In Rheinhessen locken Weinkultur und Wanderwege

Mehr als 3.500 Winzer arbeiten in Deutschlands größtem Anbaugebiet Rheinhessen. Sie sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor – und locken Touristen an.
von Irmela Heß · 25. Juli 2019
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Wer das Kapitel „Tourismus/Weinerlebnis“ auf der Homepage der Stadt Mainz anklickt, erhält 236 Ergebnisse. Die Auswahl an Veranstaltungen mit und über Wein ist nahezu unüberschaubar: Weinsalon und Weinmarathon, Weinprobiertage und Weinführungen, Weinexpress für Studierende, Weinbörse, Weinmarkt, dazu Weinstuben und Weinfeste – und nicht zuletzt das Mainzer Marktfrühstück, das sich parallel zum samstäglichen Markttreiben im Schatten des Domes zum Treffpunkt für Tausende Schoppen- und Schorleliebhaber entwickelt hat.

An allen Ecken und Enden spüren Einheimische und Fremde: Mainz ist nicht nur Gutenbergstadt, sondern auch Weinhauptstadt. Und das offiziell: Seit 2008 gehört die Stadt gemeinsam mit dem Anbaugebiet Rheinhessen zu den Great Wine Capitals, einem weltweiten Netzwerk zehn bedeutender Weinmetropolen, die international bekannte und renommierte Weinregionen vertreten.

912 Millionen Euro Bruttoumsatz

Mit 26.500 Hektar Rebfläche ist Rheinhessen Deutschlands größtes Wein­anbaugebiet: Zwischen Bingen, Mainz  und Worms gibt es mehr als 3.500 Winzerbetriebe. Seit rund 2.000 Jahren wird hier Wein angebaut, aber erst seit rund zwei Jahrzehnten wird intensiv über seine Vermarktung im Tourismussektor nachgedacht. Während Mainz auch mit steinernen Zeugen der Römerzeit, mit Original-Gutenberg-Bibeln, als Wissenschafts- und Sportstadt punkten kann, hat Rheinhessen neben Weinen Kulturlandschaft und Natur zu bieten – zum Wandern und Radfahren. Die Gästezahlen steigen seit Jahren an. Wurden 2009 noch 1,3 Millionen Übernachtungen in Rheinhessen gezählt, waren es 2017 knapp 1,7 Millionen.

Der jährliche Bruttoumsatz im Tourismus liegt bei rund 912 Millionen Euro, meldet die Rheinhessen-Touristik GmbH. Laut Landesstatistik bindet die Branche rund 13.500 Arbeitsplätze und sichert weitere 6.500 indirekt ab. Denn schließlich brauchen die Winzer neben Arbeitskräften auch Traktoren und Maschinen für die Arbeit im Weinberg sowie unter anderem Pumpen, Tanks, Filter, Flaschen, Verschlüsse und Kartons aus der Zulieferindustrie.

Wein ist „in”

Im Gegensatz zu früher gilt der Wein heute auch bei jungen Leuten als „in“. Viele Weingüter in Mainz und Rheinhessen wurden von einer jungen Generation übernommen, die ihre Weine kreativ mit modernen Namen und Etiketten vermarktet. Und das nicht nur in Straußwirtschaften und Vinotheken vor Ort: 20 Prozent der rheinhessischen Weine werden in alle Teile Deutschlands verschickt. „Der Wein, der originär zur Identität und zur Kultur der Landeshauptstadt beiträgt, wird heute wieder stark als Markenzeichen wahrgenommen“, bestätigt der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). „Die weintouristischen Erlebnisangebote, die Innovationskraft und Dynamik der Winzerinnen und Winzer sowie die Gastfreundlichkeit der Menschen führen dazu, dass zusätzliche Gäste kommen und länger bleiben.“

Viele neuen Veranstaltungsformate mit und über Wein sind den „Mainzer Winzern“ zu verdanken: Im Jahr 2004 wurde der Verein offiziell mit 25 Mitgliedern gegründet, nachdem mehrere engagierte Winzer als Interessengemeinschaft bereits fünf Jahre lang das städtische Leben mit Weinkultur bereichert hatten. Sie waren es auch, die etwa das erste Marktfrühstück veranstalteten – unter dem Mainzer Motto: „Weck, Worscht und Woi“.

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