BImA als Partner der Kommunen
Überflüssige Immobilien des Bundes an den Meistbietenden verkaufen – dies war bislang die Maxime der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, BImA. Davon hat sich die Behörde jedoch schon vor gut eineinhalb Jahren verabschiedet. Die von Bundeskanzler Olaf Scholz propagierte „Zeitenwende“ hatte er bereits als Finanzminister der Vorgänger-Regierung für die Bundesimmobilien eingeläutet.
Dieser Schritt war weitreichend. Denn nicht nur die bekannte sogenannte Verbilligungsrichtlinie, die den Kommunen das Erstzugriffsrecht auf zu verkaufende Bundesliegenschaften zu günstigen Konditionen zugesteht, gehört dazu. Auch die 20.000 bislang in Fremdverwaltung befindlichen Wohnungen wurden zurückgeholt – in ein innerhalb der Bundesanstalt gegründetes Wohnungsunternehmen.
Die BImA werde für die Kommunen „vom Kopf auf die Füße gestellt“, sagte Bernhard Daldrup, Sprecher der Arbeitsgruppe (AG) Kommunalpolitik der SPD-Bundestagsfraktion, in einer Online-Veranstaltung der Bundes-SGK mit dem beziehungsreichen Titel: „Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Kooperationspartner der Kommunen. Zur Liegenschaftspolitik des Bundes“.
Städte, Landkreise und Dörfer seien auf die Flächen der BImA beziehungsweise des Bundes angewiesen. Sie seien eine „maßgebliche Unterstützung für die Kommunalpolitik“, betonte Daldrup. Dies gelte für die Stadtentwicklung, aber auch sozialpolitisch. Damit die Bundesanstalt den Kommunen in Zukunft noch mehr zur Seite stehen kann, werde die Reform des BImA-Gesetzes gerade auf parlamentarischer Ebene angeschoben.
Die BImA als Akteur
Auch Isabel Cademartori, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Mannheim und stellvertretende Sprecherin der AG Kommunalpolitik, hob die sozial- und strukturpolitische Verantwortung des Bundes hervor. Immerhin sei die BImA eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands. Alleine vor diesem Hintergrund müsse die Verantwortung des Bundes immer wieder nachjustiert werden. Erklärtes politisches Ziel der Sozialdemokraten sei es deshalb, dass die BImA als Akteur am Wohnungsmarkt auftreten kann. Heißt: Die Bundesanstalt darf Kredite aufnehmen, investieren und bauen.
Das ist bislang noch nicht möglich, erläuterte dazu Christoph Krupp. Er ist Sprecher des BImA-Vorstands. Doch aufgrund seines Vorlebens als Hamburger Bezirksamtsleiter und Chef der Hamburger Senatskanzlei unter Bürgermeister Olaf Scholz kennt Krupp das kommunalpolitische Geschäft, die besondere Lage sowie die speziellen Anforderungen von Gemeinden, Landkreisen und Städten.
„Partner der Kommunen“
Das Credo der Bundesanstalt beschrieb Krupp so: „Wir sind Partner der Kommunen, aber kein kommunalpolitischer Akteur.“ Bei der BImA habe sich diesbezüglich viel geändert. Alleine die Praxis, dass jedes Grundstück, das der Bund nicht mehr benötige, zuerst den Kommunen angeboten werde, sei ein Ausdruck der geänderten Sichtweise. Nach Angaben von Krupp werden 60 Prozent der bundeseigenen Areale an die Kommunen zum sogenannten Gutachterpreis und nicht zum viel höheren Marktpreis verkauft.
Hinzu kommt, dass aufgrund der Verbilligungsrichtlinie erhebliche Preisnachlässe für die Kommunen zustande kommen. Krupp nannte konkrete Zahlen: für jede kommunalpolitische Aufgabe 350.000 Euro und für jede Sozialwohnung 25.000 Euro. Auf diese Weise lasse sich der Preis für ein Grundstück je nach geplanter Verwendung um mehrere Millionen Euro mindern. Wie die Areale gerade etwa im Fall ehemaliger Kasernen aussehen sollen, werde durch einen Konversionsprozess entschieden, an dem die BImA oftmals beteiligt sei, so Krupp.
Bildungscampus in Herford
Eines der positiven Beispiele der Neuausrichtung der Bundesanstalt ist die Gemeinde Schwanewede. Diese hatte im Juli das Gelände der ehemaligen Lützow-Kaserne gekauft – für nicht einmal eine Million Euro. Und nicht nur dort: Aus einem ehemaligen Kasernengelände in der alten Hansestadt Herford ist der Bildungscampus geworden.
Krupp unterstrich die Bedeutung in der Zusammenarbeit mit den Kommunen auch mit Verweis auf die Zusammenarbeit ab dem Jahr 2015 – damals hatte die BImA zahlreiche Immobilien zur Erstaufnahme und als Unterkünfte für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. In Zahlen sind dies laut Krupp 1.291 angebotene Grundstücke. Zum Tragen kamen letztlich 315 Grundstücke mit 67.000 Plätzen.
Neue Wohnungen
Inwieweit die Zukunft in Sachen Wohnungsbau längst begonnen hat, machte Krupp am Beispiel der neuen Gesellschaft innerhalb der BImA klar. So tritt sie aktuell wieder als Investor auf. Rund 1.000 Wohnungen seien in Bau oder schon fertiggestellt, weitere 8.000 in Vorbereitung – „in Übereinstimmung mit den Kommunen“, wie Krupp betonte. Zusammen mit dem Altbestand befinden sich noch rund 38.000 von einstmals 130.000 Wohnungen in Bundesbesitz.
Aber dies ist für Krupp zugegebenermaßen nur ein erster Schritt – wenn auch ein wichtiger. Denn es gibt viele Kommunen, in denen bundeseigene Wohnungen leer stehen. So etwa in Bonn-Tannenbusch und in Verden an der Aller. Die 28.000-Einwohner-Kreisstadt auf halbem Weg zwischen Hannover und Bremen war bis in die 1990er-Jahre Garnisonsstandort der britischen Armee. Nach dem Abzug dieser sogenannten Gaststreitkräfte gingen alle Immobilien an die BImA.
Verden: Zehn Prozent Leerstand
Das spezielle Verdener Problem: Laut Bürgermeister Lutz Brockmann gibt es noch rund 200 Wohnungen, die über die ganze Stadt verteilt sind. Davon wiederum stehen gut zehn Prozent leer. Dies macht Brockmann ziemliche Bauchschmerzen: Es gehe nicht an, dass einerseits Flüchtlinge in Sporthallen untergebracht werden müssten, andererseits Wohnungen leer stehen. „Ich hätte gerne professionelle Wohnungswirtschaft“, gab er Krupp mit auf den Weg.
Der BImA-Chef stimmte dem Verdener zu und gelobte Besserung. Er bezifferte den Leerstand auf bundesweit zwölf Prozent. Deshalb sei es das Ziel, den Leerstand abzubauen „und die Vermietung ins Rollen zu bringen“. Dass die Wohnungen in schlechtem Zustand sind, hat Krupp zufolge mit dem früheren Ziel, die Wohnungen so schnell wie möglich zu verkaufen, zu tun. Da die Verantwortlichen mit einer schnellen Abwicklung gerechnet hätten, sei die Verwaltung eben in fremde Hände gegeben worden – eine schlechte Idee. Nun seien die Wohnungen in einem schlechten Zustand, nahm Krupp kein Blatt vor den Mund. Und: Menschen haben Jahrzehnte dort gewohnt, da sei in Sachen Modernisierung nichts unternommen worden.
Torsten Kropp
Ulf Buschmann ist freier Journalist in Bremen. Für die DEMOKRATISCHE GEMEINDE ist er seit 1998 als Autor tätig.