Ausblick auf die kommunalen Finanzen

Unbekannte Variable erschweren Kalkulation der nächsten Jahre

Uwe Roth23. August 2022
Für die Haushaltsplaner*innen ist auf Sicht fahren, Routine geworden. Der Rat der Stadt Dortmund verschiebt die Debatte zum Haushalt zwei Monate nach hinten, um 2023 besser im Blick zu haben. Von den Spitzenverbänden kommen keine guten Signale.

Die Signaltöne der kommunalen Spitzenverbände sind in Moll gestimmt: „Die Finanzlage der Kommunen verschlechtert sich“, heißt es im August in einer gemeinsamen Mitteilung. Für das laufende Jahr rechnen sie mit einem Defizit von 5,8 Milliarden Euro. Auch 2023 sei keine Besserung in Sicht, lautet die Prognose des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes für die Finanzen der Kommunen bis zum Jahr 2025.

Selbst wenn der Ukraine-Krieg zu keinen weiteren Einbrüchen der Wirtschaftsleistung führe, „werden die Kommunalhaushalte durch Defizite, real sinkende Investitionen und einen Vermögensverzehr gekennzeichnet sein“, sind die Verbandspräsidenten überzeugt. Eine verlässliche detaillierte Prognose der kommunalen Finanzlage für die kommenden Jahre sei nach aktueller Lage schwierig.

Geld bleibt in den kommunalen Kassen liegen

Wegen des Ukraine-Kriegs, der Inflation, steigende (Energie-)Preise und der Knappheit bei den Baustoffen bleibt reserviertes Geld für Projekte im Haushalt liegen: „Die Investitionen im vergangenen Jahr stagnierten“, haben die Verbände von ihren Mitgliedskommunen rückgemeldet bekommen. 2022 werde ein Anstieg um rund acht Prozent bzw. drei Milliarden auf 37,4 Milliarden Euro erwartet. Anschließend sei nur mit geringen Zuwächsen zu rechnen.

Das reale Investitionsvolumen werde schrumpfen. Dabei ist die Einnahmenseite der Kommunen in ihrer Gesamtheit gar nicht so schlecht. Das unerwartet hohe positive Ergebnis hat die Verbände überrascht. Im Jahr 2021 hat der Gesamthaushalt der Kommunen in den Flächenländern laut Mitteilung der Spitzenverbände mit einem Überschuss von rund drei Milliarden Euro abgeschlossen. Das habe "an den stark gestiegenen Steuereinnahmen und leicht gesunkenen Investitionen gelegen".

Im aktuellen Jahr und im kommenden sei jedoch mit Finanzierungsdefiziten von mehr als fünf Milliarden Euro zu rechnen. 2024 und 2025 könne das Defizit „voraussichtlich verringert werden“. Überschüsse hätten die Kommunen dennoch nicht zu erwarten, lautet die nächste Feststellung in Moll. Im Ergebnis sei im aktuellen Jahr „bestenfalls mit einer Stagnation der Steuereinnahmen auszugehen“. Neben den Steuereinnahmen komme im Finanzierungssystem der Kommunen vor allem den Zuweisungen der Länder eine überragende Bedeutung zu. Die weitergeleiteten Beteiligungen des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung sowie an der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung seien darin eingeschlossen.

OB Westphal (SPD): „Wir wollen einen soliden Haushalt“

Die warnenden Töne haben den Rat der Stadt Dortmund dazu veranlasst, mit der Beratung des Haushalts nicht wie üblich im September zu beginnen, sondern erst im November. Erst im März 2023 könnten die Ratsmitglieder den Haushalt für eben dieses Jahr beschließen. Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) teilte dies am Dienstag mit: „Diese Verzögerung ist aber kein Drama, wir sind weiter handlungsfähig.“ Wichtig sei jetzt, dass die Stadt einen „soliden Haushalt anhand seriöser Zahlen aufstellt.“

„Solide“ bedeute, Mehrkosten so gut wie möglich zu berücksichtigen. Konkret gehe es etwa darum, ob und wie die Corona-Kosten in die Mittelfristplanung des Haushalts aufgenommen werden müssten. Daneben stehen den Kommunen in Nordrhein-Westfalen zwar mehr finanzielle Mittel im nächsten Jahr zur Verfügung, jedoch müssten Folgekosten, die durch den Ukraine-Krieg entstehen - Stichwörter Kitas, Schulen und Energie - berücksichtigt werden. Zugleich stiegen die Zinsen auf den Finanzmärkten. Auch seien die Verhandlungen der Tarifverträge im Auge zu behalten. „Dass die Löhne voraussichtlich steigen werden, ist gut für die Arbeitnehmer*innen", sagte Westphal. „Aber für den kommunalen Haushalt bedeutet das natürlich auch eine Mehrbelastung.“

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