Ampel-Koalition plant „Aufbruch in der Mobilitätspolitik“
Das Wort „Mobilitätswende“ taucht im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP nicht auf. Inhaltlich beschreibt der Vertrag aber genau das: Der Verkehr soll klimafreundlicher werden. Einen „Aufbruch in der Mobilitätspolitik“ hat die Ampel-Koalition sich vorgenommen. Man wolle „eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität ermöglichen“, heißt es im Koalitionsvertrag, der am Mittwoch vorgestellt wurde.
Bahnverkehr: Mehr Investitionen, bessere Anbindung
Bisher investiert der Bund mehr Geld in Straßen als in Schienen (tagesschau.de). Das soll sich ändern, es soll sogar „erheblich mehr“ für die Schiene ausgegeben werden. Die LKW-Maut soll überarbeitet und für den Güterkraftverkehr ein CO2-Aufschlag eingeführt werden. Bedingung ist, dass es keine Doppelbelastung durch den CO2-Preis geben darf. Die Mehreinnahmen will die Koalition für Mobilität einsetzen. Der Schienen-Güterverkehr soll bis 2030 um 25 Prozent gesteigert werden. Die Verkehrsleistung im Personenverkehr will die Ampel-Koalition sogar verdoppeln. Dazu gehört auch: Es werden mehr Oberzentren an den Fernverkehr angebunden.
Die Deutsche Bahn bleibt im öffentlichen Eigentum. Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) sollen innerhalb des Konzerns zu einer gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt werden. Was dieser Bereich an Gewinnen erwirtschaftet, soll auch innerhalb der Infrastruktureinheit verbleiben.
ÖPNV: Ausfälle wegen Corona werden ersetzt
Der Koalitionsvertrag enthält ein klares Bekenntnis zum Öffentlichen Nahverkehr: „Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern.“ Für 2022 werden den Verkehrsunternehmen die pandemiebedingten Einnahme-Ausfälle ersetzt. Geplant ist darüber hinaus ein „Ausbau- und Modernisierungspakt“ von Bund, Ländern und Kommunen. Damit soll festgelegt werden, wer bis 2030 welche Finanzierungsanteile übernimmt. Auch Tarifstrukturen sollen diskutiert werden. Die Regionalisierungsmittel, mit denen der Bund sich an den Kosten für den ÖPNV und den Personen-Nahverkehr auf Schienen beteiligt, werden ab 2022 erhöht. Unklar ist noch, in welchem Umfang das geschieht. Außerdem heißt es im Vertrag: „Gemeinsam werden wir Qualitätskriterien und Standards für Angebote und Erreichbarkeit für urbane und ländliche Räume definieren.“
Die Ampel-Koalition will digitale Mobilitätsdienste, „innovative Mobilitätslösungen“ und Carsharing unterstützen. SPD, Grüne und FDP „fördern emmissionsfreie Stadtlogistik wie Ladezonen und Logistik-Hubs“, heißt es.
Die Förderung für umweltfreundliche Busse wird verlängert und „mittelstandsfreundlicher“ ausgestaltet. Um die Tariftreue im ÖPNV zu stärken, will die Koalition eine gesetzliche Grundlage schaffen, um Tarifverträge bei Ausschreibungen zur Bedingung zu machen.
Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur
Ein politischer Schwerpunkt wird die E-Mobilität. Die Koalition hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw auf die Straßen zu bringen. „Wir werden deshalb den vorauslaufenden Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur mit dem Ziel von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkten bis 2030 mit Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur ressortübergreifend beschleunigen, auf Effizienz überprüfen und entbürokratisieren“, schreiben die Koalitionäre. Dabei sollen private Investitionen mobilisiert, aber auch Kommunen „bei einer vorausschauenden Planung der Ladeinfrastruktur“ unterstützt werden. Der Masterplan Ladeinfrastruktur wird überarbeitet, dabei will man „einen Schwerpunkt auf kommunale Vernetzung der Lösungen legen“.
Mit einem Mobilitätsdatengesetz sollen Verkehrsdaten frei zugänglich werden. Verkehrsunternehmen und andere Mobilitätsanbieter werden verpflichtet, ihre Echtzeitdaten „unter fairen Bedingungen bereitzustellen“. Es soll eine „anbieterübergreifende digitale Buchung und Bezahlung“ ermöglicht werden.
Parkraumkontrolle soll digitalisiert werden
Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben. Das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung sollen aber geändert werden, sodass Klimaziele und Gesundheitsschutz stärker berücksichtig werden. Hier bleibt der Vertrag noch vage. Konkret angestrebt wird aber eine digitale Parkraumkontrolle.
Die Koalition will den Ausbau und die Modernisierung des Radwegenetzes vorantreiben, ebenso wie die Förderung kommunaler Radverkehrsinfrastruktur. „Zur Stärkung des Radverkehrs werden wir die Mittel bis 2030 absichern und die Kombination von Rad und öffentlichem Verkehr fördern“, versprechen die Ampel-Parteien. Geplant ist zudem eine nationale Strategie für den Fußverkehr.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.