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FDP blockiert die neue Wohngemeinnützigkeit

Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel auf die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit verständigt. Bauministerin Geywitz hat dafür nun drei mögliche Modelle vorgestellt. Doch Finanzminister Lindner bremst das Vorhaben aus.
von Carl-Friedrich Höck · 15. Juni 2023
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Bis 1990 gab es in Deutschland eine Wohngemeinnützigkeit, nun soll sie wieder eingeführt werden. So steht es im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. Vor allem SPD und Grüne drängen darauf, um dauerhaft günstige Wohnungen zu schaffen. Damit reagieren sie auf das Problem, dass Sozialwohnungen meistens nach 12 bis 20 Jahren aus der Zweckbindung fallen, also dann keine Sozialwohnungen mehr sind. Deshalb sinkt die Zahl der Sozialwohnungen Jahr für Jahr. Die sogenannte Neue Wohngemeinnützigkeit, kurz NWG, könnte Abhilfe schaffen.

Kein Geld für die Förderung

Wie sie ausgestaltet wird, wollte die Bundesregierung eigentlich an diesem Mittwoch bekanntgeben. Doch offenbar bremst Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Pläne aus. Denn Sinn ergibt die Gemeinnützigkeit nur, wenn sie für die Wohnungsunternehmen auch mit Steuervorteilen und staatlicher Förderung verbunden ist – als Gegenleistung dafür, dass sie die Wohnungen dauerhaft zu niedrigen Preisen vermieten. Eine entsprechende Finanzierungszusage des Finanzministeriums fehlt bisher.

Immerhin konnte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) dem Haushalts- und dem Bauausschuss des Bundestages am Mittwoch ein Eckpunktepapier vorlegen. Es beschreibt drei Modelle für eine NWG:

Option 1: Wohnungsunternehmen werden als Ganzes in die Gemeinnützigkeit überführt oder gründen sich als gemeinnützige Unternehmen. Sie verpflichten sich, die Wohnungen dauerhaft deutlich preisgedämpft an eine bestimmte Zielgruppe zu vermieten. Dafür werden sie von der Körperschafts- und von der Gewerbesteuer befreit und müssen weniger Grundsteuer zahlen. Außerdem erhalten sie finanzielle Zulagen. Das kann zum Beispiel eine Eintrittszulage sein, wenn ein bestehendes Wohnungsunternehmen in die Gemeinnützigkeit überführt wird. Auch für den Neubau von gemeinnützigen Wohnungen würde es finanzielle Anreize geben.

Option 2: Auch bei diesem Modell wird das gesamte Unternehmen gemeinnützig. Es gibt aber keine staatlichen Zulagen, sondern nur steuerliche Privilegien. Das wären zum einen die in Option 1 genannten Steuervorteilen. Darüber hinaus könnten Zuwendungen an das Unternehmen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer ausgenommen werden. Die Zuwendung könnte auch von der Steuer abgesetzt werden. Flankiert werden könnte dieses Modell durch Investitionsförderprogramme, die auf gemeinnützige Unternehmen zugeschnitten sind.

Option 3: Die dritte Variante ist ein flexibler Ansatz. Hierbei müsste nicht das ganze Unternehmen gemeinnützig werden. Es könnte sich auch in der Satzung verpflichten, nur einen bestimmten Anteil des Wohnungsbestandes nach gemeinnützigen Kriterien zu vermieten. Auch die Steuerbegünstigungen würden dann nur diese Wohnungen betreffen. Der Vorteil dieses Ansatzes: Er könnte einen größeren Kreis von Unternehmen ansprechen, die mit einem Anteil gemeinnütziger Wohnungen ihr Image verbessern.

Bauministerin hofft auf Haushaltsverhandlung

Für ein Förderprogramm sei eine Finanzierung „derzeit weder im aktuellen Bundeshaushalt noch in der Finanzplanung vorgesehen“, heißt es im Eckpunktepapier aus dem Bauministerium. Weitere Aussagen dazu seien erst möglich, wenn der Bundestag gegen Ende des Jahres den Haushalt für 2024 beschließt.

In einer gemeinsamen Mitteilung äußern der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Deutsche Mieterbund (DMB) heftige Kritik an der FDP. „Das Bauministerium hat gute Eckpunkte vorgelegt“, meint DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Lindners Ministerium unterstütze sie aber nicht. „Die Blockade des Finanzministeriums ist ein Schlag ins Gesicht der Mieterinnen und Mieter, trifft aber auch Kitas, Pflegeinrichtungen oder Restaurants, deren Personalsuche an den hohen Wohnkosten scheitert.“

Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten drängt auf ein Machtwort: „Wir fordern Bundeskanzler Olaf Scholz auf, für die Einhaltung des Koalitionsvertrages durch seine Bundesregierung zu sorgen.“

SPD pocht auf den Koalitionsvertrag

Auf die Vereinbarung verweist auch der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Bernhard Daldrup: „Fest steht, dass sich alle Parteien im Koalitionsvertrag verpflichtet haben, die neue Wohngemeinnützigkeit auf den Weg zu bringen, und sich keine Partei und auch kein Ministerium einen schlanken Fuß machen kann.“

Der Koalitionsvertrag ist in dieser Hinsicht sehr eindeutig: „Wir werden zeitnah eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg bringen“, heißt es da.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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