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Ukraine-Geflüchtete: doch nicht so große Probleme bei Unterbringung

Mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine sind seit Kriegsbeginn nach Deutschland gekommen. Zurzeit wird viel über Probleme bei deren Unterbringung gesprochen. Dabei seien die eigentlich gar nicht so groß, meinen Expert*innen.
von Jonas Jordan · 18. November 2022
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Am Anfang war die Solidarität groß. Als die Menschen aus der Ukraine aufgrund des russischen Angrifsskrieges seit dem 24. Februar dieses Jahres zur Flucht gezwungen waren, boten hunderttausende in Deutschland ihnen Zuflucht in ihren Wohnungen. „Scheinbar sind Menschen bereit, einfach ihre Türen zu öffnen für Menschen in Not“, sagt Georgia Homann bei einem Pressegespräch des Mediendienstes Integration am Donnerstagvormittag. Sie ist Projektleiterin von #UnterkunftUkraine. #UnterkunftUkraine ist als Initiative gestartet, um nach Deutschland kommenden ukrainischen Geflüchteten kostenlose und vorügergehende Unterkünfte bei privaten Gastgeber*innen zu vermitteln.

Mehr als 160.000 Menschen mit mehr als 360.000 Schlafmöglichkeiten für Geflüchtete aus der Ukraine haben sich mittlerweile auf der Plattform registriert, berichtet sie. Mehr als 80 Prozent von ihnen hätten einer Umfrage zufolge gute Erfahrungen gemacht und seien bereit, in einer ähnlichen Situation erneut Menschen aufzunehmen. Geflüchtete, die privat unterkommen, hätten oftmals mehr Privatsphäre als in Sammelunterkünften, sagt Homann. „Zudem haben sie immer mindestens einen Kontaktpunkt mehr.“ Dies sei beispielsweise hilfreich, wenn es um den Kontakt zu Behörden gehe oder darum, Formulare auszufüllen.

Überfüllte Turnhallen eher die Ausnahme

Hannes Schammann ist Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Migrationspolitik an der Universität Hildesheim. Er hat vor kurzem gemeinsam mit Kolleg*innen der Universität Erlangen-Nürnberg ein Pilotprojekt zur Verteilung von Geflüchteten gestartet. Er kann die aktuelle Debatte über Probleme bei der Unterbringung Geflüchteter nicht nachvollziehen. „Was uns als Expertinnen und Experten sehr verwundert, ist, dass wir jetzt die Diskussion haben, aber die Aufnahme schon seit Februar läuft, und auch relativ reibungslos“, sagt er. Zwar gebe es kommunale Vertreter*innen, die auf politischer Ebene Alarm schlügen. Sprechte man aber mit Verwaltungsmitarbeiter*innen werde deutlich, dass die Situation bei weitem nicht so dramatisch sei, wenngleich auch regional unterschiedlich, wie Schammann feststellt.

Überfüllte Turnhallen seien beispielsweise keineswegs die Regel. „Das hängt stark damit zusammen, wie gut die Kommunen aus 2015/16 gelernt haben“, sagt er. Besonders hebt Schammann die Unterbringung von Geflüchteten im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt hervor. Die dortigen Strukturen seien unter anderem durch eine Migrationsagentur sehr stark professionalisiert worden. Dadurch gebe es dort „gerade wenig Ärger mit Blick auf die Unterbringung von Geflüchteten“.

Berlin als Sonderfall

Zurzeit gebe es „eine Debatte darüber, dass es im Winter noch schlimmer werden könnte“, sagt Schammann. Das habe sich bislang jedoch nicht stark bemerkbar gemacht, auch wenn die Fluchtbewegung in Folge des Krieges in der Ukraine insgesamt eine „riesige humanitäre Katastrophe“ sei. Er ergänzt: „Es gibt einzelne Städte, in denen man Container aufgestellt hat, obwohl man gerade eigentlich keinen Bedarf hat, um eine mögliche Notlage im Winter zu vermeiden.“

Auch die Bilder von überfüllten Turnhallen hätten ganz unterschiedliche individuelle Ursachen. Manchmal müssten Städte und Kommunen sehr kurzfristig reagieren, zum Teil sei es aber auch versäumt worden, „in den letzten Jahren etwas zu tun“. Zudem gebe es viele Menschen, die zunächst privat untergekommen seien, jetzt aber ausziehen wollten. Das könne Kommunen zusätzlich unter Druck setzen. Angesprochen auf die Probleme bei der Unterbringung von Geflüchteten in Berlin sagt Schammann: „Berlin ist mit beheizten Zelten ein Sonderfall.“ Auch Homann ergänzt: „Berlin ist nicht überall, regional kann das total unterschiedlich sein. Manche Kommunen ächzen, andere sagen, es ist doch gar nicht so schlimm.“

Verteilung in jedem Bundesland anders

Elias Bender gibt einen Einblick, wie die Unterbringung und Verteilung von Geflüchteten in Rheinland-Pfalz läuft, wo er Regierungsdirektor im Ministerium für Familien, Frauen, Kinder und Integration ist. Zwar laufe die Verteilung vom Bund auf die Länder nach dem Königsteiner Schlüssel, regional laufe sie jedoch in jedem Bundesland anders ab. „Wir in Rheinland-Pfalz verteilen einwohnerbasiert. Die Kommunen tragen die Planungsverantwortung“, erläutert er. Es gebe jedoch einen engen „operativen Austausch“ und die Möglichkeit eines Verteilstopps. „In bestimmten Fällen gewähren wir Kommunen eine gewisse Verteilpause“, sagt er. Dies sei eine Notfallmaßnahme für vier bis sechs Wochen.

Der Text wurde zuerst auf vorwaerts.de veröffentlicht.

Autor*in
Jonas Jordan

ist Redakteur des vorwärts im Berliner Vorwärts Verlag. Er hat Politikwissenschaft studiert.

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