Blog Aus den Bundesländern

Stefan Metzdorf erklärt die Sensation von Trier-Saarburg

Wolfgang Kröhler09. Dezember 2021
Stefan Metzdorf ist der erste Sozialdemokrat, der im Landkreis Trier-Saarburg das Landratsamt übernimmt.
Erstmals in der Geschichte des Landkreises Trier-Saarburg wurde ein Sozialdemokrat zum Landrat gewählt. Stefan Metzdorf siegte gegen den CDU-Amtsinhaber und tritt sein Amt im Januar an. Im Interview erzählt er, wie die Überraschung gelingen konnte.

Unter den zahlreichen Wahlerfolgen für die SPD in der jüngeren Vergangenheit sticht einer besonders hervor: Im Landkreis Trier-Saarburg wählten die Bürgerinnen und Bürger mit Stefan Metzdorf erstmals einen Sozialdemokraten ins Landratsamt. Seit Bestehen des Landkreises stellten immer Christdemokraten den Kreischef, zuletzt 16 Jahre lang Günter Schartz. In der Stichwahl im Oktober hatte er jedoch gegen Stefan Metzdorf keine Chance, dem fast Zweidrittel der Wählerschaft das Vertrauen aussprachen. Für die SPD-Landesspitze war dieses Ergebnis schlichtweg „eine Sensation“. Stefan Metzdorf wird ab dem 1. Januar 2022 das Landratsamt von seinem Vorgänger übernehmen.

Weg nicht vorgezeichnet

Dabei war der Weg in dieses Spitzenamt nicht unbedingt vorgezeichnet. „Denn ich bin eher zufällig in die Kommunalpolitik gelangt“, sagt Stefan Metzdorf im DEMO-Gespräch. Für die SPD ist er seit 2004 aktiv und wurde zwei Jahre später in den Ortsgemeinderat von Gusterath gewählt. 2009 zog er in den Verbandsgemeinderat Ruwer ein, übernahm ein Jahr später bis 2019 den Fraktionsvorsitz der SPD. Eine Legislaturperiode lang war er auch 1. Beigeordneter in seiner Heimatgemeinde Gusterath, bevor er dann 2019 hier zum Ortsbürgermeister gewählt wurde. Als 1. Beigeordneter der Verbandsgemeinde Ruwer sammelte er weiter Verwaltungserfahrung, auch im Kreistag Trier-Saarburg. „In all diesen Funktionen habe ich immer den Dialog mit den Menschen gesucht, und mein Motto dabei war stets: Zuhören. Anpacken. Umsetzen“, so umreißt Stefan Metzdorf sein kommunalpolitisches Wirken

Neben all diesen ehrenamtlichen politischen Tätigkeiten musste der Sozialdemokrat in seinem beruflichen Werdegang auch Rückschläge verkraften. Denn nach einer dualen Ausbildung als Koch und nach der erfolgreich bestandenen Prüfung musste er sich nach einem Arbeitswegeunfall mit einem Motorrad völlig neu orientieren. Er absolvierte an der Universität Trier eine Ausbildung als Datenverarbeitungskaufmann und arbeitet seit mehr als 30 Jahren als IT-Spezialist an der Universitätsbibliothek Trier für Server-Enterprise-Systeme. Darüber hinaus war er im Nebenerwerb 23 Jahre mit einer Grafikdesign Agentur unterwegs.

Aber jetzt kommt ein neuer Lebensabschnitt, ab dem nächsten Jahr ist Stefan Metzdorf Landrat in Trier-Saarburg, einem Landkreis mit etwa 150.000 Einwohnern und den sechs Verbandsgemeinden Hermeskeil, Konz, Saarburg-Kell, Schweich, ­Ruwer und Trier-Land. Nach seiner Wahl in das höchste Kreisamt führten wir mit Stefan Metzdorf nachfolgendes ­Interview:

Vor Ihrer Wahl war Günter Schartz von der CDU 16 Jahre lang Landrat, sozusagen der Platzhirsch in der Region. SPD-Generalsekretär Ruhland sprach nach Ihrem Wahlsieg von einer Sensation. Wie bewerten Sie selbst Ihren Erfolg, immerhin erhielten Sie fast Zweidrittel der abgegebenen Wählerstimmen?

Zu Beginn meiner Kandidatur haben wahrscheinlich nicht viele Menschen an einen Wahlsieg eines SPD-Kandidaten in einer seit Jahrzehnten von der CDU geführten Region geglaubt. Die Unterstützung und Geschlossenheit innerhalb der Partei sowie der bundespolitische Trend zu sozialen Themen haben mir, so denke ich, Rückenwind gegeben – und auch, dass ich mit Verena Hubertz (Anm. d. Redaktion: wurde in den neuen Bundestag gewählt) gemeinsam als Team für die SPD viele Wochen in unserem Landkreis unterwegs war. Im Laufe des Wahlkampfs konnte ich dann die Unzufriedenheit der Menschen und eine Wechselstimmung immer deutlicher spüren. So wurden wichtige gesellschaftliche Themen wie der Klimaschutz im Landkreis lange vernachlässigt oder spielten bei geplanten Großprojekten im Stil der 1970er Jahre mit Beton durch Waldgebiete erst gar keine Rolle.

Dazu kamen dann noch die Diskussionen um die Nebenverdienste des CDU-Amtsinhabers, die weit über die Region hinaus ein Echo gefunden haben. In den Gesprächen im Wahlkampf wurde immer wieder deutlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mehr Transparenz und mehr Dialog, kurzum einen anderen Führungsstil wünschen. Das alles mündete dann in ein Wahlergebnis, das in seiner Deutlichkeit wirklich sensationell ist und mich für die kommenden Aufgaben motiviert.

Auf welche Schwerpunkte setzten Sie im Wahlkampf, welchen Einfluss hatte die Diskussion um die überaus hohen Nebenverdienste des CDU-Kandidaten Schartz auf das Ergebnis?

Meine Schwerpunkte im Wahlkampf waren der Klimaschutz, Familienfreundlichkeit, sozialer Wohnraum, digitale Infrastruktur und die Gesundheitsversorgung. Ich denke, dass die Debatte um die Nebeneinkünfte ein wichtiges Thema in einer Reihe von Themen war, die in der Summe die Wechselstimmung im Landkreis befeuert haben. Sonst wäre mein Wahlsieg in dieser Deutlichkeit nicht möglich gewesen.

Wenn Sie am 1. Januar 2022 Ihr Landratsamt antreten, dann werden Sie in der Folge auch den einen oder anderen Aufsichtsratsposten übernehmen. Wie gehen Sie damit um, vor allem was die daraus resultierenden „Entlohnungen“ angeht?

Wenn man dieses Amt ordentlich ausfüllt, habe ich eine ganze Menge zu tun. Insofern möchte ich auch die ­Nebentätigkeiten auf die beschränken, die mit dem Amt direkt in Verbindung stehen, also wo man automatisch durch das Amt Mitglied ist. Und weiter nichts.

Die SPD schwimmt ja zurzeit auf einer Welle des Erfolgs. In Ihrer Region gewannen die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl das Direktmandat, Sie selbst beendeten mit Ihrer Wahl zum Landrat eine lange Durststrecke. Was glauben Sie: Hat die Sozialdemokratie zu ihren Wurzeln zurückgefunden? Wie kann man die jüngsten Erfolge nachhaltig sichern?

Die SPD hat aus Ihren Wahlniederlagen Konsequenzen gezogen, die Basis der Partei wurde bei wichtigen Themen und Personalentscheidungen eingebunden, die Partei ist jünger und weiblicher geworden. Es wurden konsequent soziale Themen wie etwa der Mindestlohn in den Vordergrund gestellt. Den Menschen sind soziale Themen und gesellschaftlicher Zusammenhalt wichtig, das zeigen alle Umfragen und nun auch die Wahlergebnisse. Das gilt ebenso bei Herausforderungen wie dem Klimaschutz. Hier steht die SPD glaubhaft für den Wandel, allerdings einen Wandel, der so sozialverträglich wie möglich gestaltet wird.

Der Weg zur Erneuerung der Sozialdemokratie war nicht leicht, insbesondere für eine Partei mit Regierungsverantwortung im Bund. Letztendlich hat uns dieser Prozess als Partei näher zusammengebracht. Die dabei gewonnene Geschlossenheit gilt es nun für die Herausforderungen der Zukunft zu nutzen und zu bewahren.

 

Dieser Artikel ist zuerst im Landes-SGK EXTRA Rheinland-Pfalz der DEMO erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Rheinland-Pfalz veröffentlicht.