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Der Bundestag sucht nach Wegen aus der Schwimmbad-Misere

Über 5.400 Schwimmbäder gibt es in Deutschland. Viele sind sanierungsbedürftig. Im Bundestag wurde in einer Anhörung am Mittwoch deutlich, dass besonders Kommunen im ländlichen Raum auf Fördermittel des Bundes dringend angewiesen sind.
von Uwe Roth · 26. Januar 2023
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Frank Ullrich ist im Bundestag der Vorsitzende des Sportausschusses. Die Anhörung hat der vormalige Olympiasieger und Weltmeister im Biathlon unter die Überschrift „Status quo, Herausforderungen und Perspektiven“ gestellt. Eine kontroverse Diskussion erwartete der SPD-Politiker sicher nicht. Die Probleme im Badewesen sind offenkundig. In ihren zuvor eingereichten Stellungnahmen haben die geladenen Expert*innen das erneut bestätigt: Die Kommunen haben mit ihren Schwimmbädern nicht nur das Problem, dass diese oftmals mehr als 50 Jahre alt und damit in die Jahre gekommen sind.

Diese sind in vielfacher Sicht Energiefresser. Die hohen Strom- und Gaspreise verschlechtern zusätzlich die Negativbilanz. Und es fehlt von Jahr zu Jahr mehr Fachpersonal. Wenn Geld und Schwimmmeister*innen chronisch fehlen, wird in der kommunalen Not das eine oder andere Bad für immer dichtgemacht. Somit fehlen besonders in den ländlichen Räumen ausreichend Wasserflächen zum Schwimmen.

Lange Fahrten zum nächsten Schwimmbad

Eingeladen waren die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) sowie IAKS Deutschland. Das ist ein Zusammenschluss im Sportbereich von Unternehmen, Kommunen, Vereinen und Dienstleistern.

Die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und heutige DLRG-Präsidentin Ute Vogt berichtete, dass Trainer*innen in manchen Gegenden über eine Stunde Anfahrt in Kauf nehmen, um einen Schwimmkurs zu geben, weil in der Nähe dazu keine Gelegenheit besteht. Kai Morgenroth vom DSV wusste, dass Kinder zwei bis drei Jahre warten müssten, bis sie einen Platz in einem Schwimmkurs bekommen. Plätze würden bei Ebay versteigert.

Datenmaterial zur Bäderlage ist unvollständig

Konkrete Zahlen, wo Bäder fehlen und die Nachfrage am höchsten ist, konnten die Eingeladenen wegen fehlender Erhebungen nicht liefern. Ute Vogt forderte einen Runden Tisch, an dem die Fakten zusammengetragen werden. „Bestehende Lücken auf der Landkarte müssen geschlossen und das Entstehen neuer Lücken durch Investitionen in den Bestand oder Ersatzbauten vermieden werden“, so die DLRG. Wenn der Bedarf ermittelt ist, fehlt für den nächsten Schritt jedoch das Wichtigste: ausreichend Mittel zum Investieren.

Der Investitionsbedarf wird auf 4,5 Milliarden Euro geschätzt. Die kommunalen Verbände verlangen ein mehrjähriges Investitionsprogramm für die Sanierung und Modernisierung von Schwimmbädern und anderen Sportstätten. Neben den Ländern sollte der Bund „dafür mit einem eigenen Programm die entsprechenden Fördergrundlagen schaffen“, heißt es im Positionspapier. „Das Bundesprogramm sollte langfristig angelegt sein, bürokratiearm ausgestaltet werden und die flexible Verwendung der Fördermittel ermöglichen.“ Nur so könne Planungssicherheit für die Kommunen geschaffen werden. Schwerpunkt sollte die energetische Sanierung sein.

53 Bäder mit 185 Millionen Euro bezuschusst

Letztlich gehört die Schwimmbad-Förderung nicht zu den Aufgaben des Bundes. Trotzdem hat die Regierung im Koalitionsvertrag angekündigt, sich darum kümmern zu wollen. Im Dezember verkündete der Haushaltsausschuss des Bundestag, dass mit Fördermitteln aus dem Bundesprogramm Sanierung kommunaler Einrichtungen zahlreiche Bäder modernisiert werden können. Laut dem Vertreter des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sind unter den 148 geförderten Projekten 53 Bäder, an deren Träger 185 Millionen Euro vergeben wurden. Insgesamt habe die Fördersumme 476 Millionen Euro, sagte er im Ausschuss.

Die Expert*innen, aber auch einzelne Mitglieder des Ausschusses kritisierten die Förderrichtlinien. Denn einen Zuschuss gibt es nach den Statuten nur, wenn die Kommune eine Teilfinanzierung stemmen kann. Arme Kommunen stellten keine Anträge, so die Erfahrung. Das gelte vor allem für solche im ländlichen Raum, wurde festgestellt. Somit ändere sich dort, wo der Bedarf am höchsten sei, nur wenig oder überhaupt nichts.

Neue Lösungen sind gefragt

Die Teilnehmenden an der Sitzung schlugen Alternativen zum klassischen Schwimmbad vor, um Geld und Bauzeit zu sparen. Abhilfe könnten Schwimmbäder schaffen, die modulartig aufgebaut und auf das Notwendige beschränkt sind. „Ohne Schnickschnack“, so der DSV-Vertreter. Schwimmfähige Systeme könnten in Badeseen installiert werden und über die Sommermonate sichere Schwimmkurse möglich machen.

Autor*in
Uwe Roth

ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu

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