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Bundesverwaltungsgericht: Warum die Freiburger Parkgebühren-Satzung unwirksam ist

Bis zu 480 Euro im Jahr müssen Menschen in Freiburg für einen Parkausweis bezahlen, je nach Autogröße. Menschen mit Behinderung und Sozialleistungsbeziehende zahlen weniger. Doch dafür fehle die Rechtsgrundlage, urteilt das Bundesverwaltungsgericht.
von Carl-Friedrich Höck · 14. Juni 2023
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Die Parkgebührensatzung für Bewohner*innen der Stadt Freiburg im Breisgau ist unwirksam. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag entschieden.

Gestaffelte Gebühren

Die Freiburger Satzung war seit dem 1. April 2022 in Kraft. Bis dahin kostete der Parkausweis in Gebieten mit Parkraumbewirtschaftung für Anwohnende 30 Euro im Jahr. Mit der neuen Satzung erhöhte sich die Gebühr beträchtlich. Je nach Länge des Fahrzeugs erhebt die Stadt nun Gebühren von 240 Euro (bis 4,20 Meter), 360 Euro (4,21 bis 4,70 Meter) oder sogar 480 Euro (ab 4,71 Meter).

Menschen mit Behinderung zahlen in Freiburg, abhängig vom Grad der Behinderung, eine reduzierte Gebühr oder bekommen sie ganz erlassen. Auch wer bestimmte Sozialleistungen bezieht, muss nur eine ermäßigte Gebühr berappen.

Bund hat Spielräume erweitert

Die Stadt Freiburg stützt sich mit ihrer Parkgebührensatzung auf eine bundesrechtliche Neuregelung aus dem Jahr 2020. Mit einer Novelle des Straßenverkehrsgesetzes wurden die Länder ermächtigt, Gebührenordnungen für das Ausstellen von Bewohner*innen-Parkausweisen zu erlassen. Die Länder dürfen die Ermächtigung durch eine Rechtsverordnung weiter übertragen. Die baden-württembergische Landesregierung hat das Recht, Gebührenordnungen zu erlassen, auf die örtliche und unteren Straßenverkehrsbehörden übertragen. Die Gemeinden sollen diese als Satzungen ausgestalten.

Ein Bewohner eines Freiburger Bewohner*innen-Parkgebiets hat gegen die neue Satzung geklagt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat seinen Normenkontrollantrag zurückgewiesen. Der Kläger ist daraufhin in Revision gegangen und hatte nun vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg. Laut Gericht erfüllt die Freiburger Satzung nicht die bundesrechtlichen Vorgaben.

Gleichheitssatz wird verletzt

Das hat zum einen formale Gründe. So dürfen die Länder bzw. Gemeinden laut Straßenverkehrsgesetz (§ 6a Abs. 5a StVG) ausschließlich Rechtsverordnungen erlassen und keine Satzungen.

Darüber hinaus verstoße der Freiburger Stufentarif gegen Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Das Gericht störte sich an unterschiedlichen Gebühren, die je nach Fahrzeuglänge fällig werden. Die Gebührensprünge seien so stark, dass sie den unterschiedlichen Vorteil nicht mehr angemessen abbilden. Vereinfacht gesagt: Ein SUV nimmt im öffentlichen Straßenland zwar mehr Platz ein als ein Kleinwagen, was unterschiedliche Gebühren rechtfertigen kann. Doch in Freiburg kann ein Längenunterschied von 50 Zentimetern im Extremfall zu einer Verdoppelung der Gebühr führen.

Sozialtarife sind nicht erlaubt

Auch dafür, dass die Stadt Gebühren aus sozialen Gründen ermäßigt oder erlässt, fehlt laut Bundesverwaltungsgericht eine Rechtsgrundlage. Denn nach dem Straßenverkehrsgesetz „dürfen bei der Gebührenbemessung nur die Gebührenzwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs berücksichtigt werden“, teilt das Gericht mit. Eine Bemessung der Gebühren nach sozialen Zwecken habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Keine Einwände hatte das Bundesverwaltungsgericht gegen die Höhe der „Regelgebühr“, die in Freiburg 360 Euro pro Jahr beträgt. Ein wohnungsnaher Parkplatz habe einen erheblichen Wert. Parkgebühren sollen dafür einen Ausgleich darstellen und zudem die Kosten decken, die mit der Ausweisausstellung verbunden sind.

Städtetag fordert Rechtssicherheit

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy bedauert die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Für die Städte sei das Urteil unterm Strich trotzdem eine gute Nachricht. Denn die Höhe der Gebühr habe das Gericht ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen. Letztlich sei die Satzung nur aufgehoben worden, „weil Bund und Länder es sich bei der Änderung des Straßengesetzes und dem Erlass der Verordnung über das Bewohnerparken zu einfach gemacht haben”, teilt Dedy mit. Städte seien nicht in erster Linie Parkplätze. Wer im knappen, öffentlichen Raum parken wolle, müsse auch bereit sein, dafür zu zahlen.

Dedy weiter: „Das Urteil zeigt aber auch: Die Städte brauchen Rechtssicherheit. Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, dass das Bundesverkehrsministerium schnell einen Entwurf für eine kommunalfreundliche Reform des Straßenverkehrsgesetzes vorlegt. Und zwar eine Reform, die uns als Städten die Möglichkeit gibt, Mobilitätsfragen vor Ort selbst zu entscheiden – ob bei Parkraummanagement, Gebühren oder Geschwindigkeitsbeschränkungen.“

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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