Mitmacher*innen finden
Mitmacher finden und auf interessante Weise Botschaften vermitteln – um diese beiden Ziele ging es in einem Workshop der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Der Trainer und Moderator Ralf Besser zeigte den Teilnehmenden eine ganze Reihe von Möglichkeiten auf. „Anders ansprechend! – Mit neuen Formaten mehr Beteiligung erreichen“ hieß die Veranstaltung. Sie war an ehren- und hauptamtlich tätige Menschen aus der Politik, den Sozialverbänden, aus der Kultur oder Gewerbetreibende gerichtet.
Es ist immer wieder das Gleiche: Beiräte und Ortsämter laden zu Veranstaltungen ein. Doch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger geht gegen Null – sofern sie nicht selbst betroffen sind. Und das betrifft nicht nur einen, sondern alle Bremer Stadtteile. Ralf Besser, Trainer und Moderator, weiß im Prinzip, woran es liegt: an für die Gäste langweiligen Formaten. Die sehen häufig so aus: Vorn sitzen die Fachleute aus Politik und Verwaltung, im Zuschauerraum die Besucher*innen. Wenn die Leute des Podiums mit ihren Ausführungen fertig sind, dürfen die anderen auch was sagen. Am Ende einer solchen Frontalveranstaltung jedoch fühlen sich die Menschen nicht mitgenommen.
Neue Veranstaltungsformate
Menschen wie Gönül Bredehorst treibt das um. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, hofft die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Sprecherin für Gleichstellung und Bürgerbeteiligung auf eine Menge Ideen. Ihre Hoffnung wird nicht enttäuscht. Mit einem breiten Lachen und guter Stimmung nimmt Gönül Bredehorst die vorgestellten Methoden und Veranstaltungsformate auf.
Dass es nicht nur Formate wie Fishbowl, World-Café oder Open Space gibt, ist schnell klar. Ralf Besser hat in seinem Portfolio nach eigenen Angaben gut 40 solcher Methoden und Formate. Davon lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer knapp zehn kennen. Diese können, so die Erkenntnis am Ende der Veranstaltung, jede noch so schwierige Diskussion erleichtern, aufweichen und trotz großer Runde zu brauchbaren Ergebnissen führen. Die Faustregel dabei laut dem Trainer: „Sie müssen immer methodisch denken.“ Das haben die Frauen und Männer verstanden.
Großveranstaltungen von 20 bis 1.000 Menschen
Ralf Besser geht es insbesondere um die Gestaltung von „Großveranstaltungen“ – sie fangen für ihn bei 20 Leuten an, wie er auf Nachfrage eines Teilnehmers sagt. Nach oben seien keine Grenzen gesetzt. „Das können auch 1.000 Menschen sein“, wirft Besser ein. Die Leute in der Runde schmunzeln. Ansonsten müssen sie bei diesem Workshop im „Kwadrat“ der Werkstatt Bremen ordentlich denken, diskutieren – und sich vor allem rühren. „Das Hirn denkt von der Bewegung her“, gibt Ralf Besser den Leuten mit auf den Weg. Und: „Deshalb sollten Sie in den Veranstaltungen immer den Körper mitnehmen.“
Die Perspektive wechseln
„Perspektivwechsel“ heißt eines der Formate. Anhand eines Plakats und einer Karte erklärt Ralf Besser, was die Menschen machen sollen: Im Raum gibt es mehrere Gruppen, die jeweils unterschiedliche Positionen darstellen; zwischen diesen rotieren die Leute. Sie nehmen den jeweils neuen Standpunkt ein und diskutieren entsprechend.
Oder die „Interaktive Position“: Ein Mensch legt eine runde Karte mit seiner Position auf den Boden. Die anderen legen ihre Karten dazu. Das Ziel: Sie verstärken den Unterschied. Als eines der spannendsten Formate dürfte die „Kaskadendiskussion“ gelten. Sie funktioniert so: Anfangs diskutieren zwei Menschen. Sie bilden einen gemeinsamen Standpunkt. Jetzt tun sie sich mit einer weiteren Zweiergruppe zusammen, das Diskussions- und Lösungs-Suchspiel beginnt von vorn. „In jeder Verdichtungsstufe muss eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden“, hat Ralf Besser auf die Karte und sein Plakat geschrieben.
Immer in Bewegung
Den Erklärungen von Ralf Besser folgt stets die Bewegung: Die Teilnehmer*innen gruppieren sich um das Plakat eines Formates oder stellen sich drauf. Sie diskutieren in ihren jeweiligen kleinen Gruppen und berichten dann den anderen über das Für und Wider. So findet der „Perspektivwechsel“ viele Anhänger, während die „Kaskadendiskussion“ wahrscheinlich „auf Beiratsebene scheitern wird“, befindet der Mitarbeiter eines Bremer Ortsamtes. Und er lernt an diesem Abend: Auch das Scheitern gehört dazu, sich auf neue Beteiligungsformate einzulassen.