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Bündnis macht Vorschläge um den Wohnungsbau anzukurbeln

Geringere Standards könnten dem sozialen Wohnungsbau jährlich Milliarden Euro einsparen. Davon zeigten sich die Initiatoren des Wohnungsbau-Tags am Donnerstag in Berlin überzeugt. Die Kommunen müssten aber mitziehen.

von Uwe Roth · 10. April 2025
Männer und eine Frau vor Podien

Auf einer Pressekonferenz am 10. April wurden die Forderungen des „Verbändebündnis Wohnungsbau” vorgestellt.

Initiatoren des Wohnungsbautages sind wie jedes Jahr die sieben führenden Verbände und Organisationen der Bau- und Wohnungswirtschaft, darunter der Deutsche Mieterbund, der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes oder der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Beflügelt vom neuen Koalitionsvertrag, äußerten die Interessensvertreter*innen beim 16. Wohnungsbau-Tag einmal mehr die Hoffnung, dass unter der künftigen Regierung Bauen wieder günstiger werde und der Wohnraum für Suchende bezahlbarer.  

Der alte Koalitionsvertrag ist für sie abgehakt. Nun setzen sie auf die am Mittwoch veröffentlichten Vereinbarungen zwischen SPD, CDU und CSU. Dort steht im entsprechenden Abschnitt: „Wir kurbeln den Wohnungsbau und die Eigentumsbildung durch eine Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive an.“ Zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes werde der soziale Wohnungsbau als wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung ausgebaut.

Senkung der Baupreise durch neue Regelstandards

Einen Vorschlag, wie sozialer Wohnungsbau günstiger werden könnte, liefert der 91. Bauforschungsbericht der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Wohnen und der Regio-Kontext GmbH. Die Herausgeber Dietmar Walberg und Arnt von Bodelschwingh stellten die Studie in der Pressekonferenz am Donnerstag vor. Sie stellten die Rechnung auf: Bei 100.000 neuen Sozialwohnungen im Jahr, so der Bedarf, müssten 15 Milliarden Euro an Subventionen aufgebracht werden. Nur so bliebe ein Mietpreis unter 8,50 Euro je Quadratmeter. Dass der Staat eine solche Summe jährlich aufbringe, sei unrealistisch, so die Autoren.  

Wie es günstiger geht, zeigen aus ihrer Sicht die seit September vergangenen Jahres in Schleswig-Holstein eingeführten Förderstandards. Demnach werden bei den förderfähigen Kosten nur noch die technischen und ordnungsrechtlichen Mindeststandards berücksichtigt. Das wird als Regelstandard „Erleichtertes Bauen“ bezeichnet. Wird dieser Standard auf den gesamten sozialen Wohnungsbau in Deutschland übertragen, müssten für die neuen 100.000 Sozialwohnungen nach ihrer Berechnung statt rund 15 Milliarden Euro an Subventionen nur noch 11 Milliarden Euro jährlich aufgebracht werden. Den Förderbetrag müssten sich Bund und Länder teilen. Kommunen dürften jedoch nicht dazwischen grätschen, indem sie an althergebrachten Auflagen festhielten, wie zum Beispiel Anrecht auf einen Stellplatz in einer Tiefgarage oder vor dem Haus.  

Landesbau-Ordnungen auf den Prüfstand stellen

Eine weitere Schwachstelle sieht das Wohnungsbau-Bündnis in den unterschiedlichen Landesbau-Ordnungen, die nach ihren Worten endlich auf den Prüfstand gehörten, weil sie Genehmigungen verzögerten und die Baukosten in die Höhe trieben. Vorbilder bei der Reform seien Niedersachsen und Bayern, an denen sich die übrigen Bundesländer ein Beispiel nehmen sollten, sagte Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. „Wir dürfen keinen Goldstandard mehr anbieten.“ Die in Hamburg und Schleswig-Holstein erarbeiteten Standards brächten „sehr ermutigende Einsparungen“. Diese müssten nun in die Breite gebracht werden. Dafür müsste die Zahl der Förderprogramme auf maximal zwei verringert werden, diese aber dann mit einer längeren Laufzeit.

Der neuen Regierung gab der Branchen-Gipfel eine „100-Tage-Forderung“ mit auf den Weg: Kernpunkt ist demnach eine Neubau-Offensive. Eine Nachverdichtung im Bestand schaffe zu wenig zusätzlichen Wohnraum, ist die Branche überzeugt. Nötig sei neues Bauland. Um Neubauten finanziell stemmen zu können, müsse Deutschland künftig „einfacher und damit um bis zu einem Drittel günstiger bauen“. Der Wohnungsbau müsse als Schlüsselbranche zur alten Stärke zurückfinden. Aktuell würden zwei Drittel der Unternehmen nicht mehr bauen. Die Bauwirtschaft könne zum Konjunktur-Motor werden, wenn die Voraussetzungen stimmten. In der Baupolitik sei man sehr viel autonomer und nicht so sehr von unabsehbaren Entscheidungen eines US-Präsidenten abhängig.  

Die Entwicklung der Zinsen habe man hingegen nicht im Griff, wie die Autoren der Studie betonten. Neben Baukosten, Grundstücksknappheit, technischen Anforderungen sei der vierte Stressfaktor des Wohnungsbaus der Zins. Lag dieser im Juli 2019 unter einem Prozent, war er im Januar 2024 bei knapp unter 4,5 Prozent. Hohe Zinssätze unter weiter steigende Baukosten könnten das System endgültig zum Kippen bringen. 

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Uwe Roth

ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu

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