Angespannte Situation

Treffen am Donnerstag: Worum es beim Flüchtlingsgipfel geht

Kai Doering15. Februar 2023
Erstaufnahme Geflüchteter in Hannover: Bundesinnenministerin Nancy Faeser will die Kommunen weiter entlasten.
Am Donnerstag trifft sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit Vertreter*innen der Länder und Kommunen, um über den Umgang mit Geflüchteten in Deutschland zu beraten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie ist die Ausgangssituation?

Im vergangenen Jahr wurden 244.132 Asylanträge in Deutschland gestellt, gut 27 Prozent mehr als 2021. Hinzu kommen 1.057.286 Menschen, die seit Beginn des Krieges am 24. Februar 2022 aus der Ukraine eingereist sind. Für viele dieser Menschen fehlt es inzwischen an Wohnungen, Kitaplätzen und Lehrer*innen in Schulen und an Sprachkursen. Einige Kommunen schlagen deshalb Alarm und fordern weitere Unterstützung.

Wie werden die Kommunen bereits unterstützt?

Schon im Oktober hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu einem Flüchtlingsgipfel nach Berlin eingeladen und zusätzliche Immobilien des Bundes angeboten, um Geflüchtete unterzubringen. Nach Informationen des Bundesinnenministeriums wurden vom Bund seitdem Unterkünfte für rund 68.000 Menschen zur Verfügung gestellt. Die Ministerpräsident*innen-Konferenz einigte sich im November zudem mit dem Bund darauf, dass dieser für 2022 zusätzlich 1,5 Milliarden Euro für die Versorgung von Geflüchteten zur Verfügung stellt. In diesem Jahr soll es weitere 2,7 Milliarden Euro geben.

Worum geht es beim Flüchtlingsgipfel am Donnerstag?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser möchte gemeinsam mit den Ländern beraten, wie die Kommunen noch besser bei Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten unterstützt werden können. Bei einer Migrationskonferenz der SPD-Bundestagsfraktion Anfang Februar bekräftigte Faeser, dass sie die Kommunen in der angespannten Situation nicht allein lassen werde. Für Fragen der Unterbringung nimmt auch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) an dem Treffen am Donnerstag teil. „Entscheidend ist, was die Kommunen jetzt brauchen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Wiese. Gleichzeitig schraubt er die Erwartungen nach mehr Geld vom Bund zurück. „Was nicht geht, ist einfach auf den Bund zu zeigen und mehr Geld zu fordern“, sagt Wiese. „Auch die Länder tragen in dieser Situation eine große Verantwortung.“

Welche Rolle sollen Abschiebungen spielen?

Wichtig sei, dass Asylverfahren „schnell, fair und rechtssicher sind“, betont Innenministerin Faeser. Um die Verfahren zu beschleunigen, hat der Bundestag bereits ein Gesetz beschlossen, das seit Januar in Kraft ist. Es soll die Asyl-Rechtsprechung vereinheitlichen, Prozesse vereinfachen und unnötige Bürokratie abbauen. Wer kein Bleiberecht in Deutschland hat, soll schneller abgeschoben werden. Darüber hinaus hat Faeser vor einigen Wochen Joachim Stamp als Beauftragten berufen. Er soll mit anderen Staaten gezielt Migrationsabkommen aushandeln. „Unterm Strich ermöglichen wir damit mehr legale Zuwanderung und führen diejenigen zurück, die keine Bleibeperspektive in Deutschland haben“, sagt SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese.

Die Bundesregierung möchte für Betroffene des Erdbebens in der Türkei und in Syrien Visa-Verfahren vereinfachen. Verschärft das die Situation nicht zusätzlich?

Nein. Das vereinfachte Visa-Verfahren unterliegt klaren Regeln. Wer aus den Erdbebengebieten nach Deutschland kommt, darf für maximal drei Monate hierbleiben und muss Angehörige in Deutschland haben. Diese müssen die Unterbringung übernehmen und zusagen, sich auch um die Versorgung ihrer Angehörigen zu kümmern.

Dieser Artikel ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen.

Was die Kommunen vom Flüchtlingsgipfel erwarten

Die Kommunen schlagen Alarm und appellieren an Bund und Länder, sie bei der Aufnahme und Unterbringung der Geflüchteten stärker zu unterstützen. Der Deutsche Städtetag ruft die Länder dazu auf, die Kapazität ihrer Aufnahmeeinrichtungen deutlich zu erhöhen und neue zu schaffen. Auch der Bund müsse zentrale Aufnahmekapazitäten schaffen und mehr Geld für die Unterbringung und Versorgung bereitstellen, so Städtetags-Präsident Markus Lewe. Er sagt: „Es wird immer schwieriger, auch die Notunterkünfte sind vielerorts inzwischen am Limit.“

Der Deutsche Landkreistag äußert sich ähnlich. „Es fehlt an Wohnungen, an Kitaplätzen, an Lehrern für Schulen und Sprachkurse“, zählt Präsident Reinhard Sager auf. Er wünscht sich auch Unterstützung aus dem Bundeskanzleramt, weil die Innenministerin nicht für Finanzfragen zuständig sei. „Es geht schließlich auch um die Übernahme von Wohnkosten, Gesundheitskosten, Bauen und andere Themen“, so Sager. Insbesondere müsse der Bund die Wohnkosten anerkannter Geflüchteter zu 100 Prozent übernehmen. Irreguläre Zuwanderung müsse begrenzt werden und es müssten größte Anstrengungen für eine gerechtere europäische Verteilung unternommen werden.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat zum Thema ein Positionspapier veröffentlicht: „Unterbringung sicherstellen, Leistungsfähigkeit erhalten“. Download als PDF: dstgb.de. CFH

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