Blog Aus den Bundesländern

Wie das Onlinezugangsgesetz in Hessen umgesetzt wird

Bijan Kaffenberger24. Juni 2020
Bijan Kaffenberger
Bund, Länder und Kommunen sollen ihre Verwaltungsleistungen bis 2022 elektronisch in einem Portal anbieten. Das sieht das Onlinezugangsgesetz vor. Bei der Umsetzung in Hessen hapert es noch, meint der Landtagsabgeordnete Bijan Kaffenberger (SPD).

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, ihre Verwaltungsleistungen – insgesamt ein Katalog von 575 Bürger- und Unternehmensleistungen – bis 2022 auch elektronisch in einem Verwaltungsportal anzubieten. Es ist gut, dass der Bund mit diesem Gesetz den Alltag der Menschen erleichtern will. Allerdings braucht es dazu auch Unterstützung seitens des Landes und nicht zuletzt den Einsatz der Kommunen.

Stand heute sieht es in Hessen leider noch nicht so rosig aus. Beim Deutschland-Index zur Digitalisierung der öffentlichen IT des Fraunhofer-Instituts von 2019 liegt Hessen nur im Mittelfeld – hinter dem Bundesschnitt. Insbesondere auf die geringe Anzahl online verfügbarer Verwaltungsleistungen und die noch mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsebenen wird in dem Bericht hingewiesen. Umso wichtiger ist daher die schnelle Umsetzung des OZG, zu der alle Ebenen einen Beitrag leisten und ihre Anstrengungen erhöhen müssen.

Was wurde in der Umsetzungsvereinbarung des OZG in Hessen vereinbart?

Im September 2019 haben die zuständigen Mitglieder der Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände eine Umsetzungsvereinbarung des OZG in Hessen unterschrieben. Die „OZG Hessen Kommunal“ bildet nunmehr die Grundlage für die weitere Zusammenarbeit im Bereich der Umsetzung auf kommunaler Ebene.

Doch Papier ist bekanntlich geduldig. Daran ändert auch die vielerorts eingeführte E-Akte nur wenig. Es stellt sich nämlich die Frage, ob alle im OZG definierten Leistungen bis Ende 2022 auch tatsächlich online verfügbar sind. Die Kommunalverwaltungen sind besonders nah an den Menschen und daher ist ein Großteil der Verwaltungsleistungen bei den Städten und Gemeinden angesiedelt.

Seitens des Landes werden das Servicekonto Hessen, der Hessenfinder sowie das Online-Gateway als technische Schnittstelle zum Portalverbund zur Verfügung gestellt. Zusätzlich sollen über die Antragsmanagementplattform civento des kommunalen IT-Dienstleisters e-kom21 bestimmte kommunale Verfahren und alle im OZG definierten Leistungen bereitgestellt werden.

Kommunen sollten Eigenmittel einplanen

Der Start des Betriebs von civento ist Ende April 2020 erfolgt, und das hessenweite Rollout im Anschluss geplant. Das Land übernimmt die Kosten für civento zunächst bis Ende 2023. Dennoch sollten Kommunen auch in Zeiten enger Haushalte eigene Mittel für die Digitalisierung einplanen.

Für den Aufbau, Betrieb und Support sowie das Personal im kommunalen Kompetenzzentrum Digitalisierung erhält die ekom21 knapp 14 Millionen Euro. Darüber hinaus stehen ca. drei Millionen Euro Fördermittel für eine modulare Digitalisierungsberatung der Kommunen durch die ekom21 und für Projekte in den OZG-Modellkommunen bereit. Die Bereitstellung der Plattform civento ist der erste Schritt. Hier sind ausschließlich das Land und die ekom21 verantwortlich.

Was kommt jetzt auf die kommunale Familie zu?

In diesem Jahr wird die ekom21 in neun Themenfeldern Kick-off-Events für die kommunalen Digitalisierungsfabriken durchführen, bei denen in Abstimmung mit kommunalen Spitzenverbänden auch Expertise aus den örtlichen Verwaltungen teilnehmen sollen, um die praxisnahe Ausgestaltung der Prozesse sicherzustellen. Besonders zur Anbindung aller Leistungen an die bestehenden digitalen Fachverfahren ist es wichtig, dass die Kommunen ihre jeweiligen Fachexpertinnen und Fachexperten auch tatsächlich zu den Veranstaltungen schicken.

Anschließend setzen die internen Kompetenz-Teams der ekom21 die in den Kick-offs definierten Anforderungen um. Nach nur einer Woche soll der Prototyp eines Prozesses und das passende Antragsformular erstellt sein. Die Zeit drängt, denn es sollen mindestens drei Prozesse wöchentlich umgesetzt werden, um das Zeitfenster einhalten zu können.

Sobald alle Verwaltungsleistungen in civento angelegt sind, müssen Kommunen nach den Angaben von ekom21 zur Einbindung nur noch die entsprechenden Links auf ihre Homepage stellen.

Verwaltungsinterne Prozesse optimieren

Zwar muss laut OZG nur die digitale Beantragung möglich sein, jedoch können Synergien durch die Digitalisierung nur ausgeschöpft werden, wenn auch die verwaltungsinternen Prozesse digital werden und Vorgänge medienbruchfrei bearbeitet werden können. Dazu müssen alle Kommunen selbst ihre verwaltungsinternen Prozesse optimieren und überarbeiten.

Möchten Kommunen nicht den Standardprozess verwenden, müssen sie entweder civento-Prozessdesigner einstellen, ausbilden oder die ekom21 bzw. andere entsprechend zertifizierte Unternehmen beauftragen, um individuelle Lösungen zu implementierten. Auch dazu können die Fördermittel der Digitalisierungsberatung verwendet werden. Oft finden sich aber auch in Nachbarkommunen bereits gute Beispiele. Aus diesem Grund sollte das Thema OZG-Umsetzung, sofern dies nicht ohnehin schon geschieht, regelmäßig auch auf Landkreisebene besprochen werden.

Modellkommunen gesucht

Verantwortliche in den Kommunen, die es kaum erwarten können die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben oder die bereits wesentliche Schritte gemacht haben, sollten sich zudem bis zum Sommer überlegen, ob sie eine der mit bis zu 100.000 Euro geförderten Modellkommunen werden wollen. Von den Erfahrungen profitieren dann wiederum das Land, die Kompetenz-Teams der ekom21 und alle anderen hessischen Kommunen.

Es wird also deutlich, die schnellstmögliche und gute Umsetzung des OZG in Hessen gelingt nur mit gemeinsamen Anstrengungen aller Kommunen und einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen.

 

Bijan Kaffenberger ist Mitglied im Ausschuss für Digitales und Datenschutz des Hessischen Landtags.

Dieser Text wurde zuerst im Landes-SGK Hessen der DEMO veröffentlicht und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Hessen.