Projekt KidS

Wie Schüler*innen Kommunalpolitik hautnah erleben

Petra Kappe27. März 2023
Mit dem KidS-Projekt lernen Schüler*innen den Alltag von Kommunalpolitiker*innen kennen.
Eine Idee macht Schule: In vielen Städten laden die Ratsfraktionen junge Leute zu kommunalpolitischen Schnupperkursen ein. Fraktionsarbeit, Ausschüsse, Wahlkreistermine und Ratssitzungen: wo immer ein Ratsmitglied zu tun hat, begleitet es eine Schülerin oder ein Schüler. KidS steht für „Kommunalpolitik in der Schule“ und bietet die Möglichkeit, das politische Wirken in der eigenen Stadt hautnah zu erleben.

Von Aachen bis Kreuztal, von Eschweiler bis Düren, Lengerich und Ennepetal, Bad Laasphe und Olpe liegen inzwischen praktische Erfahrungen mit dem Projekt vor, das seinen Ursprung in Osnabrück hat. Dort ist KidS seit mehr als 20 Jahren gelebte Praxis, und mehr als 1.500 Jugendliche haben seither das Angebot genutzt, den Kommunalpolitiker*innen in ihrer Stadt über die Schulter zu schauen.

Gemeinsam durch den kommunalpolitischen Alltag

In einigen Details unterscheidet sich das Konzept von Stadt zu Stadt; mal sind es vier Wochen, mal sechs oder acht. Hier sind es die Jahrgangsstufen 9 und 10, die teilnehmen können, dort alle Interessierten ab zwölf Jahren. Im Kern aber sind die Bedingungen die gleichen. Jeweils ein Ratsmitglied und ein Schüler werden per Los zusammengeführt und gehen gemeinsam durch die anstehenden Aufgaben der kommunalpolitischen Tätigkeit. Nach halber Strecke wechseln die Tandems, um auch verschiedene Fraktionen kennenzulernen und mögliche Befürchtungen der Eltern auszuräumen, ihre Kinder könnten parteipolitisch beeinflusst werden.

In der Umsetzung tauchen Fragen nach dem Umgang mit nichtöffentlichen Vorlagen, dem Versicherungsschutz und – ganz praktisch – der Mobilität auf. Viele Termine liegen in den Abendstunden, wenn der öffentliche Nahverkehr ausgedünnt ist. Doch diese Probleme lassen sich lösen: etwa mit Fahrgemeinschaften oder einer Verschwiegenheitserklärung, die sicherstellt, dass Vertrauliches auch vertraulich bleibt. Häufig kommt es zu terminlichen Kollisionen mit den Hobbys der Schüler*innen, und sie erfahren hautnah, dass das kommunale Ehrenamt in der Freizeit nach dem Feierabend stattfindet.

Die kommunale Ebene fehlt im Unterricht häufig

Die Effekte sind vielfältig. Ziel des Projekts ist es, junge Menschen für die lokale Politik zu interessieren. Zugleich bewirkt es, die Kommunalpolitik als Unterrichtsthema zu verankern. Die steht – anders als die „große Politik“ – in vielen Schulen überhaupt nicht auf dem Stundenplan. Die teilnehmenden Ratsmitglieder sind gefordert, ihre Entscheidungen neu zu reflektieren und die Zusammenhänge offen und verständlich zu erklären. Die Schülerinnen und Schüler belassen es nicht dabei, den Ratsmitgliedern über die Schulter zu schauen, sondern bringen Kritik, eigene Ideen und Vorschläge ein.

Mia, die 2019 in Ennepetal am KidS-Projekt teilgenommen hat, setzte sich vor der letzten Fraktionssitzung mit ihren Mitschülerinnen zusammen und trug den Ratsmitgliedern eine lange Liste an wünschenswerten Initiativen vor. Mehr Angebote für Jugendliche standen obenan, mehr Treffpunkte und mehr Teilhabe. Inzwischen sind in ihrer Stadt konkrete Pläne für einen Sportpark gereift – unter Beteiligung der künftigen Nutzer*innen. Die Verwirklichung setzt natürlich entsprechende finanzielle Möglichkeiten voraus. Nicht alle Wünsche sind machbar. Auch das haben die Jugendlichen in der Praxis gelernt.

„Rückmeldungen rundum positiv”

Janine Schulze

„Wir möchten das Projekt auf jeden Fall fortsetzen“, sagt Janine Schulze. Sie ist Juso-Vorsitzende in Ennepetal und hat die erste KidS-Runde in ihrer Stadt initiiert. „Die Rückmeldungen aller Beteiligten waren rundum positiv“, sagt sie über die Evaluation, die zum Abschluss stattgefunden hat. Die Schülerinnen erklärten sich bereit, in dem Projektteam mitzuarbeiten, das bei der Stadtverwaltung die Organisation regelt. Allerdings hat die Corona-Pandemie den weiteren Prozess ins Stocken gebracht. „Wir arbeiten an dem Neustart“, sagt Janine Schulze.

Insgesamt fördert das Projekt das Interesse an der Politik in der eigenen Stadt. Es schafft mehr Transparenz, vertieft das Verständnis für die kommunale Selbstverwaltung, demokratische Strukturen und Prozesse. Im Idealfall stärkt es die Motivation zum eigenen Mitmachen und gibt den Anstoß für Kinder- und Jugendparlamente, die permanent an der Kommunalpolitik mitwirken. Und vielleicht gehen daraus auch die Ratsmitglieder von Morgen hervor. Für Mia jedenfalls ist das eigene politische Engagement ein festes Vorhaben. Sie will als nächstes ein Praktikum im Bundestag machen.