Verpackungsgesetz-Novelle

So will die Umweltministerin die Verpackungsmüll-Flut stoppen

Carl-Friedrich Höck20. Januar 2021
Umweltministerin Svenja Schulze (Archivbild)
Essen zum Mitnehmen muss in Mehrweg-Verpackungen angeboten werden und das Einweg-Pfand wird ausgeweitet: Das Bundeskabinett hat ein neues Verpackungsgesetz auf den Weg gebracht. Die Wegwerfmentalität müsse aufhören, sagt Umweltministerin Svenja Schulze.

Zum Schluss verriet die Bundesumweltministerin noch etwas Persönliches: „Ich habe vor Corona nicht so häufig Essen bestellt“, erzählte Svenja Schulze (SPD) in der Online-Pressekonferenz am Mittwochvormittag. „Jetzt habe ich es auch ein paar Mal gemacht, und ich muss sagen: Die Müllberge, die sich auftürmen, sind wirklich gigantisch.“

Neue Regeln

Ein Grund mehr, weshalb Schulze für eine Trendwende wirbt. Im Kampf gegen Einweg-Müll zieht die Regierung nun die Zügel an. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Novelle des Verpackungsgesetzes beschlossen. Geplant ist unter anderem:

Restaurants, Cafés und Bistros, die Essen oder Getränke „to go“ verkaufen, müssen ab 2023 ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Diese dürfen – abzüglich Pfand – nicht mehr kosten als die Einweg-Variante. Ausgenommen von dieser Regelung sind kleine Spätis und Imbisse mit maximal fünf Beschäftigten und 80 Quadratmeter Ladenfläche. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für Filialen großer Ketten. Die Ausnahme für kleine Geschäfte begründet Schulze damit, dass die Lagerungs- und Reinigungsmöglichkeiten für Mehrweggeschirr dort eingeschränkt seien. Auch diese Betriebe müssen aber künftig Essen in Mehrwegverpackungen füllen, wenn die Kund*innen diese selbst mitbringen.

Keine Ausnahmen bei Einweg-Pfand mehr

Die Pfandpflicht für Einweg-Flaschen und -Dosen wird von Januar 2022 an ausgeweitet. Sie gilt dann für fast alle Getränke. „Es war bisher nur schwer zu erklären, warum Fruchtsaftschorle mit Kohlensäure pfandpflichtig ist, ein Fruchtsaftgetränk ohne Kohlensäure aber nicht“, sagte Schulze. Nur für Milchprodukte greift die Pfandpflicht im nächsten Jahr noch nicht, hier soll es eine Übergangsfrist bis 2024 geben.

Außerdem wird für Getränkeflaschen ein Mindestanteil an Rezyklaten, also recycelten Stoffen vorgeschrieben. Ab 2025 müssen PET-Getränkeflaschen zu mindestens 25 Prozent aus Rezyklaten bestehen. 2030 wird der Anteil auf 30 Prozent angehoben. Die Hersteller können wählen, ob sie die Quote pro Flasche einhalten wollen oder in Bezug auf die Flaschenproduktion eines gesamten Jahres.

Immer mehr Verpackungsmüll

Seit 2010 sei die Menge des Verpackungsabfalls kontinuierlich gestiegen, begründete die Umweltministerin die Maßnahmen. 2018 seien in Deutschland 18,9 Millionen Tonnen Verpackungsabfall angefallen. Das entspreche pro Kopf 238 Kilo – „rund zwei Badewannen voll“, so Schulze. Wegen der Corona-Krise werde die Abfallmenge wohl noch weiter zunehmen, zumindest vorübergehend.

Schulze hofft, dass sich die neuen Mehrweg-Vorgaben auch auf kleine Betriebe auswirken, die „im ersten Schritt“ von den Regeln ausgenommen sind. Wenn die Verbraucher*innen die wiederverwendbaren Verpackungen annehmen, werde man sehen, dass sie sich weiterverbreiten, so die SPD-Politikerin. Möglichst viele Restaurants und Cafés sollten das Mehrwegprinzip übernehmen, „damit die Wegwerfmentalität endlich aufhört“.

Große Müll-Mengen belasten die Kommunen

Das Gesetz dürfte sich auch auf den öffentlichen Raum auswirken. Wenn weniger Einweg-Verpackungen in Umlauf gebracht werden, landet auch weniger Müll in den Parks oder Mülleimern. Die Kommunen könnten also Reinigungskosten sparen. In welchem Umfang, dazu konnte die Ministerin noch keine Schätzung abgeben.

Gemeinsam mit dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) arbeite man aber an einer Studie, die das sogenannte Littering untersucht – also den Müll, der einfach in die Umgebung geworfen wird. Die Daten könnten genutzt werden, um zum Beispiel die Zigarettenindustrie an den Reinigungskosten für weggeworfene Kippen zu beteiligen.

VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp unterstützt den Gesetzentwurf der Umweltministerin. „Insbesondere die größeren Fastfood-Ketten gründen ihr Geschäftsmodell unter anderem darauf, dass der Müll, der durch ihre Einwegverpackungen in der Umgebung anfällt, von anderen weggeräumt wird: nämlich von den kommunalen Stadtreinigern. Damit werden die Kosten einzelner Marktteilnehmer auf die Allgemeinheit abgewälzt.“ Das Vorhaben, Mehrweglösungen anzubieten, sei ein Baustein, dieses Ungleichgewicht zu beheben.

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