Brandschutz

Feuerwehren suchen dringend Nachwuchs

Petra Kappe04. September 2023
Die SPD-Landtagsabgeordnete Ina Blumenthal informiert sich vor Ort über die Arbeit der Feuerwehrleute.
Die Feuerwehren sind darauf angewiesen, dass genügend Menschen sich ehrenamtlich und langfristig engagieren. Wie in NRW neue Mitglieder gewonnen werden sollen.

Als die Privatisierungswelle viele Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge erfasste, sind die Feuerwehren verschont geblieben. Nur eine überbordende neoliberale Fantasie hätte die Vorstellung hervorgebracht, dass Löschen, Bergen, Retten, Schützen in der Stadt dem wirtschaftlichen Wettbewerb und Gewinnstreben überlassen werden könnten.

Dennoch stehen die Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen vor Problemen. Die resultieren aus gesellschaftlichen Entwicklungen, neuen Anforderungen und veränderten Lebensumständen. Die Landtagsabgeordnete Ina Blumenthal (SPD) besuchte auf einer Informationstour zahlreiche Standorte, um die aktuellen Herausforderungen und Lösungsansätze zu diskutieren. Sie war in Köln bei einer der größten Feuerwehren mit rund 7.000 Feuerwehrleuten, und in Mülheim, wo einer der ersten Radiosender initiiert wurde, um im Falle eines Blackouts schnell Informationen liefern zu können. Sie hat kleinere Städte wie Ennepetal und Borken aufgesucht und auch „ein besonderes ­Augenmerk auf Gemeinden gelegt, die über eine rein ehrenamtliche Feuerwehr verfügen – wie Wetter und Breckerfeld“.

Die meisten Einsatzkräfte arbeiten ehrenamtlich

In NRW beträgt das Verhältnis von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Feuerwehrleuten 15 zu 85 Prozent. Bundesweit sind sogar nur drei Prozent hauptamtlich. Christoph Schöneborn ist Landesgeschäftsführer im Verband der Feuerwehren in NRW. „Wir sind auf ein langfristiges Engagement angewiesen“, sagt er, „die Ausbildung ist aufwendig.“ Doch ein verändertes Freizeitverhalten und der Trend zu mehr Familienzeit ­erschwerten die Bindung.

Die Feuerwehren selbst versuchen durch Nachwuchsarbeit gegenzusteuern. In 393 von 396 Feuerwehren gebe es bereits eine Jugendfeuerwehr, in nahezu jeder zweiten auch eine Kinderfeuerwehr, berichtet Schöneborn. Und: „Wir brauchen mehr Frauen.“ Bei einem Anteil von zwei Prozent im Hauptamt und acht bis zehn Prozent im Ehrenamt sei „es uns noch nicht in ausreichendem Maß gelungen“, mehr Frauen zu gewinnen. „Das sind absolut verschenkte Potenziale“, aber die gesellschaftliche Denke sei noch nicht so weit „und auch in manchen ­Feuerwehrherzen müssen wir noch Überzeugungsarbeit leisten, um die historische Männerdomäne zu überwinden.“

Wertschätzung zeigen

Schöneborn spricht Möglichkeiten an, mit denen die Kommunen die Anstrengungen unterstützen können: freier Eintritt ins Schwimmbad oder auch Anerkennungsprämien. Ina Blumenthal nennt das „lokale Modelle der Wertschätzung“. Aus Respekt vor dem „immensen Aufwand des freizeitlichen Engagements“ müssten „auch finanzielle Anreize eine größere Rolle spielen“, sagt die SPD-Abgeordnete und betont zugleich, dass sie damit nicht die Bezahlung von ehrenamtlichen Kräften meine. Das Ehrenamt sei zu erhalten. „Die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren stellen oftmals die tragende Säule des Miteinanders in Städten und Dörfern dar“, ist ihre Beobachtung. „Neben dem Schutzauftrag kommt ihnen eine große Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die Stärkung demokratischer Werte und Haltungen zu.“

Über die Unterstützung der Nachwuchskampagnen hinaus regt die Abgeordnete einen Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Schulen und lokalen Feuerwehren an. Und sie hebt hervor, dass es nun auch dienstuntauglichen Menschen möglich sei, Mitglied zu werden und „bei der Betreuung der Kinderfeuerwehren, bei der Pflege der Anlagen oder als Koch oder Köchin, Fahrer oder Fahrerin unterstützend zu wirken“.

Kommunen können unterstützen

Verfügbarkeit am Tag bleibt ein Problem. Sie wird nach Einschätzung von Blumenthal weiter abnehmen, weil es mehr Auspendler gebe und die Bereitschaft von Arbeitgebern sinke, ehrenamtliche ­Feuerwehrleute ad hoc freizustellen. Dagegen bescheinigt Christoph Schöneborn den Unternehmen der freien Wirtschaft „eine stabile Bereitschaft, Mitarbeiter freizustellen“ und verortet Schwierigkeiten mit der Freistellung eher bei der „öffentlichen Hand, bei Verwaltungen von Städten und Gemeinden, Landes- und Bundesbehörden“.

Um die tatkräftige Unterstützung durch größere Firmen zu schildern, verweist er auf Beispiele in Emmerich und Kirchlengern, wo Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren kostenlos auf dem Betriebsgelände untergestellt sind. „Das verbessert uns bei der Eintreffzeit“, sagt Schöneborn. Kommunen könnten den Feuerwehrleuten ihren Dienst erleichtern, etwa mit einsatzabhängigen Ampelschaltungen, so dass auf dem Weg vom Arbeitsplatz zum Feuerwehrhaus keine unnötige Zeit verloren geht. Eine Idee, die in den Niederlanden schon Trend sei, hält Schöneborn für nachahmenswert: Feuerwehrhäuser richten Arbeitsplätze mit Schreibtisch und Internetzugang ein, sodass Mitarbeiter die Möglichkeiten zum Homeoffice vermehrt nutzen und im Alarmfall direkt zur Verfügung stehen können.

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