Carsharing wächst deutlich – auch im ländlichen Raum
Der Bundesverband Carsharing e.V. (bcs) hat neue Zahlen zum Wachstum der Branche vorgelegt. Zum Stichtag 1. Januar 2023 gab es in Deutschland fast 4,5 Millionen angemeldete Fahrberechtigte. Das sind 31,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Fahrzeugflotten sind größer geworden. Knapp 34.000 Autos umfassten sie insgesamt zu Jahresbeginn – ein Plus von 12,4 Prozent innerhalb von zwölf Monaten.
Während das Carsharing in vielen größeren Städten längst zu Alltag gehört, können die Menschen zunehmend auch in kleineren Städten und Gemeinden solche Angebote nutzen. Laut bcs gibt es mittlerweile 925 Orte unter 50.000 Einwohner*innen mit einem Carsharing-Angebot. Insgesamt ist Carsharing nun in 1.082 Städten und Gemeinden verfügbar. Das sind 147 Orte mehr als im Vorjahr.
Elektromobilität wächst langsamer
Etwas überraschend ist die Quote an Elektro-Autos leicht gesunken. Im vergangenen Jahr machten sie noch 23,3 Prozent der Gesamtflotte aus, mittlerweile nur noch 20,5 Prozent. Der E-Anteil wächst also nicht im gleichen Maße mit wie die Zahl der Carsharing-Autos insgesamt. Der Geschäftsführer des bcs Gunnar Nehrke sieht den Grund in der fehlenden Ladeinfrastruktur: „Die Förderung für Ladeinfrastruktur ist einseitig auf die Nutzung privater Pkw ausgerichtet.“ Vom Bund würden Ladepunkte, die für Carsharing geeignet sind, aktuell überhaupt nicht gefördert. Außerdem laufe die Förderung für die Beschaffung von E-Fahrzeugen für Flottenbetreiber zum 1. September aus.
Betrachtet man alle in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge, liegt der E-Anteil allerdings weit geringer, nämlich bei nur etwas mehr als drei Prozent. Daher sieht sich die Carsharing-Branche immer noch als Vorreiter auf dem Gebiet der Elektromobilität.
Stationsbasiert vs. Free-floating
Eine weitere Erkenntnis der bcs-Statistik: In großen Metropolen wie Berlin, Hamburg und München dominieren wenige große Unternehmen mit Free-floating-Angeboten den Markt. Das bedeutet, dass die Autos innerhalb festgelegter Gebiete überall abgestellt werden können. Obwohl es solche Angebote nur in 34 Städten gibt, machen sie mehr als die Hälfte der Sharing-Fahrzeuge in Deutschland aus. In der Fläche viel verbreiteter sind aber stationsbasierte Sharing-Systeme.
249 Anbieter verzeichnet der Bundesverband Carsharing in Deutschland. Darunter fallen große und kleinere Unternehmen, Genossenschaften und auch Vereine, die Carsharing im ländlichen Raum ehrenamtlich organisieren.
Geschäftsführer Nehrke sieht die Anbieter als Partner der Kommunen bei der Umsetzung der Verkehrswende. Ein Sharing-Fahrzeug ersetze bis zu 20 private Pkw. Die Nutzer*innen seien oft mit Fahrrad, Bus und Bahn unterwegs. „Ein Auto nutzen sie gezielt, wenn sie es brauchen. Carsharing ist damit ein wichtiges Werkzeug, um den Flächenverbrauch und die klimaschädlichen Emissionen des Pkw-Verkehrs zu reduzieren“, meint Nehrke. Der bcs ist der Dachverband der deutschen Carsharing-Anbieter.
Mehr Informationen zur Statistik:
carsharing.de
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.