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„Es ist wichtig, die Probleme der heutigen Jugend anzugehen“

Was bewegt die junge Generation der Kommunalpolitiker? In Berlin findet am 26.März 2019 ein Netzwerktreffen junger Bürgermeister aus ganz Deutschland statt, die sich über aktuelle Herausforderungen austauschen wollen. Ein Gespräch mit einem der Initiatoren des Treffens, Michael Salomo (SPD), Bürgermeister von Haßmersheim in Baden-Wüttemberg.
von Karin Billanitsch · 20. März 2019
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Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Treffen junger Bürgermeister zu initiieren?

Mit 25 Jahren bin ich zum ersten Mal als amtierender Bürgermeister vom Innovators Club des Deutschen Städte- und Gemeindebundes eingeladen worden. Damals entstand die Idee, ein U-30 Treffen zu machen. Jetzt bin ich 30 Jahre alt und jetzt klappt es mit der Zusammenkunft – allerdings als U-40-Treffen. So etwas dauert manchmal seine Zeit.

Welche Themen wollen Sie kommende Woche setzen?

Ich glaube, es ist wichtig, die Probleme, die die heutige Jugend hat, anzugehen. Die „normalen“ Themen, was Infrastruktur angeht – egal ob Stromversorgung, E-Mobilität, Wasserversorgung zum Beispiel – sind sowieso gesetzt. Junge Menschen stellen noch einmal ein anderes Anforderungsprofil an Gemeinden oder Städte.

In den ländlichen Kommunen ist es etwa problematisch, dass die Schulen zentralisiert werden, und die Kinder dadurch etwas ihren Heimatbezug verlieren. Oder der Nachwuchs geht weg, um zu studieren. Ich glaube, da ist Vereinsarbeit eine wichtige Sache, um ein Gefühl der Heimat entstehen zu lassen, damit diese Kinder später nach dem Studium wieder zurückkommen, weil wir in den ländlichen Regionen auch Fachkräfte brauchen.

Besser die Bedürfnisse von jungen Leuten in der Politik umsetzen – wie gelingt das?

Wir brauchen schnelles Internet, auch Mobilität ist ein wichtiges Thema. Ich stelle fest, dass immer mehr Jugendliche den Führerschein gar nicht mehr machen, sondern den ÖPNV oder sonstige Verkehrsmittel benutzen, um sich fortzubewegen. Wichtig ist, glaube ich – etwa mit Blick auf Fachkräftegewinnung für Behörden – eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Heute wechseln viele immer schneller ihre Stelle, wollen mehr berufliche Erfahrungen machen. Es ist gar nicht mehr so üblich, 30 Jahre in einem Betrieb zu bleiben. Darauf müssen sich auch die Behörden einstellen, um Mitarbeiter halten zu können.

Thema Ehrenamt stärken – das schwingt ja mit, wenn Sie sagen, dass Sie die Vereinsarbeit stärken wollen. Wie kann man das erreichen?

Wir haben hier in Haßmersheim einen zentralen Ansprechpartner für die Vereine in der Gemeinde installiert. Wir versuchen, die Jugendarbeit in den Vereinen gezielt monetär zu fördern. Wir haben jetzt zum ersten Mal einen Budgettopf in Höhe von 25.000 Euro aufgestellt, mit dem wir den Vereinen bis zu 5.000 Euro einmalig einen Zuschuss bewilligen können.

Nehmen Sie einmal als Beispiel, wie wichtig ein Sportverein ist: Bewegung ist gesund; die Mitgliedschaft fördert das Heimatgefühl; Kinder die ganztags woanders in die Schule gehen, treffen sich hier.

Wichtig ist das Thema Ehrenamt auch bei der Integration: Hier haben die Vereine unschätzbar viel geleistet. Hier fördert man das Lernen der deutschen Sprache, es entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl – und das alles quasi nebenher.

Kann man das Ehrenamt stärken, indem man finanzielle Rahmenbedingungen verbessert?

Aufwandsentschädigung ist ein Thema; aber ich glaube, monetäre Vergütungen verpuffen in der Regel sehr schnell. Das ist nur kurz ein Ansporn.

Jüngere nutzen Verkehrsmittel anders, Sie haben es angesprochen. Manchmal gibt es in der Praxis aber auch Probleme, neue Ideen umzusetzen. Der Fahrtenvermittler UBER etwa verstößt mit seiner ursprünglichen Idee, private Fahren zu vermitteln, in Deutschland gegen geltendes Recht. Wie groß sind die Spielräume der Kommune überhaupt?

Bei uns ist es so: Wir sind eine kleine Kommune mit 5.000 Einwohnern, zwei Ortsteile. Wir haben mit der Nachbarskommune zusammen einen Bürgerbus integriert, der ehrenamtlich von den Bürgern betrieben wird, die Fahrt kostet einen Euro. Dieser Bürgerbus endet am Hauptplatz dort, wo die S-Bahn direkt nach Heilbronn fährt.

Ich muss abwägen: Natürlich will ich keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze kaputt machen. Auf der anderen Seite die öffentliche Hand dafür sorgen, dass die Leute mobil bleiben. Das betrifft die Jugendlichen ohne Führerschein, oder die Älteren, die sich entweder aus wirtschaftlichen Gründen kein Auto leisten oder wegen Gesundheitsproblemen nicht fahren können. Der Bürgerbus wird ein Stück weit auch dafür genutzt, Vereinsamung und soziale Armut zu verhindern.

Es gibt heute immer mehr Rechte in den Parlamenten. Ist das für Sie ein Thema, über das man diskutieren sollte?

Für mich interessanter ist die Frage, was sind die Ursachen, warum sie überhaupt in die Parlamente einziehen können. Also zu fragen, was für Versäumnisse sind seitens der Politik gemacht worden, damit überhaupt ein gewisses Vakuum entstanden ist? Da kann man ja auch mit gewissen Themen gegensteuern.

Zum Beispiel haben wir in der Gemeinde wieder eine Ortspolizeibehörde eingerichtet, einen Ortspolizist auf Gemeindekosten einbestellt, um mit der der Verwaltung einfach wieder präsenter zu sein. Es ist zum Teil auch eine gefühlte Unsicherheit der Menschen.

Der öffentliche Dienst spart seit Jahrzehnten, egal ob es die Polizei, die Lehrer oder die Verwaltung sind. Jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, wo die Leute einfach merken, dass Mitarbeiter fehlen, egal ob in der Kommune, in der Bundesbehörde oder Landesbehörde. Ich glaube, es ist wichtig, hier wieder präsenter zu sein und Recht auch durchzusetzen. Damit die Bürgerschaft merkt: egal wer, alle werden gleichbehandelt, mit den gleichen Konsequenzen.

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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