Vorschläge des Umweltbundesamtes

Wie klimafreundlicher Wohnungsbau funktioniert

Carl-Friedrich Höck21. Februar 2023
Holz gilt als nachhaltiger Baustoff.
Mehr bezahlbare Wohnungen bauen und gleichzeitig das Klima und die Umwelt schützen – geht das? Ja, meinen Bauministerin Klara Geywitz und Umweltministerin Steffi Lemke. Ein Papier des Umweltbundesamtes zeigt auf, wie das gelingen kann.

Wie wichtig der Gebäudesektor für den Klimaschutz ist, wird oft noch unterschätzt. Rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen hängt damit zusammen. Für Gebäude müssen enorme Ressourcen aufgewendet werden und sie verursachen mehr als die Hälfte unseres Abfallaufkommens. Darauf verwies Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), am Montag in Berlin. Also müsse man einen starken Fokus auf Stadtplanung und den Gebäudesektor legen, schlussfolgerte er. Anders könne nachhaltige Entwicklung nicht gelingen.

Empfehlungen erarbeitet

Das UBA hat gemeinsam mit der Kommission Nachhaltiges Bauen (KNBau) ein Positionspapier vorgelegt. Es zeigt Wege auf, wie sich mehr bezahlbare Wohnungen schaffen lassen, ohne der Umwelt unnötig zu schaden. Vorgestellt wurde das Papier nun von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).

„Die sozial-ökologische Transformation unserer Städte braucht einen Paradigmenwechsel“, forderte UBA-Präsident Messner. Konkret nannte er sechs Themenbereiche, die man angehen müsse – er sprach von einem „Nachhaltigkeits-Hexagon“. Die erste Ecke dieses Hexagons sei Klimaneutralität, die man bis 2045 erreichen wolle. Ziel der Bundesregierung sei es, die Treibhausgasemissionen bis zum Ende dieser Dekade um 43 Prozent zu reduzieren. „Hier geht es um Wärmepumpen, Passivhaus-Schutzstandards, Solarpanel-Pflicht auf Dächern“, erklärte Messer. Auch bei den Baustoffen müsse man umsteuern.

Flächenverbrauch ist zu hoch

Die zweite Ecke sei Zirkularität. „Die Zukunft der Kreislaufwirtschaft entscheidet sich zur Hälfte im Gebäudesektor“, so der UBA-Präsident. Drittens müsse man den Flächenverbrauch reduzieren. Aktuell werden pro Tag 54 Hektar Land neu versiegelt, was der Fläche von 76 Fußballfeldern entspricht. Die Bundesregierung will das zunächst auf 30 Hektar reduzieren und bis 2050 sogar auf Null. Deshalb plädiert das Umweltbundesamt dafür, Städte zu verdichten und bestehende Gebäude aufzustocken, statt neue Siedlungen auf der grünen Wiese zu schaffen.

Messners weitere Themen sind: mehr gesunde Baustoffe ohne Schadstoffe, auch um die Luft in den Innenräumen zu verbessern. Mehr Klimaanpassung durch Grünflächen, „blaue Infrastruktur“ (Wasser) und „Schwammstadt“-Konzepte. Und als letzter Punkt: „Die Verbindung der Gebäude, der Quartiere und der Städte mit menschlicher Lebensqualität“. Das stehe im Zentrum des Neuen Europäischen Bauhauses, einer Initiative der EU-Kommission.

Geywitz will Bauen und Klimaschutz zusammen denken

Bauministerin Geywitz schloss sich Messner im Wesentlichen an: „Bauen und Klimaschutz müssen immer zusammen und sozial gedacht werden“, sagte sie. Die anstehende große Baugesetznovelle werde viele Forderungen aus der Studie aufgreifen. Sie erinnerte auch an weitere Projekte der Ampel-Koalition: Diese will kommunale Wärmeplanungen verpflichtend machen und hat bereits ein Qualitätssiegel für nachhaltige Gebäude eingeführt. Das Siegel bewertet nicht nur, wieviel Energie das fertig gebaute Haus verbraucht, sondern nimmt den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes vom Bau bis zum Abriss in den Blick. Weil staatliche Fördermittel an dieses Siegel gekoppelt werden, könne es ein Anreiz sein, um zum Beispiel mit nachhaltigen Materialien wie Holz zu bauen, erklärte Geywitz.

Umweltministerin Lemke kommutierte: Auch den Kommunen sei nicht immer bewusst, dass nicht nur mehr Wohnraum benötigt werde, sondern sie sich auch an die Klimakrise anpassen müssten. Heiße Sommer und Dürren würden künftig häufiger auftreten. „Da brauchen wir andere Städte als die aus Asphalt, die sich über Gebühr erhitzen.“ Grünflächen, Bäume und Gewässer könnten helfen, die Kommunen im Sommer zu kühlen. Grüne Fassaden und Parks dienten auch als Wasserspeicher. Hitze und Fluten seien für die Städte und Gemeinden eine reale Bedrohung, warnte die Ministerin. Das müsse in der Bauplanung stärker berücksichtigt werden.

Parkplätze zu Hausgärten

Kommunale Maßnahmen zur Klimaanpassung von Städten werden vom Bund finanziell gefördert. Im vergangenen Jahr stellte das Bauministerium dafür 176 Millionen Euro bereit. Das Umweltministerium plant zudem ein „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“, mit dem unter anderem Stadtbäume und Renaturierungsmaßnahmen unterstützt werden sollen.

Der Leiter des Magdeburger Stadtplanungsamtes Matthias Lerm brachte – neben kompakten Bauweisen und gesundem Stadtgrün – noch eine dritte Säule der Stadtplanung ins Spiel: nachhaltige Mobilität. Diese drei dürfe man nicht gegeneinander ausspielen, betonte er. „Wenn heutige Parkplatzhöfe wieder zu Hausgärten werden, muss dies einhergehen mit passenden Mobilitätsalternativen, also einem erweiterten ÖPNV- und Sharingangebot sowie zusätzlichen Fahrradstraßen und Fußgängerflächen.“ Geywitz erinnerte daran, dass in Deutschland 1,7 Millionen Wohnungen leerstehen: „Das ist ja schon gebautes Volumen.“ Mit gut ausgebauten und attraktiven Bahnstrecken könne man diese Wohnungen nutzbar machen.

Das Papier aus dem Umweltbundesamt empfiehlt, die Musterbauordnung und die Landesbauordnungen anzupassen, um Klimaemissionen und den Rohstoffverbrauch beim Bau zu senken. Die Förderung ökologischer Baustoffe solle verbessert werden. Mindestabstände für Photovoltaikanlagen auf Dächern wollen die Expert*innen verkleinern. Zusätzlich sollen in den Landesbauordnungen erweiterte Rechtsgrundlagen geschaffen werden, um Vorsorgemaßnahmen vor Gefahren für Gesundheit und Umwelt vorschreiben zu können.

Mehr Informationen:
Das Papier „Umwelt und Klima schützen – Wohnraum schaffen – Lebensqualität verbessern” von UBA und KNBau steht als PDF auf umweltbundesamt.de kostenlos zum Download bereit.

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