo schlechter“. Die Bilanz in den unionsgeführten Ländern, wie NRW und Hessen, lasse „zu wünschen übrig“, teilte er mit.

Dass wegen der hohen Preise und gestiegenen Bauzinsen Projekte ruhen oder aufgegeben werden, zeigt eine Zahl weiter unten in dem vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Jahresbericht: 22.800 Baugenehmigungen sind vergangenes Jahr erloschen, weil sie ihre Gültigkeitsdauer überschritten haben. Das ist der höchste Stand seit 2006 und ein Grund für den verlangsamten Zuwachs des Bau-Überhangs. Die Statistiker*innen gehen davon aus, dass im Überhang Vorhaben enthalten sind, deren Genehmigungen zwar noch nicht erloschen sind, die aber nicht weiterverfolgt werden.

Bau-Überhang wächst stetig

Die Zahl der genehmigten, aber noch nicht gebauten Wohnungen – der sogenannte Bau-Überhang – erlaubt einen Ausblick auf die kommenden Jahre in der Baubranche. Die Zahl der Baugenehmigungen fiel im Jahr 2022 mit 354.200 um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr, war damit aber weiter deutlich höher als die Zahl der fertiggestellten Wohnungen. Dies führte zum Jahresende 2022 zu einem Bau-Überhang von 884.800 (plus 38.400 gegenüber 2021). Der seit 2008 anhaltende Anstieg des Bau-Überhangs setzte sich damit fort.

Hubertz sagte, dass ihr „die Rekordzahl erloschener Bau-Genehmigungen Sorge bereitet“, ebenso die verlängerte Abwicklungsdauer von Genehmigung bis zur Fertigstellung. Die durchschnittliche Dauer zwischen Bauantrag für Wohngebäude und Fertigstellung hat sich seit 2020 um zwei Monate verlängert. Trotz der Widrigkeiten sehen die Statistiker*innen Positives in den Zahlen: So zeige „der Anstieg der Baufertigstellungen, dass viele Bauherrinnen und Bauherren ihre Vorhaben trotz Lieferengpässen und Fachkräftemangel sowie deutlichen Preissteigerungen abschließen konnten.“

SPD-Fraktion hält an Ziel von 400.000 Wohnungen fest

Der SPD-Abgeordnete Daldrup bekräftigte den Anspruch, bis zu 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen. „Mit der historischen Verdreifachung der sozialen Wohnraumförderung setzen wir die richtigen Akzente, die durch viele weitere Maßnahmen unterstützt werden müssen, etwa eine vereinfachte Planung und Genehmigung, serielles Bauen und weitere finanzielle Hilfen für Familien.“ Ein Meilenstein sei auch die geplante Einführung der neuen Wohngemeinnützigkeit.

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