Gastbeitrag Deutsche Umwelthilfe

Grüne Wärmenetze für die Zukunft

Peter Ahmels29. April 2022
Solarthermische Kollektoren auf dem Dach des Umweltbundesamt in Dessau (Symbolfoto).
Solarthermische Kollektoren auf dem Dach des Umweltbundesamt in Dessau (Symbolfoto).
Klimaneutrale Wärmenetze müssen koordiniert werden, am besten unter Leitung der Kommune. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will den Erfahrungsaustausch unterstützen. Ein Gastbeitrag von Peter Ahmels, Energieexperte bei der DUH.

Wärmenetze stehen bisher nicht im Fokus der Aufmerksamkeit. Die Leitungen sind meist unsichtbar und bis vor kurzem schien ein nahtloser Übergang von der Kohle zum Gas als Energieträger möglich zu sein. Einer Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bei 19 Steinkohle-Kraftwerksbetreibern zufolge wollten noch vor einem Jahr 17 davon auf Gas umstellen. Die Umfrage würde heute vermutlich anders ausfallen.

Gas ist nicht umweltfreundlich, die Gewinnung (Fracking) und der Transport nicht und das bei der Verbrennung entstehende Treibhausgas auch nicht. Und jetzt ist es auch noch politisch geworden, mit unabsehbaren Folgen für die Preisgestaltung fossiler Wärme. Die EU schreibt für grüne Wärmenetze einen Zubau von jährlich 1,1 Prozent vor, schon dieser unzureichende Wert wird in Deutschland nicht erreicht.

Suche nach Alternativen

Peter Ahmels

Deshalb kommt Bewegung in die Frage, wie denn künftig Wärme klimaneutral erzeugt werden kann. Ein Gesetz dazu befindet sich seit Monaten in der Beihilfeprüfung in Brüssel. Es soll den Rahmen für klimaneutrale Wärme deutlich verbessern. Daneben existiert leider immer noch die nahezu unveränderte Förderung der fossilen Energien, die Erneuerbare unwirtschaftlich erscheinen lassen.

Bis jetzt sind deshalb nur etwa 18 Prozent der Energie für Wärmenetze klimaneutral. Sie kommen überwiegend aus dem biogenen Anteil des Mülls, aus Bioenergien und aus Abwärme. Nur ein kleiner Teil kommt direkt aus der Umgebungswärme aus Wasser, Luft und Erde. Es ist also noch einiges zu tun bis 2045, auch mengenmäßig, um die CO2-Emissionen auf Null zu reduzieren. Denn der gesamte Wärmebedarf ist mit etwa 1400 TWh mehr als doppelt so hoch wie der Strombedarf. Biogener Müll  und Bioenergien wie Holz werden sich nicht im großen Stil ausbauen lassen, dazu reichen die umweltfreundlich nutzbaren Mengen nicht aus. Wasserstoff als Energieträger in der Zukunft ist eher unwahrscheinlich, weil er im Vergleich zu anderen Alternativen mit geringeren Umwandlungsverlusten teurer ist. Nur Umgebungswärme steht nahezu unbegrenzt zur Verfügung. Hier gibt es aber nur wenige Standardverfahren, vieles hängt von der Situation vor Ort ab.

Fernwärme – am besten kommunal koordiniert

Es bedarf einer kommunalen Wärmeplanung, wie sie auf Länderebene in Baden-Württemberg für größere Kommunen mittlerweile Pflicht ist. In ihr werden das Angebot an grüner Wärme und der Bedarf in den Gebäuden und in der Prozesswärme ermittelt. Dann werden Gebiete festgelegt, wo künftig sinnvollerweise die Fernwärme ausgebaut wird oder wo sie eben nicht in Frage kommt, weil nicht genügend Gebäude für einen wirtschaftlichen Betrieb vorhanden sind.

Bisher waren der Bau und Betrieb eines Wärmenetzes überwiegend Sache nur eines Unternehmens. Jetzt sind mehrere Akteure zu koordinieren, am besten unter Leitung der Kommune, weil hier die Aussicht auf Akzeptanz der Betroffenen (Gebäudeeigentümer, Unternehmen) am größten ist. Sie ist bei einem solchen Mammutprojekt wie der Wärmewende unverzichtbar, auch weil es um viel Geld geht. Bei der Nutzung der Abwärme aus industrieller Fertigung oder z.B. Rechenzentren muss geklärt werden, wie Ausfälle kompensiert werden können, Solarthermie benötigt größere, siedlungsnahe Flächen und Speicher, Geothermie ist nur bei geeignetem Untergrund nutzbar und Flusswärme braucht Großwärmepumpen, die noch nicht in Serie zur Verfügung stehen.

Wichtiger Erfahrungsaustausch

Bei der Wärmeplanung und der Anwendung neuerer Technologien muss also Neuland beschritten werden, nicht überall liegen ausreichend Erfahrungen vor. Zwar gibt es schon eine Fülle von sehr guten Leitfäden, aber sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch unter den Akteuren. Diese Lücke wollen wir verringern.

Einige Kommunen haben schon Erfahrungen gemacht mit der Nutzung von Abwärme oder Wärme aus der Umgebung, sei es in Pilotprojekten oder aus eigenem Antrieb. Das betrifft die kommunale Wärmeplanung, aber auch die Nutzung von Geo- und Solarthermie, von (Groß-) Wärmepumpen und Wasserspeichern. Sie haben sich bereit erklärt, sie auf Anfrage zur Verfügung zu stellen und so den Erfahrungsaustausch zu verbessern. Die Deutsche Umwelthilfe hat gute Beispiele aus Kommunen in einer Übersicht gesammelt, inklusive Kontaktdaten (hier als PDF).

Auch Unternehmen, Agenturen und Stadtwerke stehen für Anfragen „auf Augenhöhe“ zur Verfügung. Wir hoffen, damit zur Wärmewende beizutragen und auch Wärmenetze schneller grün werden zu lassen als bisher. Die Sensibilität für das Thema scheint jedenfalls zu steigen, wie uns vermehrt  Anfragen anzeigen.