Flüchtlingspolitik

Nach Bund-Länder-Treffen: Kommunen drängen auf weitere Schritte

Carl-Friedrich Höck07. März 2024
Bundeskanzler Olaf Scholz (mitte) mit den Ministerpräsidenten Boris Rhein (links) und Stephan Weil (rechts)
Die Regierungschef*innen von Bund und Ländern haben sich zur Migrationspolitik ausgetauscht – und sehen Deutschland mehrheitlich auf einem guten Weg. Aus den Kommunen kommt aber auch Kritik.

Die Migrationspolitik stand am Mittwoch wieder einmal auf der Agenda der Ministerpräsident*innenkonferenz. Anschließend traten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und dessen hessischer Amtskollege Boris Rhein (CDU) vor die Presse – und präsentierten sich einig und zuversichtlich.

„Wechsel in unserer Zuwanderungspolitik”

Rhein betonte, Bund und Länder hätten in den zurückliegenden Monaten viel auf den Weg gebracht. „Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir jemals so viel zusammen hinbekommen.“ Weil ergänzte: „Wenn man alles zusammennimmt, was wir uns vorgenommen haben, dann ist das ein grundsätzlicher Wechsel in unserer Zuwanderungspolitik.“

Bereits im vergangenen Jahr hatten Bund und Länder eine Reihe von migrationspolitischen Maßnahmen verabredet. Das Treffen in dieser Woche war Anlass für eine Zwischenbilanz. Der Bund habe die besprochenen Punkte umgesetzt, betonte Scholz: „Die Gesetze sind beschlossen.“ Damit seien die Rahmenbedingungen für ein besseres Management der irregulären Migration geschaffen.

Bund will Asylverfahren beschleunigen

Nach Darstellung des Bundeskanzleramtes haben Bund und Länder weitere Beschlüsse gefasst: Beim Bundesamt für Migration sollen 1.100 zusätzliche Stellen geschaffen werden, um Asylverfahren zu beschleunigen. Noch im ersten Halbjahr 2024 will der Bund eine erste Abschlagszahlung von 1,75 Milliarden Euro an die Länder und Kommunen leisten, als Beteiligung an den flüchtlingsbedingten Kosten.

Das Bundesinnenministerium prüft, ob der Schutzstatus von Geflüchteten auch in Transit- oder Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union festgestellt werden kann. Die Länder bitten die Bundesregierung, bis zum nächsten Treffen am 20. Juni Ergebnisse vorzulegen. Im Juni soll auch festgelegt werden, wann die Bezahlkarte für Asylbewerber*innen eingeführt wird und in welchem Umfang damit Bargeld abgehoben werden kann. „Wir haben das Ausschreibungsverfahren jetzt gestartet. Das wird dann beendet sein“, berichtete Boris Rhein.

Geflüchtete sollen schneller in Arbeit vermittelt werden

Ein weiteres Thema war die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. Der Bund hat für das laufende Jahr 1,2 Milliarden Euro für Erstorientierungs- und Integrationskurse sowie die Migrationsberatung für Erwachsene eingeplant. Seit Ende Februar ist zudem eine neue gesetzliche Regelung in Kraft, mit der Geflüchtete in Erstaufnahmeeinrichtungen bereits nach sechs Monaten arbeiten dürfen. Bisher galt das Arbeitsverbot neun Monate.

Länder und Kommunen sollen ebenfalls einen Beitrag zur Arbeitsmarktintegration leisten: Die Länder, indem sie im Ausland erworbene Berufsqualifikationen schneller und einfacher anerkennen, die Kommunen mit Integrationslotsen.

Kommunen fordern weitergehende Maßnahmen

Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände gehen die bisherigen Beschlüsse nicht weit genug. Schon vor dem Treffen sagte Markus Lewe, der Präsident des Deutschen Städtetages: „Uns ist wichtig, dass Asylbewerber, die den Städten zugewiesen werden, sofort arbeiten dürfen. Das ist heute noch nicht der Fall.“

Der Präsident des Deutschen Landkreistages Reinhard Sager kritisierte nach der Ministerpräsident*innenkonferenz: „Das Treffen hat erneut keinen wirklichen Fortschritt in der Migrationspolitik gebracht.“ Klar sei, „dass wir eine Größenordnung von derzeit deutlich über 300.000 Menschen im Jahr nicht bewältigen können.“ Auch sei die Forderung, dass der Bund die Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge vollständig übernimmt, noch immer unerfüllt.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erklärte in einem Statement: Es sei nicht nachzuvollziehen, „dass sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten nicht darauf verständigen konnten, dem Beispiel Hessens und weiterer Bundesländer zu folgen und verbindlich festzulegen, Asylbewerber nur bei Vorliegen einer klaren Bleibeperspektive auf die Kommunen zu verteilen. Dies hätte den Städten und Gemeinden zumindest kurzfristig eine dringend notwendige Atempause verschafft.“

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