Kampf gegen Müll

Verwaltungsgericht stoppt Tübinger Verpackungssteuer

Carl-Friedrich Höck06. April 2022
Verpackungsmüll zu beseitigen kostet die Kommunen viel Geld. Mit der Verpackungssteuer wollte Tübingen die Verursacher*innen an den Kosten beteiligen.
Mit einer Abgabe auf Einweg-Verpackungen wollte die Stadt Tübingen den Verpackungsmüll reduzieren. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Verpackungssteuer für unwirksam erklärt.

Die Verpackungssteuer der Stadt Tübingen steht vor dem Aus. In einem Normenkontrollverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Verpackungssteuersatzung der Kommune für unwirksam erklärt. Das Urteil erging am 30. Januar. Eine Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Klägerin war die Pächterin einer McDonald´s-Filiale.

Vorerst gilt die Steuer weiter

Binnen eines Monats kann die Stadt Revision einlegen. Ob das geschieht, muss nun der Gemeinderat entscheiden. Wie die Stadt Tübingen mitteilt, ist die Verpackungssteuer nicht außer Kraft gesetzt, bevor das Urteil rechtskräftig wird.

Die Verpackungssteuersatzung der Stadt Tübingen war erst zum Jahresbeginn 2022 in Kraft getreten. Sie legt eine Abgabe auf Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck fest, wenn darin Essen und Getränke für den Verzehr an Ort und Stelle oder als „To-go“-Verpflegung verkauft wird. Beispielsweise werden für Einweg-Kaffeebecher 50 Cent fällig. Auch eine Pizzaschachtel oder Einweg-Salatschale wird mit 50 Cent besteuert. Für ein Plastikbesteck müssen 20 Cent an die Kommune gezahlt werden. Ausgenommen von der Steuer sind Kleinstverpackungen wie zum Beispiel Ketchup-Tüten.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen) bedauert die Entscheidung des Gerichts. „Wir haben gezeigt, dass die Steuer in der Praxis funktioniert“, wird er in einer Pressemitteilung der Stadt zitiert. In Tübingen breite sich überall Mehrweg aus, die Stadt werde sauberer. Bundesweit sei der Trend genau umgekehrt, dort setze sich die Wegwerfkultur durch.

Kommunen fordern Lösung für Verpackungsmüll-Problem

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hätte sich ebenfalls ein anderes Urteil zur kommunalen Verpackungssteuer gewünscht. „Allerdings hätte die Tübinger Lösung in der Praxis wohl zu einem Flickenteppich unterschiedlicher kommunaler Steuersatzungen geführt“, heißt es in einem Statement des VKU. „Wir würden daher gerade jetzt eine bundesweite Lösung begrüßen“. Eine solche habe das Bundesumweltministerium mit dem Gesetz für einen Einwegkunststofffonds vorgelegt. Dieser habe den Vorteil, dass die Hersteller sich an den Reinigungskosten beteiligen und das Geld gezielt denjenigen zugutekomme, die vor Ort die Reinigungsleistungen erbringen. „Littering ist ein bundesweites Problem und sollte daher auch vom Bundesgesetzgeber angepackt werden“, appelliert der VKU an die Politik.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy äußerte sich enttäuscht, dass das Verwaltungsgericht dem Instrument der Verpackungssteuer einen Riegel vorschiebt. „Wir müssen die Wegwerfkultur stoppen. Die Tübinger Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen hat geholfen, Müll und Littering zu vermeiden und die Stadt sauberer zu machen.“ Man brauche wirksame Instrumente vor Ort, um Müll zu vermeiden. Das sei gut für die Städte und das Klima, so Dedy.

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