Koalitionsausschuss

Was die Ampel-Beschlüsse für Kommunen bewirken

Carl-Friedrich Höck29. März 2023
Die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil (SPD), Christian Lindner (FDP) und Ricarda Lang (Grüne) – Archivaufnahme vom März 2022.
Der Koalitionsausschuss hat sich auf ein „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ geeinigt. Die Vorhaben wirken sich auch auf die Kommunen aus. Die wichtigsten Punkte

SPD, Grüne und FDP wollen „an einem neuen Deutschlandtempo“ arbeiten. Drei Tage lang haben Vertreter*innen der Ampel um gemeinsame Positionen gerungen. Am Ende kam ein 16-seitiges Papier heraus, das „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“.

Die zentralen Punkte

Die Ampel will den Ausbau des Schienennetzes vorantreiben und dazu die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Auch für Autobahnen sollen die neuen Regelungen angewandt werden können – allerdings nur in wenigen Ausnahmefällen. In das Schienennetz will die Koalition 45 Milliarden Euro bis 2027 investieren. Um an das nötige Geld zu kommen, wird unter anderem die LKW-Maut erhöht.

Beim Klimaschutz soll es künftig keine verpflichtenden Ziele für jeden einzelnen Sektor mehr geben. Stattdessen soll er zu einer Querschnittsaufgabe der gesamten Bundesregierung werden. Das heißt: Wenn der Klimaschutz beispielsweise im Verkehrsbereich zu langsam voranschreitet, kann das durch schnelle Fortschritte in anderen Bereichen wie Landwirtschaft oder Gebäudesektor wettgemacht werden.

Einig geworden sind sich die Koalitionäre auch im Streit über den Einbau von Öl- und Gasheizungen. Das Ziel, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll, bleibt bestehen. Es sollen aber „ein technologieoffener Ansatz“ verfolgt und ausreichend Übergangszeit garantiert werden.

Viel Wichtiges für Kommunen

Neben diesen Beschlüssen listet das Koalitionspapier auch eine Reihe von Vorhaben auf, welche die Arbeit in den Städten, Gemeinden und Landkreisen betrifft:

Um mehr Windkraftanlagen zu schaffen, erhalten die Kommunen einen erweiterten Handlungsspielraum. Sie sollen auch dann Flächen für Windenergie ausweisen können, wenn die regionalen Planungen in ihrem Gebiet gar keine Windflächen vorgesehen haben. In Außenbereichen wird der Bau von Windkraftanlagen auf besonders geeigneten Flächen ermöglicht („flächenspezifische Außenbereichsprivilegierung“). Mit dieser Regelung sollen zum Beispiel benachbarte Unternehmen ihren Energiebedarf selbst decken können.

Die Regierung will das Bundesimmissionsschutzgesetz novellieren, um die Genehmigungsverfahren für Industrie- und Windenergieanlagen an Land sowie Elektrolyseure für Wasserstoff zu beschleunigen. Das betrifft unter anderem das Repowering, also den Austausch alter Kraftwerke durch neuere und leistungsfähigere Anlagen. Hierfür sollen feste Genehmigungsfristen und vereinfachte Prüfverfahren beschlossen werden.

Änderungen gibt es auch beim Naturschutz. Neue Infrastrukturprojekte greifen in die Natur ein. Wer sie baut, muss deshalb einen Ausgleich schaffen. Bisher passiert das vorrangig durch Ausgleichsflächen, wo sich zum Beispiel Tiere und Pflanzen neu niederlassen können. Künftig soll es einfacher möglich sein, stattdessen einen finanziellen Beitrag zu leisten. Die Koalition begründet das damit, dass die Ausgleichsflächen bisher oft kleinteilig und unzusammenhängend seien. Mit dem Ersatzgeld könnten auch großräumige Gebiete für den Naturschutz gesichert werden. Die Neuregelung soll auch dazu beitragen, dass Infrastrukturprojekte schneller und einfacher geplant werden können. Um raumordnerisch genügend Flächen für Renaturierung und Naturschutz zu sichern – auch länderübergreifend –, will die Bundesregierung ein Flächenbedarfsgesetz auf den Weg bringen.

Um den Öffentlichen Personen-Nahverkehr zu verbessern und unterschiedliche Verkehre zu vernetzen, plant die Bundesregierung diese Maßnahmen:

  • Die Bundesregierung unterstützt den Ausbau von Terminals des Kombinierten Verkehrs.
  • Die Radverkehrsinfrastruktur wird mit einer Ausbauinitiative gefördert. Das soll auch Kommunikations- und Begleitmaßnahmen sowie den Fußverkehr umfassen.
  • Das ÖPNV-Angebot soll ausgebaut werden, besonders in suburbanen und ländlichen Räumen. Der Bund stellt dafür in den kommenden Jahren weiterhin Geld bereit.
  • Die Beschaffung von Schienenfahrzeugen für den Nahverkehr und Güterverkehr wird gefördert, wenn die Fahrzeuge mit innovativen emissionsarmen oder -freien Antrieben fahren. Gefördert wird auch die nötige Betankungs- oder Ladeinfrastruktur.
  • Ab 2030 dürfen im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe nur noch bilanziell emissionsfreie Fahrzeuge beschafft werden. Das betrifft insbesondere Nahverkehrs-Busse, dagegen sind Sonderfahrzeuge von der Regelung ausgenommen. Die bestehende Förderung für klimaneutrale Busse wird bis 2028 verlängert. Auch für Sonderfahrzeuge soll es ein Förderprogramm geben.

Mit einem „Masterplan-Ladeinfrastruktur II“ will die Ampel-Koalition die Elektromobilität vorantreiben. Dabei sollen die zuständigen Ressorts mit den Ländern, Kommunen und der Auto- und Energiewirtschaft zusammenarbeiten. Kurzfristig geplant sind unter anderem ambitioniertere Regeln für Wohn- und Gewerbegebäude. Und binnen fünf Jahren sollen Parkplätze mit öffentlichem Zugang – beispielsweise an Supermärkten oder Bahnhöfen – auch über Ladepunkte verfügen müssen.

Das Carsharing-Gesetz will die Ampel so ändern, dass die CO2-Neutralität ab 2026 zu einem Eignungskriterium für die Zulassung von Carsharing-Flotten gemacht wird. Mit dem „Sonderprogramm Flottenelektrifizierung“ wird die Umstellung kommunaler und gewerblicher Fahrzeugflotten auf CO2-neutrale Antriebe unterstützt. Die Förderrichtlinie zur Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme will die Bundesregierung fortschreiben.

Zudem beabsichtigen SPD, Grüne und FDP, das Straßenverkehrsrecht zu ändern. Länder und Kommunen sollen mehr Entscheidungsspielräume bekommen. Wenn zum Beispiel über eine Geschwindigkeitsbegrenzung entschieden wird, soll es nicht mehr allein darum gehen, dass der Verkehr flüssig und sicher fließt. Auch Klima- und Umweltschutzziele, die Gesundheit und die städtebauliche Entwicklung sollen künftig in die Entscheidungen mit einfließen. Außerdem werden Kommunen mit einem Förderprogramm bei der Implementierung nachhaltiger Mobilitätspläne unterstützt.

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