Beschluss des Bundestags fehlt: Ist jetzt das Deutschlandticket in Gefahr?
300 Millionen Euro muss der Bundestag noch freigeben, um das Deutschlandticket auch 2025 zu finanzieren. Der dafür nötige Beschluss galt als Formsache, nun mauern CDU und CSU. Das empört einen führenden SPD-Kommunalpolitiker.
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Deutschlandweit in Bussen und Regionalzügen fahren – das macht das Deutschlandticket möglich. Noch zumindest.
Die Union stelle den Fortbestand des Deutschlandtickets in Frage. Das kritisiert Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister von Braunschweig und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK). In einer Pressemitteilung fordert er CDU und CSU auf, ihre Blockade zu beenden. Sie schade Deutschland und den Kommunen.
Hintergrund ist ein Streit um die sogenannten Regionalisierungsmittel. Mit diesen beteiligt sich der Bund an den Kosten für den öffentlichen Nahverkehr. Damit sind sie auch wichtig für die Finanzierung des Deutschlandtickets. Bund und Länder teilen sich die Kosten.
Regionalisierungsgesetz muss geändert werden
Eigentlich hatten sich beide Seiten auch längst auf einen Modus verständigt, um das Ticket 2025 weiter zu finanzieren. Der Preis wird dann von 49 auf 58 Euro monatlich steigen. Ebenfalls vereinbart wurde, dass der Bund nicht genutzte Regionalisierungsmittel aus dem Jahr 2023 freigibt, damit sie 2025 ins Deutschlandticket investiert werden können. Doch der dafür nötige Bundestagsbeschluss ist vor dem Ampel-Aus nicht mehr zustande gekommen. Damit fehlen vorläufig rund 300 Millionen Euro.
Die rot-grüne Minderheitsregierung will nun drängende Vorhaben gemeinsam mit der Union beschließen. Doch die CDU mauert bisher. Und CSU-Chef Markus Söder forderte am Dienstag sogar, der Bund müsse die Kosten für das Deutschlandticket in Zukunft allein tragen. De facto war dies ein Frontalangriff auf das Ticket. Der bayerische Ministerpräsident erklärte: „Wenn der Bund es nicht bezahlt, dann muss es fallen.“
Was dem Öffentlichen Nahverkehr droht
Wenn das Regionalisierungsmittel-Gesetz nicht mehr zeitnah geändert werden kann, fehlt den Verkehrsunternehmen im kommenden Jahr fest eingeplantes Geld. „Die Folge wären Unwägbarkeiten bei der Finanzierung, die zum Ende des Tickets oder zu weniger Angeboten im ÖPNV vor Ort führen können“, kritisierte der Bundes-SGK-Vorsitzende Kornblum. Nutzerinnen und Nutzer würden verunsichert. Die Union nehme dies „offenbar aus wahltaktischen Gründen in Kauf“.
Die SPD-Verkehrspolitikerin Isabel Cademartori warnte vor weitreichenden Auswirkungen, wenn die 300 Millionen Euro in den Kommunen fehlen. „Sobald Verkehrsverbünde anfangen auszusteigen, ist es kein Deutschland-Ticket mehr“, sagte sie dem vorwärts.
Neuwahl könnte schnelle Lösung verhindern
Aus Cademartoris Sicht drängt die Zeit. Es gehe jetzt nicht nur darum, ein Finanzloch im Januar zu stopfen, sagte die Bundestagsabgeordnete. Im Februar sei Bundestagswahl, danach dauere es, bis die neue Regierung ins Arbeiten komme. „Demnach könnte es frühestens im Frühsommer eine Lösung für diese Thematik geben. Ich weiß nicht, ob die Länder bis dahin die Defizite ausgleichen können oder es überhaupt wollen.“
Aktuell nutzen etwa 13 Millionen Menschen das Deutschlandticket. Thorsten Kornblum wertet es als Erfolg: „Der große Zuspruch für das Ticket zeigt, die Menschen wollen das Deutschlandticket mit seinen attraktiven Konditionen und sie wollen sich auf Politik verlassen können.“
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.