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Aus Büros sollen Wohnungen werden: Bund plant Förderung ab 2025

Viele Büroflächen stehen leer. Ein Institut sieht hier Potenzial für knapp zwei Millionen Wohnungen. Bauministerin Geywitz will den Umbau finanziell fördern. Doch es gibt auch Hindernisse.

von Carl-Friedrich Höck · 19. August 2024
Fassade Bürogebäude

Die Suche nach Mietern ist seit Corona schwieriger geworden: Viele Büroflächen stehen leer.

Das Coronavirus hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Der Trend zum Homeoffice ist auch am Immobilienmarkt zu spüren. Seit Beginn der Pandemie stehen immer mehr Büroflächen leer. Deutschlandweit ist die Leerstandsquote von 3,4 Prozent im Jahr 2019 auf 4,8 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. In Metropolen wie Berlin verläuft die Entwicklung besonders rasant. Hier stehen fast eine Million Quadratmeter Bürofläche leer, mehr als dreimal so viel wie vor der Pandemie. Gleichzeitig hat sich die Wohnungsnot in vielen Großstädten weiter verschärft.

Bund fördert Umbau zu Wohnungen

Wenn es nach Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) geht, sollen künftig häufiger Gewerbeimmobilien in Wohnungen umgebaut werden. Anfang kommenden Jahres wird das neue Förderprogramm „Gewerbe zu Wohnraum“ an den Start gehen. Einen entsprechenden Medienbericht hat das Bauministerium gegenüber der DEMO bestätigt. 360 Millionen Euro will die Bundesregierung dafür 2025 ausgeben.

Weil die Förderrichtlinie derzeit konzipiert wird, kann das Ministerium noch keine Details nennen. Was Bauministerin Geywitz sich erhofft, erklärte sie im Dezember 2023 während einer von ihrem Haus veranstalten „Werkstatt“ zum Thema: Die Frage, „wie wir Gewerbeimmobilien zu Wohnungen umgestalten, ist eine ökonomische, eine architektonische und vor allem eine ökologische.“ Indem vorhandene Bausubstanz erhalten werde, könnten gegenüber einem Neubau etwa zwei Drittel der CO2-Emissionen eingespart werden, heißt es auf der Homepage des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.

Allein in den sieben größten Städten stünden etwa 1,8 Millionen Quadratmeter Bürofläche grundsätzlich für die Umwandlung in Wohnungen zur Verfügung, ist dort zu lesen. Geywitz wünsche sich „jetzt viele gute Beispiele, die zeigen, dass es geht“.

Umbau so teuer wie Neubau?

In der Bundeshauptstadt gibt es davon noch zu wenige. Das moniert der Berliner Tagesspiegel in einem Bericht und zitiert Alexander Fieback vom Immobilienanalysten Bulwiengesa. Dieser sieht viele Hindernisse. „Die Umnutzung eines normalen Bürogebäudes in Wohnen, selbst wenn das Gebäude von der Größe, der Lage und den Grundrissen einigermaßen gut geeignet ist, ist ungefähr so teuer wie ein Neubau“, sagte Fieback der Zeitung. Viele ältere Bürogebäude hätten Zellenbüros, die zum Beispiel einen zentralen Versorgungsstrang für die Wasserleitungen hätten. Wenn man hier Wohnungen reinbauen wolle, brauche man deutlich mehr Leitungen und müsse „richtig an die Substanz herangehen“.

Deutlich optimistischer äußert sich Dietmar Walberg, Geschäftsführer der „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.“ (ARGE). Diese veröffentlichte vor drei Jahren ein Kurzgutachten. Demnach könnte die Hälfte der Büro- und Verwaltungsgebäude mit mittlerem oder geringem baulichem Aufwand umgenutzt werden. Potenziell könnten so innerhalb von vier Jahren 235.000 Wohnungen geschaffen werden. Bis 2040 seien sogar 1,9 Millionen Wohnungen möglich.

Diese Aussage sei weiterhin aktuell, bestätigt Walberg auf Nachfrage. Je jünger die Gebäude seien, desto eher ließen sie sich für Wohnzwecke herrichten. Das geschehe auch, so der Experte. Dennoch betont er: „Das ist nicht die Lösung des Wohnungsproblems.“ Dazu könne die Umnutzung von Büros nur einen Teilbeitrag leisten.

Bürokratie erschwert die Umnutzung

Wer Gewerbe umgestalten will, muss sich auch mit baurechtlichen Hürden auseinandersetzen. Walberg sieht hier Optimierungsbedarf. Zum Beispiel schlägt er eine Regelung vor, dass der Bestandschutz für ein Haus in Fragen wie dem Brandschutz auch dann weiter gilt, wenn hier Wohnungen geschaffen werden. Somit müssten nicht die aktuellen Neubau-Standards eingehalten werden, sondern nur die Vorgaben, die auch beim Bau des Gebäudes schon galten.

Auch von manchen Kommunen wünscht sich Walberg mehr Entgegenkommen. Häufig müssten Bauherren unnötige Auflagen erfüllen, wenn sie bestehende Gebäude umnutzen wollen. Zum Beispiel komme es vor, dass die Baubehörde ein neues statisches Gutachten verlange, obwohl dafür kein Grund bestehe. Viele Kommunen seien aber mittlerweile auf einem guten Weg, merkt der ARGE-Geschäftsführer an. 

 

Update, 20. August 2024:

Auf DEMO-Anfrage hat sich Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), zum Thema geäußert. Der Verband vertritt auch kommunale Wohnungsunternehmen. 

Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft stehe der Umnutzung von leerstenden Bürogebäuden in Wohmraum grundsätzlich positiv gegenüber, sagte Gedaschko. „Dennoch ist es tatsächlich häufig der Fall, dass sich solche Projekte finanziell nicht rechnen.” Die hohen Kosten resultierten vor allem aus den umfangreichen baulichen Anpassungen, die erforderlich sind, um die technischen und rechtlichen Anforderungen für Wohnnutzung zu erfüllen. Hierzu zählten beispielsweise die Nachrüstung von Sanitäranlagen, Schallschutzmaßnahmen und energetische Sanierungen.

Entscheidend aus Sicht seines Verbandes sei „ein umfassendes Maßnahmenpaket, das finanzielle, rechtliche und bürokratische Erleichterungen umfasst”. Genehmigungsverfahren müssten vereinfacht und beschleunigt, baurechtliche Vorgaben flexibler ausgelegt werden. Den Kommunen rät Gedaschko, bestehende Bebauungspläne zu überprüfen und gegenenfalls so anzupassen, dass die Nutzung des Quartiers für Wohnraum erlaubt wird. Zugleich sollten sie auf Fördermittel von Bund und Ländern für den Stadtumbau zugreifen.

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Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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