Bund will zwei Milliarden für Ganztagsbetreuung an Grundschulen bereitstellen
„Wir wissen, dass dieses Vorhaben eine große Kraftanstrengung bedeutet für alle Länder und Kommunen“, sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) vergangene Woche im Bundestag. Die Regierungskoalition will Eltern dabei unterstützen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Nach dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz soll deshalb nun auch ein Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung im Grundschulalter eingeführt werden. Und zwar bis zum Jahr 2025, so ist es im Koalitionsvertrag vereinbart. Giffey erhofft sich davon auch mehr Chancengleichheit – die Leistung der Schüler*innen soll weniger vom Geldbeutel oder Bildungshintergrund der Eltern abhängen.
Zwei Milliarden Sondervermögen
Das kostet viel Geld. Deshalb hat die Regierung ein Ganztagsfinanzierungsgesetz auf den Weg gebracht, das am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wurde. Es sieht vor, dass der Bund ein Sondervermögen errichtet, mit dem der Ausbau von Ganztagsangeboten in den Ländern gefördert wird. Für 2020 und 2021 will die Bundesregierung jeweils eine Milliarde Euro bereitstellen.
Die Familienministerin spricht von einem „ersten Schritt“. Den Rechtsanspruch wolle man nun in Absprache mit den Ländern ausarbeiten.
Das Sondervermögen von insgesamt zwei Milliarden Euro deckt aus Sicht des Deutschen Städtetags allerdings nur einen kleinen Teil der notwendigen Investitionen. Der kommunale Spitzenverband verweist auf eine Schätzung des Deutschen Jugendinstituts (DJI). Das hat den Investitionsbedarf bis zum Jahr 2025 auf insgesamt 7,5 Milliarden Euro beziffert. Hinzu kämen Betriebskosten von 4,4 Milliarden Euro jährlich.
Für Betreuung sind mehr Räume nötig
Rund eine Million zusätzliche Betreuungsplätze müssen nach der DJI-Schätzung errichtet werden, um den Rechtsanspruch auf eine Ganztagsschulbetreuung umzusetzen. Wie der Städtetag betont, müssen dafür nicht nur zusätzliche Fachkräfte eingestellt werden. „Ein Ganztagsbetrieb macht zudem an den Schulen den Bau von zusätzlichen Räumen nötig für die Mittagsverpflegung, die individuelle Förderung von Schulkindern und mehr Freizeitmöglichkeiten“, heißt es in einem Statement des Verbands.
Grundsätzlich befürwortet der Städtetag die Pläne, die Ganztagsbetreuung auszubauen. Der Rechtsanspruch solle jedoch nicht – wie derzeit geplant – im Jugendhilferecht und damit bei den Kommunen angesiedelt werden. Es gebe schließlich bereits sehr unterschiedliche Betreuungsangebote und Rechtsansprüche für Schulkinder in den Bundesländern. Auf diese müsse aufgebaut werden. „Die Ganztagsbetreuung im System Schule zu sichern, ist der deutlich bessere Weg“, meinen die Städte.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.