Rezension

Warum Kommunalpolitik auch frustrierend sein kann

„Es dankt euch am Ende keiner“, warnt Marco Pagano. Der ehemalige Bezirksbürgermeister von Köln-Kalk hat sich aus der Kommunalpolitik zurückgezogen. In seinem Buch erklärt er, was ihn zermürbt hat – und warum er das Ehrenamt trotzdem liebt.
von Carl-Friedrich Höck · 16. Mai 2023
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15 Jahre lang war Marco Pagano in der Kölner Kommunalpolitik aktiv. Zuletzt als Bürgermeister des Stadtbezirks Kalk. Dieses Ehrenamt gab er im Jahr 2019 vorzeitig ab und zog sich aus dem politischen Leben zurück.

Was ihn zu diesem Schritt bewegt hat, erklärt der Sozialdemokrat nun in dem Buch „Kleine Helden“. Als „Liebeserklärung an Ehrenamt und Kommunalpolitik“ wird das Buch verkauft. Vor allem aber ist es ein sehr persönlicher Blick zurück, der streckenweise geprägt ist von Frust und Enttäuschung.

Hohe Erwartungen, wenig Wertschätzung

Viele Wählerinnen und Wähler pflegten eine überzogene Erwartungshaltung an Politiker, resümiert der Autor. „Es wird immer häufiger das Größte und Bestmögliche erwartet. Ohne Kompromisse“, schreibt er. Dass ein ehrenamtlich agierender Kommunalpolitiker nicht jeden Termin wahrnehmen könne, werde oft mit Unverständnis quittiert.

Pagano hat dennoch versucht, den Erwartungen gerecht zu werden. Wie viele Kommunalpolitiker musste er dafür einen hohen Preis zahlen: Familie und Freunde kamen zu kurz, selbst die berufliche Karriere musste zuweilen zurückstehen. Zugleich machte Pagano wiederholt die Erfahrung, dass sein zeitraubendes Engagement wenig wertgeschätzt wurde – selbst von denen, für deren Belange er sich eingesetzt hatte.

Nicht nur Politiker*innen sind betroffen

Nach seiner Beobachtung geht es vielen Ehrenamtlichen ähnlich. Seien es die Menschen, die sich im Technischen Hilfswerk engagieren, oder die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr. Immer wieder hat Pagano erlebt, dass ihre Arbeit als selbstverständlich wahrgenommen, ihnen teils auch Rückendeckung aus der Politik versagt wurde, wie im Buch anhand von Beispielen anschaulich beschrieben wird.

Der ehemalige Bezirksbürgermeister bereut es trotzdem nicht, in die Politik gegangen zu sein. So habe er viele Menschen kennenlernen können, die sich für ihre Nachbarschaft aufreiben, und ihre spannenden Geschichten erfahren. Zum Schluss gibt Pagano den Leserinnen und Lesern mit kommunalpolitischen Ambitionen noch einige Tipps mit auf den Weg. „Seid verbindlich und verlässlich“, „bleibt authentisch“, „baut Netzwerke auf“, ruft er ihnen zu. Aber auch: „Es gibt Grenzen.“ Drohungen und Beleidigungen solle man sich nicht gefallen lassen. Und bei allem Engagement dürfe das Privatleben nicht auf der Strecke bleiben.

All das so aufzuschreiben, erfordert Mut. Über die Zumutungen der Kommunalpolitik offen zu sprechen und auch mal über fehlende Zeit für Hobbys zu klagen, fällt vielen Aktiven schwer, auch aus Sorge um das eigene Image. Wenn das Ehrenamt in Zukunft attraktiv bleiben soll, ist jedoch eine offene Debatte über Wertschätzung und angemessene Rahmenbedingungen wichtig.

Marco Pagano
Kleine Helden.
Eine Liebeserklärung an Ehrenamt und Kommunalpolitik
Verlag J. H. W. Dietz Nachf., 2023, 176 Seiten, 18,00 Euro,
ISBN 978-3-8012-0651-2

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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