Fachdiskussion in Berlin

Wie Wachstum und Wandel gemeistert werden können

Julian Krischan08. Oktober 2019
Diskussionsforum zur Raumentwicklung
Expertinnen und Experten aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft diskutierten auf einem Diskussionsforum zur Raumentwicklung in Berlin darüber, wie Wachstum in Kommunen fruchtbar gemacht werden kann.
Wachstumsprozesse stellen Kommunen vor unterschiedliche Herausforderungen, die situationsgerecht zu lösen sind. Darüber diskutiert wurde auf Einladung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Berlin.

Wachstumschancen, aber auch Wachstumsgrenzen stellen Städte und Gemeinden vor Herausforderungen. Wie verschieden Antworten darauf sein können, diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunen, Bundesministerien, Politik und Wissenschaft in einem Diskussionsforum zur Raumentwicklung in Berlin.

Beispiel Stuttgart

In Ballungszentren wie um Berlin, Hamburg oder Stuttgart hält der Trend zum Wachstum der Bevölkerung an. In der Region um Stuttgart hat dieses Wachstum einen Beigeschmack: Die geburtenstarken Jahrgänge der Beschäftigten am industriellen Wirtschaftsstandort werden in absehbarer Zeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Als Leitender Technischer Direktor beim Verband Region Stuttgart spricht Thomas Kiwitt von einer abzusehenden Deckungslücke von über 2.000 erwerbstätigen Beschäftigen. Diese lasse sich nur durch weitere Zuwanderung schließen.

Um für dieses Wachstum die Grundlagen zu schaffen, wird beim Verband Region Stuttgart getan, was in dessen Kompetenz steht: Der öffentliche Verkehr wird ausgebaut – die S-Bahn fährt bald auf allen Linien im Viertelstundentakt, bei den Bussen gibt es neue und bessere Verbindungen. Trotz der idealen Voraussetzungen auch in kleineren peripher, aber doch zentral gelegenen Orten bleibt ein Haken: „Die Standortpolitik der 179 Kommunen in der Region wird nicht überall den Anforderungen des Industriestandorts gerecht“, bilanziert Thomas Kiwitt.

Dabei müssen sich die Kommunen und ihre Gremien stets mit einer Vielzahl an Themen auseinandersetzen. Unter anderem mit Blick auf Strategien zur Bodenreform oder zum Abbau von CO2-Emissionen vermisst man manchmal eine klare Linie. Schwerwiegend wirkt darüber hinaus, dass nicht alle Kommunen auch ihre Wachstumschance nutzen, zusätzliches Bauland auszuweisen. „Wir brauchen hier den Werkzeugkoffer statt nur Homöopathie“, fährt Thomas Kiwitt fort. Das Zauberwort laute, sich auf eine gemeinsame regionale Entwicklung einzulassen und an einem Strang zu ziehen.

Duisburg: Sich neu erfinden

In Duisburg hat man dagegen andere Herausforderungen zu bewältigen: Die Krise der Stahlindustrie und damit verbunden der Wegfall einer großen Zahl an Arbeitsplätzen führte zu umfassenden Strukturwandlungsprozessen. Ein Schlüssel für die weitere Entwicklung ergab sich aus der Infrastruktur des Binnenhafens und der verkehrsgünstigen Lage als internationales Drehkreuz mit Anschluss an Autobahnen und den Düsseldorfer Flughafen.

Darauf aufbauend konnte sich aus einer intensiven Austauschbeziehung zwischen Duisburg und China – basierend vor allem auf einer Städtepartnerschaft mit Wuhan seit dem Jahr 1982 – eine strategisch wichtige Wirtschaftspartnerschaft entwickeln. Über 100 chinesische Unternehmen sind mittlerweile in Duisburg ansässig, die Stadt ist für diese ein wichtiger Handelsstützpunkt. Unter dem Dach der Initiative „One Belt – One Road“ – genannt auch deutsch-chinesische Seidenstraße – kommen mittlerweile bis zu über 30 Güterzüge pro Woche aus China an.

„Wichtig ist mir hier ein Kontakt auf Augenhöhe, nur so können beide Seiten profitieren“, berichtet der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Mit Blick auf den Austausch mit chinesischen Unternehmen hat der persönliche Kontakt einen hohen Stellenwert. Neben einer intensiven Betreuung durch die städtische Wirtschaftsförderung werden Herausforderungen auf Delegationsreisen thematisiert. Sören Link wird in Kürze nach China aufbrechen und dabei über den geplanten Bau eines Handelszentrums sprechen. Ein deutscher Investor wird hier mitwirken müssen, um das Projekt zu realisieren. Synergieeffekte ergeben sich darüber hinaus für den Arbeitsmarkt.

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