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DOSB beziffert Sportstätten-Sanierungsbedarf auf 31 Milliarden Euro

Der Sportausschuss des Bundestages hat sich am Mittwoch mit der Förderung von Sportstätten in Kommunen befasst. Diskutiert wurde, wie der milliardenschwere Sanierungsstau aufgelöst werden kann.
von Carl-Friedrich Höck · 25. März 2021
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Der Begriff „Schweinezyklus“ entstand in den 1920er Jahren. Der Agrarwissenschaftlicher Arthur Hanau beschrieb damit das Phänomen, dass viele Anbieter aufgrund hoher Schweinepreise in die Aufzucht von Tieren investieren. Bis diese ausgewachsen sind, dauert es aber eine Weile. Mit zeitlicher Verzögerung entsteht ein Überangebot, die Preise fallen, Investoren ziehen sich wieder zurück – und der Kreislauf beginnt von vorne.

Im Sportausschuss des Bundestages ging es am Mittwoch nicht um Schweine, sondern um die Förderung von Sportstätten in den Kommunen. Trotzdem warnte der Koblenzer Sozialwissenschaftler Lutz Thieme vor der Gefahr eines „Schweinzyklus“. In den 1970er bis 1990er Jahren seien mit „goldenen Plänen“ Sportstätten erbaut, in der Folge aber nicht ausreichend gepflegt worden. Wenn der Bund nicht in zyklischen Abständen große Beträge für die kommunale Sportinfrastruktur aufbringen wolle, müssten die Kommunen in die Lage versetzt werden, konstant ausreichend Geld in den Betrieb und Erhalt der Sportstätten zu investieren.

Großer Modernisierungsbedarf

Andreas Silbersack, der beim Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) als Vizepräsident für den Breitensport zuständig ist, beziffert den Sanierungs- und Modernisierungsbedarf der Sportstätten in Deutschland auf mindestens 31 Milliarden Euro. Diese Zahl nannte auch Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) in einer Stellungnahme. Das KfW-Kommunalpanel weise zwar einen Finanzbedarf von nur 10,3 Milliarden Euro aus, darin seien aber weder die Schulsportstätten noch die nicht-kommunalen Sportstätten erfasst. Ein Großteil der Sportstätten-Infrastruktur stamme aus den 1960er und 1970er Jahren. Diese müssten auch an aktuelle ökologische und energetische Standards angepasst oder barrierefrei umgebaut werden.

Laut Klaus Hebborn, Beigeordneter beim Deutschen Städtetag, tragen die Kommunen mit rund 80 Prozent den größten Anteil an den öffentlichen Gesamtausgaben für Sport. Zwei Drittel der Sportstätten befänden sich in kommunaler Trägerschaft. In einem schriftlichen Statement für den Sportausschuss merkt er an: Vor dem Hintergrund des großen Sanierungsbedarfes seien die bisherigen Förderprogramme des Bundes – das Investitionspaket Sportstätten und das Programm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ – zu begrüßen. Die bisherigen Beiträge des Bundes entsprächen jedoch bei weitem nicht den tatsächlichen Bedarfen.

„Es braucht ein auskömmliches und langfristig angelegtes Sportstätteninvestitionsprogramm des Bundes, das sowohl Sanierung als auch den Neubau ermöglicht“, fordert Hebborn. Die Fördergelder müssten möglichst unbürokratisch beantragt und von den Empfängern flexibel verwendet werden können.

„Kommunen können Angebot für Sport nicht mehr leisten”

Ganz ähnlich äußert sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Förderprogramme von Bund und Ländern seien in der Vergangenheit mit Auflagen überfrachtet worden, kritisiert Uwe Lübking. Vor allem die kleinen Gemeinden müssten administrativ entlastet werden. Zudem fordert auch Lübking mehr Geld für den Unterhalt, die Sanierung und Modernisierung von Sportstätten. „Viele Vereine und Kommunen können dieses Angebot für den Sport dauerhaft nicht mehr leisten.“

Dabei verweist Lübking auch auf die Schwimmbäder. Schwimmen sei weiterhin sehr beliebt, der Sanierung der Bäder komme daher eine besondere Bedeutung zu. Die Möglichkeiten, Bäder im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit gemeinsam zu nutzen, seien insbesondere im ländlichen Raum begrenzt. Der DStGB-Beigeordnete ergänzt: „Die Betriebskosten für Schwimmbäder sind, wenn überhaupt, nur mit Hilfe des steuerlichen Querverbunds unter Beteiligung der Stadtwerke zu stemmen. Deren Einnahmen gehen zurück“.

Sport-Bedarfe der Bevölkerung wandeln sich

Nach Einschätzung der Städte und Gemeinden verändert sich auch der Bedarf an Sportstätten. Eine wachsende Sparte sei der Gesundheitssport. Dafür würden keine normierten Sportstätten benötigt, heißt es in der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes. In den Städten gehe die Entwicklung hin zu selbstorganisierten und vereinsungebundenen Sportaktivitäten, zum Beispiel Lauftreffs. Damit steige der Bedarf an Sportgelegenheiten im öffentlichen Raum und an multifunktionalen und frei zugänglichen Sport- und Bewegungsräumen, schreibt der DStGB.

In ländlichen Kommunen spielten Sportvereine weiterhin eine größere Rolle. Doch auch hier suchten Jugendliche vermehrt Räume für Trendsportarten wie Skaten, Inline oder Outdoorfitness. „Das veränderte Sportverhalten führt dazu, dass die Kommunen eine integrierte Sportentwicklungsplanung brauchen, die das Augenmerk nicht nur oder fast ausschließlich auf klassische Sportstätten legen darf“, schlussfolgert der DStGB.

 

Mehr zur Ausschusssitzung:
bundestag.de

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