Anhörung im Finanzausschuss

Wachstumschancengesetz: Wie die Kommunen ihre Einnahmen retten wollen

Carl-Friedrich Höck06. November 2023
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um Unternehmen steuerlich zu entlasten. Die Kommunen bangen um ihre Einnahmen.
Die vom Bund geplanten Steuerentlastungen sollen „über neue Schulden der Kommunen finanziert werden“, kritisieren die kommunalen Spitzenverbände. In einer Stellungnahme zum Wachstumschancengesetz schlagen sie konkrete Änderungen vor.

Mit dem Wachstumschancengesetz will die Bundesregierung Unternehmen steuerlich entlasten. Bis zu sieben Milliarden Euro pro Jahr könnte die Wirtschaft dadurch einsparen. Bei den Städten und Gemeinden stoßen die Pläne aber auf Kritik. Denn ein erheblicher Teil der Steuerausfälle würde die Kommunen betreffen.

Darauf weisen auch die kommunalen Spitzenverbände in einer aktuellen Stellungnahme hin. Anlass ist eine Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages an diesem Montag. „Wir bitten den Finanzausschuss eindringlich, die durch das Wachstumschancengesetz drohenden massiven Steuerausfälle der Kommunen abzuwenden“, heißt es im Schreiben des Deutschen Städtetages, der Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB)

Es geht um mehrere Milliarden

Demnach könnten den Kommunen durch das Gesetz Einnahmen von bis zu 3,3 Milliarden Euro pro Jahr entgehen. Die Verbände weisen auf eine ohnehin angespannte Finanzlage hin. Im laufenden Jahr rechneten die Kommunen mit einem Gesamthaushaltsdefizit von 6,4 Milliarden Euro. Das liege je zur Hälfte an gestiegenen Ausgabenzwängen und an bereits beschlossenen Steuerentlastungen.

Wie die Kommunalverbände vorrechnen, führe allein das 2022 beschlossene Inflationsausgleichsgesetz bei den Kommunen zu Einnahmeausfällen von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr. Zusammen mit dem ebenfalls schon beschlossenen Jahressteuergesetz und weiteren aktuell geplanten Gesetzen könnten sich im Zeitraum 2024–2027 Mindereinnahmen von insgesamt 31 Milliarden Euro ergeben.  

Die Folge seien „massive Konsolidierungszwänge auf der kommunalen Eben“. Die kommunale Investitionstätigkeit werde gebremst, warnen die Verbände. „Klimaschutz, Wärmewende, Wohnungsbau und Ausbau von Schul- und Kitaplätzen könnten zukünftig deutlich langsamer vorankommen.“ Zudem würden die Städte und Gemeinden gezwungen, ihre Gemeindesteuern zu erhöhen.

Bund soll Steuerausfälle ersetzen

Die Spitzenverbände fordern daher „eine Kompensation der kommunalen Steuerausfälle durch den Gesetzgeber“. Dafür machen sie auch einen konkreten Vorschlag: Der Bund soll die Gewerbesteuerumlage so anpassen, dass die Mindereinnahmen der Kommunen bei der Gewerbesteuer ausgeglichen werden.

Einen anderen Vorschlag haben die Bundesländer ins Spiel gebracht. Sie regen an, die kommunalen Steuerausfälle durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer zu kompensieren. Auch das würden die Kommunen mittragen. Sie bevorzugen jedoch den Weg über die Gewerbesteuerumlage. Denn damit könnten die Steuerausfälle „mit größerer Gemeindeschärfe ausgeglichen werden“, schreiben die kommunalen Spitzenverbände. Das heißt: Das Geld würde zielgerichteter dort ankommen, wo auch die Steuerausfälle entstehen.

Kommunen wollen an Mindestgewinnbesteuerung festhalten

Kritik äußern die Verbände auch an dem Plan von Finanzminister Christian Lindner (FDP), die gewerbesteuerliche Mindestgewinnbesteuerung in den Jahren 2024 bis 2027 zu halbieren. Damit könnten Unternehmen Steuern sparen, die in einem Jahr hohe Verluste gemacht haben und sie im Folgejahr mit ihren Gewinnen verrechnen wollen (Verlustvortrag).

Einzelne Kommunen könnten durch diese Pläne in große finanzielle Schwierigkeiten geraten, warnen Städtetag, Landkreistag und DStGB. „Es werden nur sehr wenige und vorwiegend sehr große Unternehmen von dieser Maßnahmen profitieren“, schreiben sie. Entsprechend würden auch die Gewerbesteuerausfälle nur wenige Kommunen betreffen, diese dann aber sehr stark. Die kommunalen Spitzenverbände fordern deshalb, die geltende Regelung beizubehalten oder die Absenkung der Mindestgewinnbesteuerung nur auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer zu beschränken.

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