E-Government kommt nicht voran

Laut einer Umfrage sind viele Bürger mit den Online-Angeboten der deutschen Behörden unzufrieden. Das betrifft auch die E-Government-Angebote vieler Kommunen. Für die Verwaltungen ist noch Luft nach oben.
von Till Rasch · 18. April 2016
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Der „eGovernment Monitor 2015” der Initiative D21 brachte es an den Tag: Während in Vergleichsländern ein kontinuierlicher Anstieg der E-Government-Nutzer auf bis zu 75 Prozent zu verzeichnen ist, bewegen sich die Zahlen in Deutschland nur um die 40-Prozent-Marke. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich im Jahr 2015 sogar ein Rückgang um sechs Prozentpunkte auf 39 Prozent.

Hürden für E-Government-Nutzung

Die mangelnde Bekanntheit vieler Online-Angebote ist nach Einschätzung der Befragten die wichtigste Hürde für eine intensivere E-Government-Nutzung. Zudem werden die Internetseiten der Verwaltungen von 54 Prozent der Befragten als unübersichtlich und schlecht strukturiert bewertet. Auch die Rückmeldungen zur Zufriedenheit mit verschiedenen Merkmalen von Online-Bürgerdiensten der eigenen Stadt oder Kommune fallen in Deutschland eher schlecht aus. Vor allem bei den Aspekten Bequemlichkeit, Schnelligkeit der Bearbeitung und vollständige Online-Abwicklung sind die Befragten in Deutschland bezogen auf das Online-Angebot an ihrem Wohnort besonders unzufrieden.

Als zweitwichtigste Hürde für die E-Government-Nutzung wird die mangelnde Durchgängigkeit von elektronischen Bürgerdiensten gesehen. Der Vorteil der E-Government Angebote gegenüber der herkömmlichen Abwicklung ist oft einfach zu gering. Besonders deutlich wird dies, wenn bei der am häufigsten genutzten Anwendung, der elektronischen Steuererklärung, in den meisten Fällen weiterhin Papierbelege per Briefpost den elektronischen Daten hinterher gesendet werden müssen.

E-Government als Marke stärken

Professor Helmut Krcmar vom „Institute for Public Information Management” (ipima) an der Technischen Universität München fasst zusammen: „E-Government muss in Deutschland als positiv besetzte Marke gestärkt werden. Dazu gehört natürlich auch der Ausbau von Online-Angeboten, die einen echten Vorteil bieten. Die Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteuren des E-Government ist wichtig, um die herrschende Unsicherheit und Skepsis hinsichtlich des Online-Angebots der Verwaltung in eine positive Erwartungshaltung zu wenden.“ Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21, fügt hinzu: „Die öffentliche Verwaltung ist mit ihren Diensten an alltäglichen und entscheidenden Momenten im Leben der Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Damit der Staat nicht zur Bremse einer modernen Gesellschaft wird, ist die Modernisierung der Verwaltung ein erklärtes Ziel. Denn wirklich angekommen sind die online-basierten Dienstleistungen bei den Adressaten in Deutschland noch nicht.

Deutschland nur Elfter

Zu ähnlichen Aussagen kommen auch andere: Im Oktober 2015 vermeldete der Digitalverband Bitkom: „Die Nutzung von E-Government kommt in Deutschland nur langsam voran“ und verweist auf Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat. Demnach nutzt nur gut die Hälfte der Bundesbürger (53 Prozent) das Internet zur Interaktion mit Behörden, etwa um Auskünfte einzuholen oder Formulare herunterzuladen. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich nach wie vor nur im Mittelfeld, auf Rang 11 aller EU-Mitgliedsländer. Spitzenreiter ist Dänemark, wo 84 Prozent der Bürger E-Government-Angebote nutzen. „Mithilfe des Internet können Behördengänge in vielen Fällen deutlich unkomplizierter und schneller erledigt werden als mit einem persönlichen Erscheinen auf dem Amt“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Hier verschenken sowohl Bürger als auch Verwaltungen wertvolle Möglichkeiten.“

Warum aber nutzen Bürger, die online Bücher kaufen, Urlaube buchen oder ihre Wohnung tauschen, kaum E-Government-Lösungen? Bitkom-Chef Rohleder hat unter anderem ein Informationsdefizit ausgemacht:  „Hier muss noch stärker als bislang aufgeklärt werden“, fordert er. Zudem würden die Möglichkeiten des E-Government noch nicht konsequent realisiert. Und selbst dort, wo Online-Angebote gemacht werden, seien sie oftmals nicht nutzerfreundlich.

Viele Inseln – einsame Leuchttürme

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) stellt fest: „Nutzung elektronischer Verfahren völlig unzureichend!“ Im November 2015 hat das Gremium ein Gutachten veröffentlicht, das von der Fraunhofer Gesellschaft erstellt wurde. Johannes Ludewig, Vorsitzender des Normenkontrollrats, stellt dazu fest: „Wir haben in Deutschland eine heterogene und zerklüftete IT- und E-Government-Landschaft mit vielen Insellösungen und einsamen Leuchttürmen.”

Auch die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) stellt Deutschland in ihrem aktuellen Jahresgutachten, welches im Februar 2016 der Bundesregierung vorgestellt wurde, kein gutes Zeugnis aus, was die Digitalisierung betrifft. Neben dem Mittelstand ernten auch Politik und Verwaltung massiv Kritik. Das Internet mache sich in vielen Lebensbereichen nicht direkt als neue Technologie, sondern vielmehr als Grundlage für neue digitale Geschäftsmodelle bemerkbar, schreibt die Expertenkommission. Software- und internetbasierte Technologien wie „Cloud Computing“ und „Big Data“ ermöglichten Innovationen mit weitreichenden Folgen. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft würden durch diese Entwicklung vor große Herausforderungen gestellt.

Die Expertenkommission kritisiert darüber hinaus, dass „die deutsche Politik derzeit insgesamt zu sehr auf Anpassung und Verteidigung etablierter deutscher Stärken ausgerichtet ist“. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Digitalisierung würden nicht ausreichend berücksichtigt. Zum Thema E-Government in Deutschland heißt es lapidar: Es ist viel Luft nach oben.

 

Weitere Informationen
www.egovernment-monitor.de/
www.bitkom.org
www.normenkontrollrat.bund.de
www.e-fi.de/

Autor*in
Till Rasch

schreibt regelmäßig für kommunalpolitische Fachpublikationen

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