Bas: „Sozialstaat soll nicht kleiner, aber klüger werden“
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will den Sozialstaat bürgerfreundlicher gestalten, schlankere Verfahren einführen und Missbrauch einschränken. Sie würdigte die Arbeit der Jobcenter in kommunaler Trägerschaft als „wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft“.
Juliane Sonntag/Photothek.net
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas würdigte in Berlin die Arbeit der kommunalen Jobcenter und versprach Reformen.
„Ich werde heute nicht das Geheimnis verraten, was im Gesetzesentwurf zum Bürgergeld steht“ – mit diesen Worten eröffnete Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas ihren Auftritt bei einer Tagung der kommunalen Jobcenter in Berlin. Trotz zahlreicher Termine in den Sozialstaatskommissionen der Bundesregierung und der SPD nahm sich die Ministerin am Montagvormittag Zeit, um mit den Vertreterinnen und Vertretern der Jobcenter vor Ort ins Gespräch zu kommen.
Bas würdigt die Arbeit der kommunalen Jobcenter
Auch wenn einige Besucherinnen und Besucher gehofft hatten, konkrete Einblicke in die geplanten Änderungen beim Bürgergeld zu erhalten, wich mögliche Enttäuschung schnell der Anerkennung: Bas stellte die besondere Bedeutung der Jobcenter in den Mittelpunkt. „Sie spielen eine entscheidende Rolle im sozialen Gefüge unseres Landes“, betonte sie. Ihre Arbeit sei für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unverzichtbar, da es um Menschen gehe, „die in ihrem Leben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen haben“.
Die Ministerin unterstrich zudem, dass die Jobcenter nicht nur einzelne Schicksale, sondern die Stabilität der gesamten sozialen Marktwirtschaft im Blick hätten. Arbeitsmarkt und Wirtschaft seien eng miteinander verflochten: „Umso wichtiger sind Sie“, wandte sich Bas direkt ans Publikum. „Sie bringen Menschen aus der Arbeitslosigkeit zurück in den Job und tragen damit massiv zum wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes bei.“
Schwierige Rahmenbedingungen
Das Lob kommt zu einer Zeit, in der die Jobcenter unter besonders schwierigen Rahmenbedingungen arbeiten: schwächelnde Konjunktur, knappe Personal- und Finanzressourcen sowie die anhaltende Aufgabe, Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Rund ein Viertel der deutschen Jobcenter wird in kommunaler Trägerschaft geführt – insgesamt 104 Landkreise und kreisfreie Städte betreuen etwa 1,5 Millionen Menschen. Die übrigen Jobcenter arbeiten in gemeinsamer Verantwortung von Bundesagentur für Arbeit und Kommunen.
Ein zentrales Thema ist aktuell der geplante Rechtskreiswechsel für Geflüchtete aus der Ukraine: Künftig sollen sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz statt Bürgergeld (SGB II) beantragen. Für die Jobcenter bedeutet das zusätzlichen Aufwand. Bas versicherte jedoch: „Wir wollen das so regeln, dass Ihnen vor Ort möglichst wenig Mehrarbeit entsteht.“ Rückabwicklungen oder Erstattungsverfahren solle es möglichst nicht geben.
Sozialstaatsreform im Blick
Darüber hinaus ging die Ministerin auf Vorhaben ein, die sich auf die Arbeit der Jobcenter direkt auswirken werden: zu den den Beratungen der Sozialstaatskommission kommen noch die Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende und die zukünftige Ausrichtung der Jobcenter. „Der Sozialstaat bleibt eine große Errungenschaft“, so Bas. Ziel sei es, ihn „einfacher, besser und bürgerfreundlicher“ zu gestalten – bei gleichbleibendem Schutzniveau. Sie wolle die soziale Sicherung nicht kleiner, sondern klüger machen: durch schlankere Verfahren, zielgenauere Leistungen und stärkere Erwerbsanreize. Wichtig sei ihr dabei auch die enge Einbindung der kommunalen Spitzenverbände in die Sozialstaatskommission. „Es war von Anfang an wichtig, die Kommunen mit ihren Erfahrungen aus der Praxis mit an Bord zu holen“, so die Ministerin.
Reformforderungen der Kommunen
Wichtige Themen aus Sicht der Jobcenter dürften insbesondere eine Harmonisierung oder Zusammenlegung von Leistungen, höhere Erwerbsanreize, digitale Vereinfachungen und die wirksame Bekämpfung von Leistungsmissbrauch sein. Auch hoffen viele auf eine Obergrenze bei den Wohnungskosten.
Der Tag der kommunalen Jobcenter wird vom Deutschen Landkreistag und vom Deutschen Städtetag ausgerichtet und findet jährlich statt.
Auch der Präsident des Deutschen Landkreistags, Achim Brötel, meldete sich am Dienstag zur Sozialsstaatsdebatte zu Wort und forderte weitreichende strukturelle Reformen. „Wir brauchen deutlich mehr Deregulierung, Vereinfachung und einen Neuzuschnitt der Sozialleistungen“, erklärte er. Ein Beispiel sei die Integration von Wohngeld und Kinderzuschlag in das Bürgergeld. Über eine solche Bündelung werde man in der Kommission sicher diskutieren. Darüber hinaus sieht Brötel Reformbedarf bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen sowie in der Pflege.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.