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Viele Städte verwenden unverständliche Sprache

Eine Software-Firma hat die Websites von 19 Städten analysiert. Das Ergebnis: 40 Prozent der Informationen seien kaum zu verstehen, die Texte seien zu kompliziert. Doch einige Städte machen es besser.
von Carl-Friedrich Höck · 17. Januar 2024
Symbolfoto zum Thema Behördendeutsch: Für Bürgerinnen und Bürger ist die Sprache der Ämter oft schwer verständlich.

Über ihre Internetseiten kommunizieren Stadtverwaltungen mit den Bürger*innen. Hier finden sie Informationen, Nachrichten und wichtige Hinweise. Doch oft sind die Texte so umständlich formuliert, dass die Nutzer*innen sie kaum verstehen können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Firma Wortliga Tools GmbH.

Sie hat die Websites von 19 Mittel- und Großstädten untersucht und 475 Online-Texte ausgewertet. Dafür setzten die Studien-Autoren eine Software ein, die analysierte, wie leicht die Texte zu verstehen sind. Das Ergebnis: 194 dieser Texte waren laut der Studie schwer verständlich – also mehr als 40 Prozent. Der Großteil der bemängelten Texte war sogar besonders kompliziert. Sie enthielten Schachtelsätze, komplexe Begriffe und Passiv-Formulierungen.

Auch höher Gebildete verstehen Behördendeutsch nicht

Welche Folgen dieses „Behördendeutsch“ haben kann, hat das Institut für Demoskopie Allensbach schon im Jahr 2008 für die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) ermittelt. In einer repräsentativen Studie gaben 86 Prozent der befragten Deutschen an, sie hätten Schwierigkeiten, Schreiben von Ämtern, Behörden, Gerichten oder Anwaltskanzleien zu verstehen. Auch die Befragten mit Abitur oder Studium bewerteten die Behördensprache als unverständlich. Zu ähnlichen Ergebnissen kam 2019 eine Umfrage des Statistischen Bundesamtes. Informationen von Behörden aus Broschüren, Gesetzestexten oder dem Internet wurden als unterdurchschnittlich verständlich bewertet.

Seit 2020 sind Kommunen verpflichtet, Informationen auch in Leichter Sprache anzubieten. Die Stadt Hamburg nutzt Künstliche Intelligenz (KI), um Mitteilungen in Leichte Sprache übersetzen zu lassen. Nach Meinung von Studienleiter Gidon Wagner von Wortliga genügt das aber nicht. „Deutsche Städte, Ämter und Behörden erfüllen mit ihren Angeboten in ‚Leichter Sprache‘ den gesetzlichen Pflichtteil. Diese Sprache aus der Behindertenhilfe eignet sich aber nicht für alle.“ Bürgerfreundliche Kommunikation bedeute, dass ein Großteil der Bevölkerung die Inhalte verstehe und gerne lese.

Wer im Ranking vorne liegt

Für die Wortliga-Studie wählten die Autoren Texte zu fünf Themenkomplexen aus: Wohnungssuche, Covid-19, Mobilität und Verkehr, Barrierefreiheit sowie Unterstützung von Familien. Sie berechneten auch einen Lesbarkeitsindex mit Werten von 0 bis 100 – 100 bedeutet die höchste Verständlichkeit. Kriterien waren zum Beispiel die durchschnittliche Satz- und Wortlänge eines Textes oder der Anteil schwer verständlicher Formulierungen (wie Passiv- und Perfekt-Konstruktionen und Substantivierungen). Im Durchschnitt kamen die städtischen Websites auf 38 Punkte. Neben dem Lesbarkeitsindex erfassten die Autoren auch das Sprachniveau der Texte, also ihre Komplexität (von B1 bis C2).

Daraus erstellten die Autoren ein Gesamtranking. Auf den vorderen Plätzen liegen die Großstädte Nürnberg, Hamburg, Köln und München. Auch kleinere Städte wie Lüneburg oder Coburg konnten mit überdurchschnittlich verständlichen Texten punkten. Dagegen landeten Esse, Fulda und Ingolstadt im Ranking auf den letzten Plätzen.

Tipps für Kommunen

Mit dem Ranking will die Wortliga Tools GmbH mehr Aufmerksamkeit auf das Thema verständliche Sprache lenken – und damit auch auf ihr Geschäftsfeld. Die Firma entwickelt und betreibt Software, mit der Unternehmen, Selbständige und Behörden ihre Texte verständlicher machen können. Sie bietet zudem Lehrgänge an.

Studienleiter Gidon Wagner gibt Tipps, wie Behörden ihre Texte verständlicher und ansprechender gestalten können: Die Sätze sollten nicht aus mehr als 9 bis 15 Wörtern bestehen. Die Schreibenden sollten kurze Wörter verwenden, die ihre Leser*innen kennen. Weitere Tipps: „Schreiben Sie aktiv und nicht passiv! Sprechen Sie Leser persönlich an! Verwenden Sie keine Abkürzungen! Nutzen Sie viele Verben und vermeiden Sie den Nominalstil!“

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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