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Städte fordern von Bund und Ländern Milliardenprogramm für Sportstätten

Die Kommunen kommen bei der Sanierung von Sportstätten nicht mehr hinterher. Der Städtetag fordert Bund und Länder jetzt auf, eine Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen – pro Jahr. Auch die Ampel-Koalition will die Mittel aufstocken.
von Carl-Friedrich Höck · 1. Februar 2022
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„Sport ist ein wesentlicher Kitt, um unsere Gesellschaft zusammenzuhalten“, meint Leipzigs OB Burkhard Jung, der Präsident des Deutschen Städtetages. Sport tue gut, sorge für Lebensqualität und stärke den Zusammenhalt.

Doch bei der Infrastruktur liegt einiges im Argen. „Es gibt einen erheblichen Sanierungsbedarf“, berichtet Jung. Ein großer Teil der Sportstätten stamme aus den 1960er und 1970er Jahren und entspreche nicht mehr den heutigen Standards. Der Städtetag geht davon aus, dass der Investitionsrückstand bei kommunalen Sportstätten bereits auf 20 Milliarden Euro angewachsen ist. Dazu kämen Bedarfe von 11 Milliarden Euro bei den Vereinssportstätten.

Zwei Drittel der Sportstätten sind kommunal

Aus eigener Kraft kommen die Kommunen mit dem Sanieren nicht mehr hinterher. Jung fordert deshalb „dringend ein langfristig angelegtes und angemessen dimensioniertes Sportstätteninvestitionsprogramm von Bund und Ländern“. Das Volumen solle eine Milliarde Euro im Jahr betragen. Das Geld wollen die Städte sowohl für Sanierung als auch für Neubau verwenden können.

Derzeit bringen die Kommunen nach Angaben des Städtetages rund 80 Prozent aller öffentlichen Gesamtausgaben im Sport auf. Gut zwei Drittel aller Sportstätten befinden sich in kommunaler Trägerschaft. Sport gilt allerdings nicht als Pflichtaufgabe. Wenn in einer Kommune das Geld knapp wird, werde an dieser Stelle gerne mal eingespart, räumt Jung ein.

Das bestätigt auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). „Statt wirklich zu modernisieren, wird aufgrund finanzieller Engpässe nur Flickschusterei betrieben“, kritisiert der Verband auf DEMO-Anfrage. Unzählige Sport- und Turnhallen seien so marode, dass sie gesperrt werden müssten. Dasselbe gelte für Sportplätze und Funktionsgebäude. „Dabei fangen die Ehrenamtlichen in den Vereinen mit Arbeiten in ihrer Freizeit schon unfassbar viel auf. Aber allein mit Engagement lassen sich die Investitionslücken nicht schließen.“ Unterstützung von Bund und Ländern werde dringend benötigt, so der DOSB.

Schwimmbadmangel mit Folgen

Die Spitze des Eisberges seien die Schwimmbäder, erklärt der Verband. Der Bedarf an funktionsfähigen Bädern sei bundesweit sehr groß. Schulen und Vereine konkurrierten um die knappen Beckenzeiten. Ohne die Bäder könne keine adäquate Schwimmausbildung erfolgen, immer mehr Menschen blieben Nichtschwimmer. „Der Investitionsstau ist damit indirekt lebensgefährdend“, zeigt sich der DOSB alarmiert.

Er geht davon aus, dass eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich nicht reichen wird. Denn EU und Bundesregierung hätten das Ziel ausgegeben, die Sportstätten bis 2045 klimaneutral zu machen. Es müsse also nicht nur in den Erhalt und die Modernisierung investiert werden, hinzu komme noch „die enorme Herausforderung der Dekarbonisierung“.

Deshalb drängt der DOSB auf „massive Investitionen von allen politischen Ebenen“. Mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund kooperiere man bereits intensiv. „Da die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag verstärkte Investitionen sowohl in kommunale aber auch in vereinseigene Sportstätten angekündigt hat, gilt es diese Kooperation weiter auszubauen.“ Finanziell gesunde Kommunen seien grundsätzlich besser in der Lage, eine gute Sportinfrastruktur bereitzustellen. Eine Entlastung beispielsweise von Altschulden sei daher ein gutes Signal. Doch nicht immer legten Stadtrat und Bürgermeister*innen ihre politischen Schwerpunkte auf den Sport. Aus Sicht der Vereine sei daher eine Zweckbindung von Mitteln, wie im Investitionspakt Sportstätten, besser als eine pauschale Förderung, betont der DOSB.

Koalitionsvertrag sieht mehr Investitionen vor

Die SPD-Sportpolitikerin Sabine Poschmann begrüßt die Forderung des Städtetages ausdrücklich. „Wir wollen und müssen die Mittel für die Sanierung und den Neubau von Sportstätten aufstocken“, so die Bundestagsabgeordnete gegenüber der DEMO. Das sei auch im Koalitionsvertrag festgehalten. „Bund und Länder stehen gemeinsam in der Verantwortung, die Kommunen bei der Schaffung von modernen, barrierefreien und nachhaltigen Sportstätten zu unterstützen. Innerhalb der Koalition gibt es bereits erste Überlegungen, wie eine Förderung ausgestaltet werden könnte.“

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es dazu: „Wir erarbeiten unter breiter Beteiligung einen ‚Entwicklungsplan Sport‘ und weiten die Offensive für Investitionen in Sportstätten von Kommunen und Vereinen unter Beachtung von Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und Inklusion aus.“ Insbesondere Schwimmbäder sollen stärker berücksichtigt werden. Investitions- und Sanierungsprogramme will die Ampel-Koalition nicht nur aufstocken, sondern auch vereinfachen.

Der vom Städtetag ins Feld geführte Investitionsrückstand von 31 Milliarden Euro wurde in einer Expertise ermittelt, die der Verband 2018 gemeinsam mit dem DOSB und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund in Auftrag gegeben hatte. In Zukunft werde eine bessere Datengrundlage benötigt, um den Bedarf genauer bestimmen und Mittel priorisieren zu können, erklärt der DOSB. „Gemeinsam mit der Sportministerkonferenz treiben wir daher den Plan zu einem digitalen Sportstättenatlas voran“. Man dürfe aber nicht erst auf Daten warten und dann investieren. Das müsse jetzt geschehen.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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