Peter Kurz ist seit 2007 Oberbürgermeister der zweitgrößten Stadt von Baden-Württemberg. Durch sein Engagement beim Städtetag ist er bundesweit bekannt. 2021 ist er zum „World Mayor“ (Weltbürgermeister) gekürt worden. Dennoch hat Kurz im November 2022 zu Verblüffung Vieler erklärt, mit 60 Jahren kein weiteres Mal kandidieren zu wollen. Die Frage an den SPD-Kandidaten Thorsten Riehle liegt nahe, ob er sich vor den großen Fußstapfen etwas fürchte, die Kurz nach zwei Amtsperioden hinterlassen werde. Der OB-Kandidat lacht. Die Frage sei ihm während des Wahlkampfs tatsächlich selten gestellt worden, sagt er.
Kandidat Riehle hat zu dieser Frage keine Standardantwort parat. Der gelernte Journalist ist seit 2014 im Gemeinderat und seit 2020 Vorsitzender seiner Fraktion. Er kennt Kommunalpolitik. Seit 30 Jahren ist der 1970 in Mannheim Geborene Mitglied der SPD. Zwischen 2010 und 2014 war er Sprecher der SPD im Bezirksbeirat Neckarstadt-West. Auf einen Wahlerfolg wegen langjähriger Partei-Tradition in Mannheim wollte er sich mit seiner Bewerbung jedenfalls nicht verlassen, wie er versichert. Riehle hat in den vergangenen Wochen einen Knochenwahlkampf mit unzähligen Terminen hingelegt: „Ich habe hunderte Gespräche geführt in allen Stadtteilen“, teilt er mit. In Mannheim leben sehr unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Jeder Stadtteil ist für sich eine Stadt, hat seine eigenen Themen und ist eine andere Art von Herausforderung, auf die er reagieren musste.
SPD-Kandidat ist Kulturgröße in Mannheim
Die Universitätsstadt mit ihren 312.000 Einwohnern ist längst nicht mehr die sprichwörtliche Arbeiter-Hochburg, als die Mannheim seit dem 19. Jahrhundert galt. Seit der Weimarer Zeit sicherten die Industrie-Beschäftigten der SPD sieben Mal den Posten des Oberbürgermeisters. Längste Durststrecke war das Nazi-Reich mit einem OB der NSDAP. Die Zeiten sind vorbei. Inzwischen hat die Industrie an Einfluss verloren. Im Gemeinderat haben die Grünen jetzt drei Sitze mehr als die SPD, die aber weiterhin vor der CDU liegt. Der OB-Kandidat der Grünen ist 59 Jahre alt und von Beruf Kinder- und Jugendpsychiater, wäre in der öffentlichen Veraltung demnach ein Neuling. Der CDU-Mann ist im Rathaus Finanzbürgermeister und hat damit sicher die meiste Verwaltungserfahrung. Allerdings gilt die Partei wegen diverser Affären in Mannheim als angeschlagen.
Riehle ist nicht allein wegen seines kommunalpolitischen Mandats mit der Stadtverwaltung verbunden. Seit 25 Jahren führt er das Capitol, das als führendes Live- und Eventhaus in der Metropolregion Rhein-Neckar betrachtet wird. Als Geschäftsführer habe er nicht nur einen Namen in der Stadt, sondern mit über 100 Capitol-Mitarbeitenden auch ausreichend Führungserfahrung, sagt Riehle. Er sieht seinen Vorteil darin, dass er sowohl eine Innen- als auch eine Außensicht auf die Stadtverwaltung habe. Als Außenstehender sei er nicht in den bestehenden Verwaltungsstrukturen verfangen wie sein Gegenkandidat aus der Riege der Bürgermeister.
Lokale Themen bleiben im Vordergrund
Themen im Wahlkampf hatte der SPD-Mann genügend. Viele lieferten ihm die Bundespolitik. „Ich wurde auf das Heizungsgesetz und die Flüchtlingspolitik angesprochen. Aber die lokalen Themen blieben immer im Vordergrund“, sagt er. Mannheim kämpft wie jede Großstadt gegen den Verkehr, den Klimawandel und um sehr viel mehr Kita-Plätze. Und das bei einer Haushaltslage, die immer mehr Sorgen bereit. Letztlich komme es bei Sonntag zu einer Persönlichkeitswahl, ist Riehle überzeugt. Die Frage, ob er einen zweiten Wahlgang erwarte, beantwortet er so: Wahlwiederholung wäre am 9. Juli. „Für den Tag habe ich Karten für Depeche Mode. Zu dem Konzert würde ich mit meinem Mann sehr gerne hingehen.“
