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Bundesverband Mobile Beratung: „Haltung zeigen gegen rechts“

2. Dezember 2025 16:39:26

Die demokratische Zivilgesellschaft stand 2025 vor großen Herausforderungen. Die extreme Rechte habe sich im Alltag verfestigt, warnt der Bundesverband Mobile Beratung in seinem Jahresbericht. Für das kommende Jahr sei die Finanzierung der Beratungsstelle mit rund 50 Teams noch unsicher.

Vorstellung des Jahresberichts in der Bundespressekonferenz

Sie stellten den Jahresbericht vor: Romy Arnold, Projektleiterin der Mobilen Beratung in Thüringen und Teil des Bundesverbands Mobile Beratung, Theresa Donner, Buchhändlerin und Mitinitiatorin des Wir-Festivals in Halle Saale und Matthias Quent, Rechtsextremismus-Forscher an der Hochschule Magdeburg-Stendal.

Im Rückblick auf das Jahr 2025 offenbart sich eine ernste Lage: „Unsere Beobachtungen bundesweit zeigen, dass sich die extreme Rechte 2025 im Alltag verfestigt, sie strebt nach Macht und hat unter Jugendlichen Hochkonjunktur“, warnt der Bundesverband Mobile Beratung in einem Jahresrückblick. Der Bericht basiert auf den Erfahrungen der rund 50 Teams, die bundesweit unterwegs sind und Menschen beraten, die sich für Demokratie engagieren. Die Anfragen seien auf einem Rekordhoch, hieß es. Sie seien in mehreren Bundesländern gegenüber 2024 um etwa 20 Prozent gestiegen.

„Aufklärung, Vernetzung, Austausch“

„2025 war ein Jahr mit vielen Rückschlägen. Die Normalisierung des Rechtsextremismus hat ein neues Ausmaß erreicht“, sagte Romy Arnold vom Bundesverband Mobile Beratung. Aber – und das sei die gute Nachricht – Engagierte hätten weitergemacht. Gegen Diffamierung, Druck und Verunsicherung helfe Aufklärung, Vernetzung und Austausch – dazu habe die Mobile Beratung beigetragen. 

Nach Meinung von Matthias Quent, Soziologe und Leiter des „Instituts für demokratische Kultur“ an der Hochschule Magdeburg-Stendal, sind „die vielen Krisen und Verunsicherungen Rückenwind für den erstarkenden Rechtsextremismus“. Viele Menschen seien enttäuscht und verlören das Vertrauen in demokratische Politik. An diesem Punkt verweist er auf die Bedeutung der demokratischen Zivilgesellschaft:  Nichtregierungsorganisationen seien als Plattform für die Aushandlung politischer Konflikte gerade in Krisen wichtig und müssten in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden, plädierte der Wissenschaftler. 

Kritik: „Künftige Finanzierung nicht abgesichert“

An die Bundesregierung appellierte der Verband, diese müsse „endlich eine verlässliche Grundlage für die Förderung der Opfer-, Ausstiegs- und Mobilen Beratung schaffen.“ Vier Wochen vor Jahresende sei die Arbeit der rund 200 mobilen Berater*innen für 2026 noch nicht abgesichert. Förderbescheide gebe es noch nicht. Das Bundesbildungsministerium hat eine Überprüfung von „Demokratie leben!“ angekündigt und arbeitet für 2027 an einer neuen Förderrichtlinie. 

Die extrem rechte AfD wurde bei der Bundestagswahl zweitstärkste Kraft mit 20,8 Prozent. Auch auf kommunaler Ebene hat sie nach Beobachtung der Mobilen Berater*innen mehr Einfluss gewonnen. Laut dem Bericht ist sie in etwa der Hälfte aller ostdeutschen Kreistage und kreisfreien Städte die größte Fraktion oder gleichauf mit anderen. Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) hat sie ihr Ergebnis auf 14,5 Prozent fast verdreifacht. Bei den Stichwahlen zu Bürgermeister*innen- und Landratsposten sei sie allerdings in NRW als auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern leer ausgegangen, wird im Bericht angemerkt. 

Viele Anfragen aus dem Schulbereich

Die meisten Beratungsanfragen kamen aus dem Bereich Schule – also von Lehrkräften, Schulleitungen, Eltern und Schulsozialarbeiter*innen. Wie der Verband informierte, halfen sie zum Beispiel Lehrkräften dabei, rechtsextreme Vorfälle aufzuarbeiten und klärten über das Neutralitätsgebot auf. Lehrer*innen drohten immer häufiger Klagen von extrem Rechten wegen angeblichen Verstößen. Viele seien dadurch verunsichert und „scheuten sich vor einem vor einem klaren Bekenntnis zu demokratischen Grundwerten“, hieß es.

Landesministerien und Kommunalverwaltungen müssten niedrigschwellige Informationen zum Umgang mit dem Neutralitätsgebot bereitstellen, um Verantwortlichen in Schulen, Behörden und anderen Institutionen Rechtssicherheit zu geben, forderte der Bundesverband. Ein gutes Beispiel sei die Interpretationshilfe des Familienministeriums in Rheinland-Pfalz.

Als ein bewährtes Mittel, Rechtsextremen zu widersprechen, bezeichnete der Verband den Protest. Als Beispiel wurde Darmstadt erwähnt, wo Rechtsextreme einen Fackelmarsch geplant hatten, dem sich rund 800 Demokrat*innen entgegen stellten. Im rheinland-pfälzischen Nierstein protestierten die Bürger*innen gegen ein „Bürgerbüro“ eines AfD-Politikers. Auch auf Festivals und Kulturevents seien Zeichen gegen rechts gesetzt worden. „Ob Bündnisse, Betriebe, Schulen oder Einzelpersonen: Sie alle haben Maßnahmen ergriffen, um Rechtsextremismus die Stirn zu bieten und das Zusammenleben vor Ort zu stärken. Sie alle sind das Rückgrat unserer Demokratie“, so der Bericht. 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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