Podiumsdiskussion beim Städtetag

Verzweifelte Suche nach neuen Bildungswegen

Uwe Roth26. Mai 2023
Neue Bildungswege sind steinig. Der Eindruck bestätigte sich in einer kontroversen Diskussion an Ende der Hauptversammlung des Städtetags am Donnerstag. Die zentrale Frage blieb ungelöst: Wer zahlt für bessere Bildung?

Auf dem Podium in Halle 11.3 der Kölner Messe waren alle Ebenen vertreten, die in Deutschland Bildung verantworten: Dejan Mihajlović (Lehrer), Burkhard Jung (SPD-Oberbürgermeister der Stadt Leipzig), Karin Prien (CDU-Bildungsministerin des Landes Schleswig-Holstein) und Ricarda Lang (Bundestagsabgeordnete und -vorsitzende der Grünen). Thema: „Neue Wege gehen – wir brauchen eine bessere Bildung“. Dieser Grundaussage stimmten alle zu: Das deutsche Bildungssystem sei verbesserungswürdig. Doch was „neu“ und „besser“ bedeuten kann, darüber gingen die Meinungen auseinander.

Gleich in der ersten Fragerunde wurden die unterschiedlichen Positionen deutlich: Moderatorin Anja Heyde fragte in die Runde, wie das Bildungssystem die Corona-Pandemie überstanden habe. Der Pädagoge, der zugleich Experte für die Digitalisierung ist, bedauerte die fast vollständige Rückkehr in den Schulen zum Analogen. Online zugeschaltet zu sein, bedeute nun wieder, nicht wirklich anwesend zu sein. Von den digitalen Unterrichtsmethoden hätten sowohl die Pädagog*innen als auch die Schüler*innen gleichermaßen profitiert. Das Digitale sei die Zukunft, sagte er.

OB Jung: Online ersetzt nicht persönliche Betreuung

Völlig anderer Ansicht war Oberbürgermeister Jung, der selbst Schulleiter war. Die Rückkehr zur Präsenz sei das Beste, was vor allem den sozial benachteiligen Schüler*innen in seiner Stadt habe passieren können. Online-Unterricht habe die Ungleichheit verschärft. Er forderte noch mehr öffentliche Räume, in denen sich Schüler*innen treffen und austauschen können. Das Digitale sei allenfalls eine „ergänzende Technik“, aber nicht die alleinige Zukunft. Nur persönliche Betreuung helfe wirklich.

Die Grünen-Bundesvorsitzende nahm dazu eine neutrale Position ein und gab beiden Seiten Recht. Das passte zur Rolle der Bundespolitik, die sich in die föderale Bildungslandschaft inhaltlich nicht einmischen soll. Dass Kommunen und die Bundesländer von der Regierung immer mehr Förderung erwarteten, ihr aber kaum Einfluss auf die Verwendung der Mittel zugestehen wollten, fand sie dann doch unfair. „Das geht so nicht.“

Kritik an den Ländern

Lehrer Mihajlović kritisierte, die Länder brächten zu wenig voran. Erfolgreiche Modellprojekte würden nie zum allgemeinen Bildungsstandard werden. „Es wird zu viel geschwätzt.“ Sein Beweis ist der Digitalpakt für Schulen, der nicht praktikabel gewesen sei.

Landesministerin Prien wehrte sich gegen die Vorwürfe, gestand aber auch ein, dass „wir ein Umsetzungsproblem haben.“ Untätigkeit könne man ihrem Ministerium nicht vorwerfen. „Früher wäre sicher besser gewesen.“ Man sei auf dem Weg, der gute Wille vorhanden. Doch das größte Problem seien fehlende Finanzierungsmittel. Die Schulen bräuchten nicht nur mehr Lehrer*innen, um die Schulprobleme in den Griff zu bekommen, sondern auch Schulbegleiter*innen, Sozialarbeiter*innen, Logopäd*innen und Schulpsycholog*innen. Das alles sei nicht zu stemmen.

Am Ende einigte sich die Diskussionsrunde auf den Weg, besser kooperieren zu wollen, um Synergie-Effekte zu erzielen. Oberbürgermeister Jung versicherte, dass er sich neuen Wegen nicht verschließen werde. „Wir werden als Kommune nicht kneifen und machen mit.“

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