Gastbeitrag

Mitfahren erwünscht: Warum vier Kommunen Mobilitätstafeln aufstellen

Michael Golze27. Januar 2023
Die Mobilitätstafeln sind seit Dezember 2022/Januar 2023 in den vier Modellgemeinden – hier Schöllkrippen – installiert und wurden gerade in Betrieb genommen.
Sie schaffen mehr Mobilität im ländlichen Raum, fördern bürgerschaftliches Engagement und helfen Ressourcen zu schonen: Mobilitätstafeln. Vier Kommunen schaffen damit ein kostenfreies Mitfahrangebot, unter aktiver Teilnahme der Bevölkerung. Ein Gastbeitrag von Michael Golze, Deutsche Umweltstiftung.

Die Verkehrswende auf dem Land läuft schleppend. Bestehende Angebote des ÖPNV sind vielerorts nicht ausreichend: Busse fahren abends und an Wochenenden selten oder gar nicht und die Distanzen zu den Haltestellen sind groß. Die „letzte Meile“ ist für viele Bürger*innen eine Herausforderung. In den meisten Fällen bleibt nur das Auto als Option. In der Verbrennungsausführung ist jedoch dessen CO₂-Bilanz angesichts der Klimakrise nicht mehr zeitgemäß und mit einer nachhaltigen Umweltpolitik nicht vereinbar. Ein Umstieg auf ein E-Auto ist für Verbraucher*innen teuer. Zudem steht der Beweis noch aus, dass eine vollständige Elektrifizierung des Verkehrs auf Basis etablierter Mobilitätsroutinen ökologisch verträglich gelingen kann.

Umweltfreundlichere Alternative zum Individualverkehr

Wie man aus dieser vermeintlichen Not eine Tugend macht, zeigt eindrucksvoll die gemeinsam von der Deutschen Umweltstiftung und der Universität Kassel entwickelte Mobilitätstafel.

Wie ein digitales schwarzes Brett funktioniert die Mobilitätstafel. Wer mag, kann sich auch die dazugehörige App herunterladen.

Sie wird aktuell in den drei bayrischen Gemeinden Schöllkrippen, Mömbris, Kahl am Main sowie dem sächsischen Netzschkau erprobt und erlaubt es Bürger*innen, kostenlos Mitfahrangebote einzustellen und/oder wahrzunehmen. Durch das Modellprojekt soll eine bessere Anbindung an den ÖPNV im Umland und ein dichteres Mobilitätsnetz entstehen. Doppelte, ressourcenintensive und unnötige (Allein-)Fahrten werden somit bestenfalls vermieden. Dies deckt sich mit Forschungsergebnissen, die in der Bündelung von Autofahrten einen wirksamen Hebel zur Reduzierung von umwelt- und klimaschädlichen Emissionen in ländlichen Gebieten sehen.

Weitere Funktionen auf der Mobilitätstafel unterstützen die Stärkung des sozialen Zusammenhalts: So können Kulturschaffende auf aktuelle Veranstaltungen hinweisen und Fahrgemeinschaften organisiert werden, Mitbringangebote und -gesuche inseriert werden und Bürger*innen kostenlose Hilfsangebote auf der Plattform einstellen.

Beteiligung als Schlüssel

Die frühe und kontinuierliche Einbindung der Bevölkerung war eine grundlegende Voraussetzungen für die hohe Wirkkraft des Projektes. Bürger*innen müssen das Angebot akzeptieren und die Möglichkeit haben, eigene Ideen und Wünsche bei der Ausgestaltung einzubringen. Zu Beginn des Projektes wurde in allen vier Gemeinden zunächst ein öffentlich zugänglicher Workshop organisiert, um die grundlegenden Bedürfnisse der Bevölkerung nach Mobilität abzufragen. Dabei wurden nicht nur engagierte Bürger*innen mit einbezogen, sondern auch lokale Kulturschaffende, Dienstleistende und Entscheidungstragende.

Im Anschluss wurden Begleitkreise in den einzelnen Gemeinden gegründet, die während der gesamten Entwicklungsphase ein kontinuierliches Beteiligungsangebot für die Bürger*innen darstellten. Es wurden nicht nur mögliche Standorte der Mobilitätstafeln, sondern auch die einzelnen Funktionen sowie Fragen des Datenschutzes und der Haftung diskutiert. Auch mögliche Werbemaßnahmen wurden besprochen. Nach den offiziellen Eröffnungsfeiern sind weitere Zusammenkünfte geplant – um Feedback einzuholen und die Mobilitätstafel weiter zu verbessern.

Erfolgreicher Start

Seit Dezember 2022 wurden die vier Mobilitätstafeln in Schöllkrippen, Kahl am Main, Mömbris und Netzschkau eröffnet. Viele Bürger*innen haben sich bereits angemeldet und erste Fahrten wurden eingestellt.

Autos und Kompetenzen auf freiwilliger Basis teilen und einander helfen – auf diese Weise fördert die Mobitafel die Lebensqualität im ländlichen Raum. Mit dem Projekt GREEN ist das Angebot bereits in vier Gemeinden in Bayern und Sachsen verfügbar.

Doch damit nicht genug: Das Netzwerk der Mobitafel soll weiter wachsen. Wenn auch Ihre Kommune Teil des deutschlandweiten Netzes werden soll, melden Sie sich gerne bei uns unter: mobitafel.de.