Corona-Pandemie: Beschleuniger oder Bremse?
Kaum ein Tag im vorigen Jahr, an dem Corona nicht das Nachrichtengeschehen bestimmt hat – zulasten des Klimaschutzes. Dabei hatte der zuvor so viel Aufmerksamkeit genossen, wie lange nicht. So war es 2019 vor allem „Fridays for Future“ zu verdanken, dass sich Klimaschutz als Thema verstärkt lokal festsetzte. Städte und Gemeinden, die bereits seit vielen Jahren Klimaschutzprojekte vorantreiben, bekamen zusätzlich Rückenwind: durch die globale Umweltbewegung, durch den „Green Deal“ auf EU-Ebene oder das Klimaschutzgesetz in Deutschland.
Viele Kommunen nutzten die Gelegenheit, das Querschnittsthema strategisch und personell vor Ort zu verankern: mit Klimaschutzmanagerinnen und -managern, die gezielt Aktivitäten planen, umsetzen und Erfolge nachhalten sollen. Nicht zuletzt setzten bundesweit Kommunen ein Zeichen, indem sie den Klimanotstand ausriefen. Auf Konstanz im Mai 2019 folgten bis Anfang 2020 mehr als 140 weitere Städte, Gemeinden und Landkreise.
Erschwerte Bedingungen
Die Corona-Pandemie erschwerte das Klimaschutzengagement auf kommunaler Ebene ab März 2020 deutlich. Die Gesundheitskrise bestimmte Ratssitzungen und sorgte dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen Akteurinnen und Akteuren in den digitalen Raum verlegt werden musste. Die Kommunen traf das unterschiedlich stark, je nach Stellenwert, den das Thema schon vor der Pandemie hatte.
In der Tendenz fiel es Kommunen, in denen der Klimaschutz bereits personell und organisatorisch verankert war, leichter, operativ am Thema zu bleiben. Dafür sprechen etwa das große Interesse an den Umsetzungstools für Klimanotstandsbeschlüsse, die konstant hohen Antragszahlen im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumweltministeriums sowie viele fortgeführte Projekte. Als hilfreich erwies sich, wenn Maßnahmen bereits zuvor im kommunalen Doppelhaushalt eingeplant waren.
Mittel der Nationalen Klimaschutzinitiative erhöht
Auch die Mittel der NKI wurden erhöht: Antragsberechtigte der Kommunalrichtlinie sowie der Förderaufrufe „Klimaschutz durch Radverkehr” und „Kommunale Klimaschutz-Modellprojekte“ profitieren noch bis Ende 2021 von erhöhten Förderquoten und reduzierten Eigenmittelanteilen. Für finanzschwache Kommunen ist erstmals eine Vollfinanzierung möglich, etwa für das Erstvorhaben Klimaschutzkonzepte und Klimaschutzmanagement oder eine Fokusberatung. Insbesondere im Bereich der nachhaltigen Mobilität werden 2021 noch weitere Unterstützungsangebote für Kommunen folgen.
Zwar sind die Förderbedingungen derzeit so gut wie nie, gleichzeitig steigt in den Kommunen angesichts knapper Kassen jedoch der Rechtfertigungsdruck für freiwillige Ausgaben wie den Klimaschutz. Der gesellschaftliche Rückenwind aus dem Jahr 2019 droht nach Berichten etlicher Klimaschutzmanagerinnen und -manager zu verpuffen – in kommunalen Haushaltsdebatten werden
Klimaprojekte vermehrt in Frage gestellt
Nach vorläufigen Schätzungen des Think Tanks Agora Energiewende konnte Deutschland sein Klimaziel für 2020 zwar erreichen, doch der Erfolg ist mit Vorsicht zu genießen, denn er ist zu rund zwei Dritteln auf „Corona-Effekte“ zurückzuführen. Die Wende zu einer klimaneutralen Gesellschaft ist damit noch nicht geschafft. Positiv stimmt eine Forsa-Umfrage, laut der die Mehrheit der Bundesbürgerinnen und -bürger die Klimakrise langfristig als die wichtigere Aufgabe ansieht. Die Erkenntnis, dass der Klimawandel während anderer Krisenzeiten keine Pause macht, scheint sich gesellschaftlich durchgesetzt zu haben. Darum dürfen Kommunen beim Thema Klimaschutz keinen weiteren Aufschub dulden. Die Verantwortlichen müssen es schaffen, wieder an das Jahr 2019 und den Aufwind für das Thema Klimaschutz anzuknüpfen.
Dieser Text ist in der DEMO 01-02/2021 erschienen.