Politik-Nachwuchs fördern

Geschützte Lernräume

Carl-Friedrich Höck18. April 2023
Klaus Tovar, geboren 1960 in Ahlen (Westfalen), ist seit 2003 Leiter der SPD-Parteischule.
Klaus Tovar leitet seit 20 Jahren die Parteischule der SPD. Was sie leistet und was sich verändert hat, erklärt er im Gespräch.

Welches „Rüstzeug“ benötigt man zum Einstieg in die aktive Kommunalpolitik und wo bekommt man es her?

Erstens muss man Menschen mögen. Zweitens macht Politik, wer in der Öffentlichkeit für die eigene Überzeugung eintritt. Das Rüstzeug dafür lernt jede und jeder ganz praktisch im Tun. Aber natürlich kann man sich zusätzlich weiterbilden durch Lesen, Recherche oder einen Seminarbesuch.

Was genau leistet dabei die SPD-Parteischule?

Die SPD/SGK-Kommunalakademie zum Beispiel unterstützt junge Talente mit jeder Menge Faktenwissen, vermittelt die notwendigen Soft Skills und ganz nebenbei entwickelt sich ein produktives Netzwerk von Nachwuchskräften. Die Parteischule des SPD-Parteivorstands selbst ist Teil eines Netzwerks. Neben den Bildungsaktivitäten der SPD-Landesverbände und Landes-SGKen sind die 40 SPD-nahen, aber parteiunabhängigen Bildungswerke und Stiftungen sehr empfehlenswert. Sie bilden das „Netzwerk Politische Bildung“ und haben hundertfach tolle Angebote für Neueinsteiger, aber auch alte Häsinnen und Hasen.

Sie haben viel mit Nachwuchspolitikerinnen und -politikern zu tun. Gibt es politische Themen, die diese Gruppe besonders umtreiben?

In den letzten 22 Jahren habe ich mehr als 2.500 junge Talente persönlich in der SPD/SGK-Kommunalakademie kennengelernt. Sie alle treibt um, dass die Demokratie nur Zukunft durch freiwilliges Engagement hat. Natürlich gibt es immer thematische Konjunkturen. Aber die thematische Vielfalt im Engagement begeistert mich noch mehr. Mit wie viel Energie und Beharrlichkeit das Wichtige vor Ort angepackt und möglichst gelöst wird, ist einfach klasse.

Nicht alle, die sich in jungen Jahren politisch engagieren, bleiben auch dabei. Welche Hürden stehen dem dauerhaften Engagement typischerweise im Weg – und wie lassen sie sich beseitigen?

Berufsausbildung, Studium, Einstieg in das Berufsleben, Arbeitsplatzwechsel und Familiengründung – all das kann zu Brüchen im politischen Engagement führen. Kommunalpolitik braucht den steten Mix von personeller Kontinuität und Erneuerung. Die SPD muss immer und überall offen für Neue sein. Verantwortlich für eine Kultur der Offenheit und personelle Erneuerung sind die auf Zeit gewählten Spitzen in Fraktion und Partei.

Die Parteischule gibt es schon lange. Wie hat sich die Nachwuchsarbeit seitdem verändert – zum Beispiel mit Blick auf Digitalisierung oder ­Diversität?

Stimmt, die SPD-Parteischule gab es bereits 1906 bis 1914. Damals gab es sechsmonatige Vollzeit-Lehrgänge mit Rosa Luxemburg als Dozentin. Willy-Brandt hat sie 1984 wieder begründet. 2000 wurde sie ausgeweitet durch die SPD/SGK-Kommunalakademie. Wir entwickeln sie stetig thematisch, methodisch und personell weiter. Aber das Grundsätzliche bleibt: Das Trainingskonzept kombiniert erstklassiges kommunalpolitisches Fachwissen mit hochwirksamen Methodenkompetenzen und strategischer, politischer Orientierung. In den Lehrgängen ist die ganze Bandbreite politischer Überzeugungen innerhalb der SPD Teil des Konzepts. Niemand wird ideologisch eingenordet.

Natürlich: Seit 2020 ist alles digitaler geworden. Präsenzseminare haben weiterhin ihren Zauber und sind unverzichtbar. Die Teilnehmenden sind weiblicher und diverser geworden. Diversität wird in der SPD/SGK-Kommunalakademie seit dem Start gelebt – so bunt wie die Menschen auf der Straße sind unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Wir achten schon seit Jahren auf paritätische Besetzung. Wir sind stolz darauf, dass in einem Kurs in der Regel 30 Frauen und 30 Männer gemeinsam lernen.

Welche Absolventinnen und Absolventen der Parteischule kennt man heute zum Beispiel als Bundespolitikerin oder Oberbürgermeister?

Die SPD-Parteischule bietet geschützte Lernräume. Wir begleiten politische Laufbahnen zugunsten der sozialen Demokratie. Natürlich sind Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer in wichtige politische Ämter gekommen. Allein von den 192 Frauen und 228 Männern, die am Fellowshipprogramm der SPD-Führungsakademie teilgenommen haben, kennen wir mittlerweile 16 als Mitglieder der Bundesregierung, 31 aus Landesregierungen, 72 aus Partei- und Fraktionsführungen sowie 77 als Nr. 1 in ihrer Stadt oder ihrem Landkreis. Nicht, weil sie in der Parteischule waren, sondern weil sie dazugelernt und sich angestrengt haben.

parteischule.spd.de

Die SPD-Parteischule

Die SPD-Parteischule offeriert im Namen des SPD-­Parteivorstands bundesweite Bildungsprogramme rund um das politische Handwerk für Aktive, Parteiangestellte und Berufspolitiker. Sie berät in allen Fragen der Bildungs- und Personalarbeit.

Zum Angebot gehören digitale SPD-OnSeminare und ein frei zugängliches Parteischulwiki (parteischule-wiki.spd.de). Die Lehrgänge „Frauen an die Macht“ unterstützen Frauen dabei, sich in der Partei durchzusetzen. Junge Talente werden in der SPD/SGK-Kommunalakademie gefördert. Für Persönlichkeiten aus Bundestag, Landtagen und Europaparlament, Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie Parteifunktionärinnen und -funktionäre gibt es die SPD-Führungsakademie. Bundesweite betriebliche Weiterbildungsmöglichkeiten bietet das Programm „Innovation, Personalentwicklung und Qualifizierung“. Ebenfalls zum Aufgabenbereich der Parteischule gehört das Netzwerk politische Bildung, das Bildungsnetz der sozialen Demokratie (netzwerk-politische-bildung.de).

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